System Of A Down - Köln

13.04.2005 | 06:18

09.04.2005, Live Music Hall

Der Kölner SYSTEM OF A DOWN-Fan konnte sich an diesem Samstag glücklich schätzen.
Anlässlich eines Promo-Tages der Band in der Domstadt wurde eben fix ein Konzert in der, für SOAD-Verhältnisse, kleinen Live Music Hall nachgeschoben. "Klein" deshalb, weil die Band wohl keine Probleme gehabt hätte, eine drei mal so große Halle mit Volk voll zu bekommen, und so durften sich die Fans auf ein Rendezvous in heimeliger Atmosphäre freuen.
Natürlich war die Live Music Hall an dem Abend voll ausverkauft, und man hatte vorher noch großartig bekannt gegeben dass das Konzert schon eine Stunde früher beginnen würde.

Dummerweise hatte man vergessen, das auch der Band mitzuteilen, und so stand man sich ohne Vorband-Unterhaltung bis um zwanzig vor Neun die Beine in den Bauch, während man den Roadies dabei zusehen konnte wie sie alle paar Minuten mal was an den Instrumenten machten um das Publikum ruhig zu halten. Die lange Wartezeit wurde von einigen dadurch überbrückt, den kompletten Musikgeschmack durch die Halle zu brüllen, was bei einem Spezi mit "RAAAAAAMMSTEEEEEEIN!!!!!" begann, und sonderbarerweise auch wieder mit "RAAAAAAAMMSTEEEEEEIN" aufhörte.

Um viertel vor Neun wurde es dann endlich düster, und die Band betrat recht unspektakulär hintereinander die Bühne, und zockte gleich mit dem neuen Kracher 'B.Y.O.B.' los, der erst einmal die versammelten knapp 1000 Leute dazu veranlasste, sämtliche jahrelang eingespielten Regeln in Sachen "da wird gepogt, da geguckt" in der Live Music Hall über den Haufen zu werfen, und kreuz und quer durch die Halle zu moshen.

Schon bei den ersten Tönen wurde klar, dass hier ordentlich beim Soundcheck geschlampt wurde: Darons Gitarre hört sich enorm breiig an, selbst die Soli kommen alles andere als klar durch den Äther gerauscht. Shavos Bass geht es da nicht anders, bis auf ein ungenaues Dröhnen, wenn der Rest der Band schweigt, dringt nicht aus den Boxen.
Im krassen Gegensatz dazu steht der Gesang: Serj präsentiert mir mit glasklarer Stimme den besten Gesangssound den ich jemals in der LMH zu hören bekam, fantastisch.
Leider bügelt das nicht den katastrophalen Sound der Restband aus, man kann per Rhythmus und der Tonlage des Rumgedröhnes erschließen welcher Song gerade da oben von der Band, die von den Soundproblemen nichts mitbekommt, oder mitbekommen will, gezockt wird.

Die Setlist hat es trotz enormer Soundprobleme in sich, und so gibt es keine Probleme dabei, die versammelte Gemeinde sofort in einen wilden Mob zu verwandeln, der gierig jeden Ton in sich aufsaugt.
So schlagen 'Science' und das donnernde 'Psycho' in die Bresche, die 'B.Y.O.B.' zuvor geschlagen hat und machen es der ruhigeren Fraktion unter den Konzertbesuchern immer schwieriger ein Plätzchen zum Band-Begucken zu finden.
Mit 'Kill Rock'n'Roll', oder wie immer der Song letztendlich betitelt wird, bekommt man einen Song der in sechs Monaten erst erscheinenden "Hypnotize" serviert. Der Song mutet etwas ruhiger an als das krachende 'B.Y.O.B.', welches auf der bald erscheinenden "Mezmerize" zu hören sein wird ("You guys are not supposed to hear this one yet!").
'Chop Suey!' und 'Suggestions' kühlen das schlagartig auf Volldampf gebrachte Publikum wieder ab.
Die Band gibt sich von Anfang an locker und unbekümmert, vielleicht etwas ZU unbekümmert, denn wirklich echt kommt die Show nicht rüber. Daron lässt in Eulen-Manier die Augen kreisen, und Serj kontert jedes verzogene Riff des Masterminds mit verspielten Gesangseinlagen.

Nach dem obligatorischen Brecher 'Deer Dance' wird es wieder besinnlich, mit 'Aerials' wird das Volk zur Ruhe gebracht, um mit einer ruhigen Gitarreneinlage und eindringlichen Worten auf territorialen Probleme zwischen Armenien, dem Heimatland der meisten Bandmitglieder, und der Türkei aufmerksam zu machen.
Die Ordnung des Abends scheint klar, atmosphärische Ruhe wird von Songs wie 'Spiders', 'Atwa' und 'Roulette' garantiert, in der die Band immer wieder mit Keyboard und Synthie rumexperimentiert, was nicht wenigen bei der Masse der dargebotenen Soundexperimente schnell auf die Nerven schlägt.
Futter für den immer stärker um sich greifenden Pit (dass das Volk nicht auf der Theke tanzte war dann auch alles) gab es durch 'Bounce', 'Forest', den Brecher 'Cigaro', 'Prison Song' und dem extrem verzogenen 'Sugar'.

Was schon in der Listening Session am Mittag aufgefallen war, trat während des Konzertes viel deutlicher zutage: Songwriter und Gitarrist Daron Malakian strebte immer öfter eigene Gesangsparts an, zuweilen sang er mit Druck lauter als Serj, was auf die Fans oft sehr irritierend wirkte. Nicht gerade ein Zeichen innerer Harmonie waren auch die plötzlichen Breaks, nach denen Daron zum neuen Song überging, während der Rest der Band noch im anderen Lied steckte.

Der Stimmung der Fans taten derlei Problemchen keinerlei Abbruch, die Luft kochte vom Schweiß der quer durch die Halle hetzenden Meute, und jede Ansage wurde mit begeistertem Gekreische quittiert (was auf das junge Durchschnittsalter der Konzertbesucher zurückzuführen war, bei FEAR FACTORY lag die allgemeine Stimmfrequenz meilenweit tiefer).
Ob durch die nicht gerade billigen Tickets angestachelt, oder durch die Tatsache, dass SYSTEM OF A DOWN nicht jeden Tag in so einer Mini-Halle spielen, war die Stimmung ausgelassen locker bis kritisch, der Soundprobleme wegen.

Nach anderthalb Stunden und dem letzten Ton von 'Sugar' bedankte sich die Band artig beim Publikum und verzog sich direkt hinter die Bühne, was für reichlich Missmut bei den Fans sorgte, die für 40 Euro Ticketpreis wohl etwas mehr erwartet hatten.
Nichtsdestotrotz, die meisten waren zufrieden, und vor der Halle bot sich beim Ausströmen der Masse ein unglaublicher Anblick, als die nass geschwitzten Leiber sich im Regen in sekundenschnelle in dampfende Schemen verwandelten.

Trotz der grandiosen Gesangsleistung von Serj, der nur beim heiklen Part von 'Streamline' zurücksteckte und sich nicht an die krassen Töne herantraute, und dem einwandfreien Sound seiner Gesangsanlage war das ganze nur ein mittelmäßiger Konzertabend. Geschmälert durch den dumpfen Sound von Gitarre und Bass kam die musikalische Brillanz, die SYSTEM OF A DOWN unvergleichlich gemacht hat, nicht wirklich rüber, und die Tatsache dass Daron Malakian den Sänger in punkto Sangeskraft dauernd überbieten wollte sorgte auch nicht wirklich für das richtige Bandfeeling gegenüber den Fans.
In Anbetracht der Tatsache, dass der Soundcheck vorher entweder gar nicht (wenn man nicht die Chance nutzte bei einer einzigen Band vor dem Einlass den Sound zu prüfen, was eigentlich im Rahmen des Möglichen sein sollte), oder eben nur halbherzig durchgeführt wurde, lässt sich das Konzert der Band in der Live Music Hall eher als (eine für die Fans ziemlich teure) Generalprobe für den Rest der Tour betrachten, da die Soundspielereien auch wenig professionell durchgezockt wurden, und die Band an dem Abend nicht wirklich motiviert schien. Von der Live Music Hall ist man eigentlich schlechten Sound gewohnt, aber der wird generell sehr schnell ausgebügelt, was dieses Mal nicht der Fall war. So brutzelte der Gitarrensound ständig durch die Boxen, und gab nur ein schwaches Bild davon, was diese Band musikalisch so alles drauf hat. Und für eine Band von dem Kaliber SYSTEM OF A DOWNs ist das schon ziemlich enttäuschend.

Setlist:
1 B.Y.O.B
2 Science
3 Suggestions
4 Psycho
5 Kill Rock 'n' Roll
6 Chop Suey!
7 Mr. Jack
8 Needles
9 Deer Dance
10 Aerials
11 Holy Mountain
12 Spiders
13 Streamline
14 Bounce
15 Atwa
16 Forest
17 Cigaro
18 Highway song
19 War?
20 Prison song
21 Roulette
22 Toxicity
23 Suite-Pee
24 Sugar

Redakteur:
Michael Kulueke

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