THE SISTERS OF MERCY - Dresden

24.09.2017 | 14:48

17.09.2017, Alter Schlachthof

Ist im Tempel der Liebe etwa der Nebel alle?

Und wieder ist es einmal so weit. Andrew Eldritch, "The Godfather of Gothic-Rock" (wie es Herr F. so schön formulierte), legt mit seiner Band THE SISTERS OF MERCY einen Stopp in Dresden ein. An diesem Sonntag ist der Alte Schlachthof fast ausverkauft und eine große Fanschar älteren Semesters erweist der Band die Ehre. Das ist durchaus nicht selbstverständlich. Wer von den Anwesenden erinnert sich nicht an mindestens ein total schlechtes THE SISTERS OF MERCY-Konzert? Eben, genau das ist das Phänomen! Und weiterhin die Tatsache, dass 1990 mit "Vision Thing" das letzte reguläre Album der Formation erschien. Diese Umstände würden bei anderen Bands wohl gerade mal eine Handvoll Fans zu einem Konzert anlocken. Nicht aber bei THE SISTERS OF MERCY.

Das liegt wohl zum einen an dem hohen Klassiker-Potenzial in der Song-Vita, zum anderen an der Hoffnung der Fans, dass irgendwann ja mal ein Konzert gut sein muss. Und um es vorweg zu nehmen, das Konzert in Dresden wird kein Reinfall! Im Gegenteil: Mister Eldritch gibt sich recht charmant. Vielleicht hat auch er die Zeichen der Zeit erkannt. Fotos dürfen hingegen nicht die ersten drei Titel über gemacht werden, sondern erst ab dem dritten Stück. Da es von keiner Seite dafür eine logische Erklärung gibt, nehme ich an, dass das Bandintern ausgewürfelt wurde. Aber immerhin: Heute dürfen direkt einmal Fotos ohne Knebelvertrag geschossen werden. Respekt!

Doch bevor es soweit ist, eröffnet gegen 20 Uhr die britische Band THE MEMBRANES den Abend. Allerdings ist es anfangs stockfinster auf der Bühne. Da nützt es einem auch überhaupt nichts, wenn man fotografieren darf. Die Jungs um Sänger John Robb präsentieren einen schwierigen Mix aus Punk und experimenteller Musik. Dass der Mann für seine Musik lebt, spürt man vom ersten Augenblick. Dennoch mag der Funke nicht auf die breite Menge hier in Dresden überspringen. Schade.

Viertel nach Neun geht langsam das Licht im Saal aus. Die Fans empfangen die Band mit lauten Jubelschreien und mit 'More' startet THE SISTERS OF MERCY in den Konzertabend. Düster und minimalistisch ist die Optik auf der Bühne. An der Decke hängen Spiegel, die die Stimmung noch um einiges verstärken. Am Licht wird erst einmal gespart, was aber durchaus dazu passt. Zum dritten Song 'Doctor Jeep' geht es dann fix zum Fotografieren. Andrew Eldritch, der alte Fuchs, hat das wohl alles gut geplant, denn er verweilt des Öfteren auffällig lange in einer Pose, damit er abgelichtet werden kann. Der Wahlhamburger wird doch nicht etwa auf seine alten Tage handzahm? Sympathie zeigt er auch für seinen heimischen Fußballverein, denn sein Kapuzen-Pulli trägt das Logo vom FC St. Pauli, was ab und an punktgenau beleuchtet wird. Sicherlich kein Zufall.

Generell gibt sich Mr. Eldritch heute recht nahbar, denn die bekannten, permanenten Nebelschwaden bleiben aus. Das tut der Stimmung jedoch keinen Abbruch - im Gegenteil. "Danke, dass ihr da seid!", ruft er im Laufe des Konzertes seinen Fans zu. Die sind davon begeistert und danken es mit frenetischem Beifall. Da kann man auch über den nicht ganz so tollen Sound am Anfang wohlwollend hinwegsehen. Speziell der von dem Mann hinter den zwei Mac-Books produzierte Hall verhallt geradezu im Nichts. Das wird zwar mit der Zeit besser, aber die Grundlautstärke könnte höher sein. Doch genug gemeckert und dem Meister und seinen Mannen gelauscht.

Die haben die Menge fest im Griff und jeder Song wird von den Fans regelrecht aufgesogen. Klassiker wie beispielsweise 'Marian' oder 'First And Last And Always' gehen runter wie Öl. Auch die beiden Gitarristen sind in bester Laune und posen, was das Zeug hält. Ihre Instrumente haben sie selbstredend hervorragend im Griff und zaubern damit die Anwesenden in längst vergangene Zeiten. In Erinnerungen schwelgen und dabei vergessen, wie doch die Zeit vergangen ist, das tun heute Abend eine Menge Leute. Natürlich darf auch das Tanzbein ordentlich geschwungen werden! Nach einer knappen Stunde sieht es fast so aus, als ob die Herrschaften schon das Ende einläuten wollen, doch es geht zum Glück weiter. Schließlich fehlen ja noch ein paar Gassenhauer. 'Something Fast' beendet das reguläre Set und zu tosendem Applaus verlässt die Band die Bühne und braucht erst einmal eine Weile.

Im anschließenden Zugabeteil wird nicht nur ein Hitfeuerwerk gezündet, nein, es gibt eine regelrechte Lichtshow auf der Bühne. Etwas ungewohnt für die Band, dennoch sehr schick und nicht übertrieben. Von Lisa Cuthbert erhält die Band stimmliche Unterstützung und neben dem obligatorischen 'Temple Of Love' erklingt ebenfalls 'Dominion/Mother Russia'. Den krönenden Abschluss bildet an diesem Abend 'This Corrosion'. Nun wird im Publikum ein letztes Mal fleißig mitgesungen und getanzt. So könnte es noch ewig weiter gehen! Die Band mobilisiert ebenfalls noch einmal alle Reserven und damit geht das (für mich) erste tolle THE SISTERS OF MERCY-Konzert zu Ende. Die Musiker verbeugen sich vor ihren Fans und die feiern ihre Helden. Und das zu Recht an diesem Abend!

Rundum sind überall zufriedene und begeisterte Gesichter auszumachen. Damit hatte wohl heute keiner gerechnet, wohl aber insgeheim gehofft. Aber der olle Eldritch hat es immer noch drauf und kann vor allem auch mal anders: Richtig gut sein!

Setliste: More, Ribbons, Doctor Jeep/Detonation Boulevard, Crash And Burn, Walk Away, No Time To Cry, Body And Soul, Marian, Alice, Arms, Lucretia My Reflection, Summer, First And Last And Always, Rumble, Flood II, Something Fast; Zugaben: That's When I Reach For My Revolver, Dominion/Mother Russia, Temple Of Love, This Corrosion

Die Bildergalerie findet ihr hier:

Redakteur:
Swen Reuter
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