THOMAS GODOJ - München
23.09.2015 | 20:4617.09.2015, Backstage Club
V'Stärker an!
THOMAS GODOJ war für mich eine der Überraschungen des letzten Jahres. Ich habe den Künstler ja auf diesen Seiten schon ausführlich vorgestellt (zum Interview), also kann ich mir alle Worte über seine "Superstar"-Vergangenheit sparen. Heuer gehört er zu den vielleicht besten, ehrlichsten und - Achtung Modewort-Alarm - authentischsten deutschsprachigen Rockacts, und seine Konzerte sind lauschige Familien-Treffen mit seiner treuen Anhängerschaft. Nun spielt er bei mir ums Eck im nahen Backstage Club und da gibt es nichts zu überlegen, wenn es darum geht, zwei Stunden zünftig abzurocken, ein paar Bierchen zu zischen und nette Leute zu treffen.
Zunächst erstaunt mich jedoch, dass es keine Vorbands gibt. Ich kann mich nicht erinnern, im "kleinen Backstage" schon einmal ein Headliner-only-Konzert erlebt zu haben. Und lokale Bands bringen doch auch immer ein paar neue Leute mit, über die sich Herr Godoj sicher freuen würde. Sei’s drum.
Kaum ist das erste bayrische Erfrischungsgetränk in der Hand, geht es dann auch schwupps mit 'Genau der Moment', dem Opener des aktuellen Albums "V" (zum Review), los. Der Sound muss sich wie so oft noch finden, die Ohren sich gewöhnen, doch das geht recht schnell und spätestens nach dem saucoolen Intro von 'Liebe zur Sonne' sind Publikum und Musiker im erstaunlich heissen Club eingegroovt, nach dem treibenden 'Reklamation' dann schweissgebadet. THOMAS GODOJ spielt schon seit 2008 mit seiner Band in weitestgehend konstantem Line-Up (heute gab es indes einen Frischling am Viersaiter) zusammen und das merkt man als langjähriger Konzert-Fuchs sofort. Die fünf Musiker sind perfekt aufeinander eingespielt und erzeugen gemeinsam reichlich Energie, die in Bauch und Beine geht.
In dem Moment erspähe ich das Tour-Plakat von DEAD LORD und AUDREY HORNE, gefolgt von der Enttäuschung, dass das Konzert einen Tag zuvor schon stattgefunden hat. Verpasst! Damn! Soviel zum Thema, ein Powermetal.de-Redakteur bekommt immer alles mit.
Doch spätestens nach dem Trio 'Beste Entscheidung', 'Winterkinder' und 'Niemandsland', die mich nach vorne in die ersten Reihen treiben, wird mir bewusst, dass diese Band heute ohne Weiteres mit den oben genannten heissesten Eisen der skandinavischen Rockszene mithalten kann. Tolle Songs, viel Spielwitz, feiner Sound, intelligente Texte, was will man mehr?
Natürlich ist das optische Hauptaugenmerk sehr stark auf den Maestro himself fokussiert. Und der ist mal wieder sehr mitteilsam. Alle Themen, die ihm am Herzen liegen, darunter sein Freischwimmen vom Musikbusiness, Crowdfunding, aber auch allgemeine Aspekte zur Lage der Welt werden, teilweise in längeren, von dezenter Instrumentierung begleitenden Reden angesprochen. Für meinen Geschmack übertreibt er dies ein bisschen, es entstehen zu oft Pausen, die den Fluss des Gigs unterbrechen und die 80 Prozent (oder mehr) der Besucher, die schon auf mehr als einem GODOJ-Konzert waren, kennen die Message sowieso in- und auswendig. Ein Plus gibt es aber für die Ansage an die vielen Smartphone-User, die den Gig offenbar lieber durch ihr Handy-Display verfolgen. Warum tut man sowas?
Doch zurück zur Musik. Diese gönnt dem Publikum durchaus auch mal Verschnaufpausen mit einigen seichteren Nummern. Bei 'Von allem etwas' wird kollektiv mit den Händen gewogt, auch 'Was wäre wenn' deutet an, weshalb GODOJ in der "Superstar"-Sendung so erfolgreich war. Das grösstenteils weibliche Publikum nimmt dies gerne an, ich möchte an diesem Abend stimmungsmäßig aber lieber etwas auf die Zwölf bekommen und da geht - insbesondere im Zugabenblock - nochmal einiges. Bei 'Du Rennst' gibt es sogar einige metallische Breaks und kurze Doublebass-Fills. Fast hätte ich "SLAAAAAYER" gerufen. Ja, das war schon hammergeil!
Und was ist sonst noch erwähnenswert? Vielleicht, dass Thomas Godoj die Nähe zu seinen Fans ganz besonders wichtig ist und er nach dem Konzert sofort an den Merch-Stand kommt, sich Zeit nimmt, mit jedem einzelnen Fan zu reden und nicht geht, bis der Letzte die Halle verlässt. Und dass Herr Godoj in Kürze ein Akustik-Album namens "V'Stärker Aus" auf den Markt bringt, das nach ersten Eindrücken so ganz anders klingt als "normale" Unplugged-Scheiben. Watch Out!
Setlist: Genau der Moment; Liebe zu Sonne; Reklamation; Dächer einer ganzen Stadt; Vermisst Du nicht irgendwas; Das finstere Tal; Beste Entscheidung; Winterkinder; Niemandsland; Von allem etwas; Was wäre wenn; Magnetisch; Einen Regen lang; Süchtig nach Schmerz; Ein Tag im Leben eines Anderen; Helden gesucht.
Zugabe: Autopilot; Du rennst; So gewollt.
Ein Dankeschön geht an Heike Hielscher für die Erlaubnis, ihre Fotos zu verwenden!
- Redakteur:
- Thomas Becker