THUNDER, BLIND PETITION - Wien
06.02.2018 | 15:1728.01.2018, ((szene))
Triumphale Rückkehr der Briten nach 23 Jahren!
Überraschend zahlreich erscheint das Publikum an diesem viel zu milden Jänner-Sonntagabend. Wobei die Anzahl der Zuseher wohl nicht wirklich großartig geringer gewesen wäre, wenn sich der Wettergott an die Vorgabe "Ende Jänner" gehalten hätte und Eiseskälte die österreichische Hauptstadt dominiert hätte. Mit ein Grund für den überraschenden Zuseherzustrom in die ((szene)) ist mit Sicherheit die Supportband. Schließlich steht pünktlich zum Hauptabendprogramm die österreichische Rock-Legende BLIND PETITION auf den Brettern um eines ihrer – inzwischen leider etwas rar gewordenen - Heimspiele zu zelebrieren.
Von der Menge an Gästen wohl zusätzlich motiviert gibt die Formation rund um die Gebrüder Hannes "Fusel" und Bertl Bartsch von Beginn an gehörig Gas. Einziges Manko ist, dass der Vortrag von Frontmann David Strohmeier, dessen Stimme für das dreckig-rockende Material der Band wie geschaffen ist, leider ein wenig untergeht. Dabei ist es nicht so, dass der Sound übel ausgefallen wäre, die drei Gitarren (neben den Bartsch-Brothers langt auch David mächtig in die Saiten) überdecken die Stimme jedoch immer wieder.
Der Stimmung im Saal tut das aber nicht den geringsten Abbruch, im Gegenteil, selbst die Mitsing-Spielchen, wie etwa bei 'Down To The Ground', das man dem früheren Drummer Robert Suk, der leider 2003 verstorben ist, widmet, funktionieren zu relativ früher Konzert-Stunde schon ganz ordentlich. Einen soliden Eindruck hinterlässt auch Schlagzeuger Harald Bartsch, der Sohn von Bandleader "Fusel", dem weder Nervosität noch mangelnde Routine anzumerken sind.
Im Gegenteil, der "Bua" (O-Ton Sänger David) unterfüttert die Tracks mit sattem Groove, als würde er schon seit langen Jahren hinter dem Vater und dem Onkel auf den Brettern agieren. Dort halten sich auch die beiden Background-Sängerinnen auf, denen der Spaß an der Arbeit anzumerken ist, und das nicht bloß während ihrer Einsätze. Mit dem "Oldie" 'Highway Devils' beendet BLIND PETITION einen überaus gelungenen Auftritt und gibt nach gut 45 Minuten die Bühne frei für die eigentlichen Stars des Abends.
Nach einer angenehm kurze(weilig)en Umbaupause steigt der britische Fünfer dann mit einem unterhaltsamen und relativ kurzen Intro ins Geschehen ein und eröffnet das Konzert mit 'Wonder Days', dem Titelsong ihres eigentlichen Comeback-Albums, das vor knapp mehr als zwei Jahren THUNDER wieder in die Schlagzeilen (und vermehrt in unsere Konzerthallen und Clubs) bringen konnte. Auch den fünf in Würde gealterten britischen Gentlemen ist von Beginn an eine immense Spielfreude anzumerken, allen voran dem in elegantem Schwarz den Abend lässig wie schmunzelnd moderierenden Danny Bowes.
Der Sänger erweist sich dabei nicht nur in stimmlich und körperlich guter Form, man merkt dem Herrn auch seine im Laufe der Zeit erworbenen Entertainer-Qualitäten an. Kein Wunder, dass er schon nach wenigen Tracks zum ersten Mal feststellt, dass das Auditorium besonders "noisy" ist. Da auch seine Animationsversuche – egal, ob Danny zum Mitklatschen oder zum Mitsingen auffordert – auf offene Ohre stoßen und bereitwillig ausgeführt werden, gibt er schon bald zu wissen, dass es sich für THUNDER in der Tat gelohnt hat, nach 23 (!) Jahren wieder einmal in Wien aufzutreten.
Das weiß logischerweise auch der Großteil der Anwesenden zu schätzen, wobei den Reaktionen nach zu schließen mehr als die Hälfte bereits jenem Konzert im legendären Wiener "Rockhaus" beigewohnt haben dürften, dem damals ersten Gig der Briten überhaupt in Österreich! Nicht zuletzt dadurch hat THUNDER auch leichtes Spiel mit den Anwesenden und der Auftritt selbst gedeiht zu einem wahren Triumphzug. So ist es im Endeffekt für die Stimmung ziemlich egal, ob klassisches Material wie 'Higher Ground' offeriert wird, oder man unter Beweis stellt, dass auch das aktueller Stoff wie etwa 'In Another Life' absolut von Relevanz ist.
Neben Danny ist es vor allem Gitarrist Luke Morley der die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Und das nicht nur, weil Linkshänder auf Rock-Bühnen generell eine Besonderheit darstellen, sondern weil er sich als Solist der "alten Schule" sowohl mit seiner Stratocaster als auch mit der Les Paul in Szene zu setzen vermag und zudem sowohl durch gefühlvolles wie auch kräftiges rockendes Spiel Akzente zu setzen vermag. Wenn es balladesk wird, stellt ihm ein Roadie in Windeseile eine Akustik-Gitarre auf einem Ständer bereit und es sieht wahrlich imposant aus, wenn Luke mit geschlossenen Augen zunächst diese gefühlvoll betätigt, um in weiterer Folge beherzt in die immerzu lässig über die Schulter baumelnde Strat langt.
Ebenso ein Hingucker ist auch der üblicherweise eher als Ruhepol fungierende Ben Matthews auf der linken Bühnenseite. Ben wechselt ebenso mehrfach das Arbeitsgerät und sorgt neben einem satten Rhythmus mit der Telecaster, wenn es nötig ist auch für die entsprechende Keyboard-Untermalung. Nicht zuletzt seine Mimik lässt mehrfach an Paul Raymond von UFO denken, der ja ein ähnliches Arbeitspensum auf den Brettern absolviert. An sich eher unauffällig, dafür präzise wie ein Schweizer Uhrwerk, thront im Hintergrund vor dem riesigen Bandbanner Drummer Harry James, der zusammen mit Chris Child am Bass für ein erdiges, gediegenes Fundament sorgt, das sowohl bei den hart rockenden, aber auch bei den eher sanftmütigen, bluesigen Tracks für den entsprechenden Unterbau sorgt.
Die Spielzeit von gut anderthalb Stunden vergeht wie im Flug, weshalb es das Auditorium auch gar nicht wahrhaben mag, dass sich die Band nach einer fulminanten Version von 'I Love You More Than Rock’n’Roll' höflich von den Fans verabschiedet. Frenetischer Jubel kommt ein letztes Mal auf als die Herrschaften nochmals die Bretter entern um nach einem kurzen Medley aus diversen Rock-Klassikern in eine ausgedehnte Version von 'Dirty Love' einsteigen und damit endgültig ihren Auftritt beenden.
Und wie schon einst der Kaiser hierzulande von sich zu geben pflegte, ist das Publikum unisono der Meinung: "Es war sehr schön, es hat uns sehr gefreut". Danke meine Herren für einen überaus unterhaltsamen Abend, aber bitte lasst Wien nicht wieder 23 Jahre warten...
Setliste: Wonder Days, The Enemy Inside, Serpentine, Resurrection Day, Right From The Start, Backstreet Symphony, Higher Ground, In Another Life, The Thing I Want, Don't Wait For Me, She Likes The Cocaine, Love Walked In, I Love You More Than; Dirty Love
- Redakteur:
- Walter Scheurer