TANITH, MIDNIGHT PREY - Hamburg

01.12.2019 | 15:36

07.11.2019, Bambi Galore

MIDNIGHT PREY und TANITH an der Waterkant.

Obwohl die eröffnende Band aus Hamburg stammt, ist sie mir nur namentlich geläufig. Aber bereits beim ersten Song bin ich ziemlich von MIDNIGHT PREY angetan. Das Trio legt mit einer herrlich mitreißenden Portion Unbekümmertheit los, da wippt sogar der nordischste aller Füße unwillkürlich mit. Auf der Bühne sieht am drei Haarknäule wild herum wabern und aus den Boxen strömt wunderbar energische Musik. Wie bei einer Trio-Besetzung nicht anders zu erwarten, spielt der Bass eine angenehm prominente Rolle, was mich natürlich sehr erfreut. Daniel wummelt sich herrlich die Finger wund, aber auch sein Rhythmus-Bruder Hannes zwirbelt aus seinem kleinen Drumkit eine feiste Portion Ramtamtam. Das macht einen höllischen Spaß. Natürlich will ich hier Frontmann Winston, der für Gesang und Gitarre zuständig ist, nicht vergessen. Der gute Mann füllt die Doppelposition gekonnt aus und versteht es, das Publikum schnell auf seine Seite zu ziehen. Selbst als eine Saite reißt, kommt die Truppe nicht aus der Ruhe und überbrückt die entstehende Pause recht unfallfrei. Nun habe ich noch nichts über die musikalische Stilistik von MIDNIGHT PREY geschrieben, was ganz einfach daran liegt, dass man das nicht so einfach in eine Schublade stecken kann. Ich höre eine Mixtur aus Punk, NWoBHM, Speed und deutschem Hard Rock. Klingt krude? Ist es auch! Aber in erster Linie ist es eigenständig und mitreißend! Toller Auftritt!


Nach einer kurzen Umbaupause steht dann die Band auf der Bühne, die meinen diesjährigen Thronanwärter auf das Album des Jahres eingespielt hat: TANITH. Das Quartett um SATAN-Klampfer Russ Tippins fällt durch einen warmen Sound positiv ins Ohr. 'Cassini's Deadly Plunge' und 'Book Of Changes' erfreuen sofort das Ohr, aber auch das optische Erscheinungsbild vermag zu überzeugen. Die weißen Stiefel allein sind schon Hingucker genug!

Weiter im Takt geht es mit 'Wing Of The Owl (Galatia Pt.3)' und dem Beleg, dass eine Nummer über Käuze nicht schlecht sein kann. Das sehen die ersten sieben Reihen im Publikum ähnlich und so ist die Stimmung im Bambi Galore sehr ausgelassen. Der Single-Hit 'Eleven Years' lässt dann den Adrenalin-Spiegel noch weiter ansteigen, handelt es sich hierbei doch um einen modernen Klassiker, den man auch in mehreren Dekaden noch gern auflegen wird. Dass Mister Tippins mit seinem Gerät erstklassig umgehen kann, wissen wir spätestens, seit er mit SATAN annodazumal die "Kiss Of Death"-Single heraus gebracht hat. Mit Charles Newton hat er hier aber erneut einen formidablen Sidekick an seiner Seite, der schlafwandlerisch wunderschönste Melodien in Kombination mit rattenscharfen Riffs aufs Parkett zaubert. Wer das auf dem Album schon toll findet, wird dieses Zusammenspiel in einer Livesituation doppelt abfeiern. Ganz großes Ohrenkino! Wo ich schon beim Thema Zusammenspiel bin, muss ich die Selbstvorlage dazu nutzen, auch auf die sensationelle Stimmverteilung einzugehen. Es ist einfach wunderschön anzuhören, wie sich Russ und Bassistin Cindy Maynard die Leadvocals teilen. Das ist im hohen Maße originell, eigenständig und eingängig. Gerade im aktuellen Zeitalter der repetitiven Stromgitarren-Musik kann man solche Eigenschaften gar nicht deutlich genug hervor heben.

Weiter im Text geht es mit 'Under The Stars' und dem tollen 'Mountain'. Permanent habe ich die Faust des Hintermannes am Ohrläppchen, was mich trotz eines nichtvorhandenen Fetisches in diesem Moment nicht weiter stört. Viel zu sehr bin ich in der Musik gefangen, die mich komplett fesselt und mitreißt. Das verschachtelte Melodienwunderwerk namens 'Dionysus'  verstärkt diesen Zustand nur. Hier fällt mir besonders Drummer Keith Robinson positiv ins Ohr, der mit einer swingenden Leichtigkeit auf einem kleinen Kit für den richtigen Groove sorgt. Chapeau, my friend! Als nun mit 'Citadel' der andere Single-Song erklingt, wissen alle, dass danach nichts mehr kommen wird, denn die Band hat bisher nur dieses eine Album fertig gestellt. Also gibt man gemeinschaftlich noch einmal Vollgas. Band und Publikum verschmelzen zu einer Einheit und so fällt der Abschied nach diesem Abschlusstitel schwer. Zum Glück kehren die Vier auf die Bühne zurück und spielen als Zugabe einen Song, von dem ich dachte, ich hätte ihn mir übergehört. Heute Abend funktioniert 'Lady In Black' von URIAH HEEP aber wunderbar als finaler Begeisterungsaustausch. Alle singen die bekannten Notenfolgen mit und schlussendlich hinterlässt die Band eine sehr glückliche Menge.

Ich kann nur hoffen, dass es TANITH noch eine ganze Weile geben wird und dass es weitere Konzerterlebnisse dieser Qualität geben wird. Bitte ganz schnell wieder kommen!

Redakteur:
Holger Andrae

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