TREMONTI und DRAWN BY EVIL - Köln

04.02.2025 | 13:52

01.02.2025, Kantine

Kein Schnickschnack, dafür jede Menge toller Songs und massig Energie!

Es gibt einige Musiker auf diesem Planeten, bei denen man nicht anders kann, als doch Neid zu empfinden. Mark Tremonti ist so jemand, scheint er doch mit so mannigfaltigen Talenten gesegnet zu sein, dass es fast schon nicht mehr fair ist. Nicht nur ist Mark mit Sicherheit einer der am meisten übersehenen Gitarristen, wenn es um den Thron des Riff-Maestros in der heutigen Metal- und Rockszene geht. Er ist ebenso ein gnadenlos großartiger Songwriter, der mit ALTER BRIDGE und CREED schon zahlreiche Megahits an den Mann und die Frau gebracht hat, dazu hat der Amerikaner auch noch eine herrlich herbe Rockstimme, mit der er seine selbst geschriebenen Songs bei seiner Band TREMONTI veredelt. Natürlich beruht Marks Erfolg mit drei Bands aber nicht nur auf Talent, sondern auch auf einem unerschütterlichen Arbeitsethos an allen Fronten. Auf der aktuellen Tour bewirbt TREMONTI bereits das sechste Studioalbum "The End Will Show Us How" seines einstigen Solo-Projekts, das wieder einmal nur so vor toller Songs strotzt. Dass wir uns da den Tourstop in der Kölner Kantine an diesem frostigen Februarabend nicht entgehen lassen können, versteht sich ganz von selbst.

Wobei in meinem persönlichen Fall nicht das Interesse an der Berichterstattung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht, sondern der Wunsch, den Gitarristen, Songwriter und Sänger, den ich seit Jahren bewundere, endlich einmal auf der Bühne zu erleben. Fragt mich bitte nicht, wie ich es trotz der diversen Touren von ALTER BRIDGE, CREED und TREMONTI noch nie geschafft habe, eine Konzert zu erwischen, doch es ist mir dank verschiedenster Stolpersteine des Lebens bisher nicht gelungen. Unter dieser massiven Vorfreude muss heute Abend zumindest in meinem Fall die Vorband DRAWN BY EVIL leiden, denn auch wenn die Modern-Metaller aus Saarbrücken einen mehr als ordentlichen Job  als Anheizer machen, können sie mich nicht so richtig aus der Reserve locken. Glücklicherweise sieht das die ausverkaufte Kantine, die bereits jetzt mehr als ordentlich gefüllt ist, großteils anders und es lassen sich definitiv einige Zuhörende von den krachenden und gut komponierten Nummern des Fünfers mitreißen, sodass auch bald die ersten Köpfe zustimmend im Takt mitnicken und die Jungs am Ende mit einem würdigen Schlussapplaus verabschiedet werden. Alles in allem ein kompakter und solider Aufrtitt, der auch mich dazu verleitet, DRAWN BY EVIL einmal auf meiner persönlichen Merkliste zu notieren, gerade wenn es um lokale Acts geht.

Nach kurzer Umbaupause ist dann aber endlich das lange Warten für mich persönlich vorbei, denn um kurz vor 21:00 Uhr entert TREMONTI die Bühne und legt sofort wuchtig mit dem Titeltrack des 2015er Langdrehers "Cauterize" los. Großes Brimborium in Sachen Lichtshow oder Bühnendeko wird dabei nicht aufgefahren, nicht einmal das Backdrop kann heute wahrscheinlich aufgrund der Dimension angebracht werden. Nötig hat der Vierer solche Peripherie aber auch nicht, denn die Musik spricht für sich und holt das Kölner Publikum vom Fleck weg ab. Dass es so auch nicht lange dauert, bis sich die ersten Fäuste gen Himmel recken oder begeistert im Takt mitgeklatscht wird, versteht sich da von selbst. Die Songauswahl trägt ihr Übriges zur Begeisterung bei, denn mit 'The Mother, The Earth And I' und 'Tomorrow We Will Fail' werden schnell auch zwei der stärksten Tracks des neuen Albums "The End Will Show Us How" serviert, wobei gerade das hymnische und ausladende 'The Mother, The Earth And I' live eine hervorragende Figur macht. Abgerundet wird der beeindruckende Start von 'You Waste Your Time' vom Debüt "All I Was" und dem großartigen 'If Not For You', mit dem erstmalig auch der 2021er Rundling "Marching In Time" Beachtung findet.

Nachdem ich eingangs so eine Lobeshymne auf Mark Tremonti gesungen habe, muss ich sicher nicht extra erwähnen, dass die Leistung des Frontmanns und Bandkopfs über jeden Zweifel erhaben ist. Egal, ob er dabei headbangend wuchtige Riffs wie in 'Flying Monkeys' und 'My Last Mistake' serviert, oder eher melancholische Töne in 'Dust' (ein echter Gänsehaut-Moment!) anschlägt: die Stimme sitzt und das Gitarrenspiel ist sowieso einmalig. Doch auch der Rest der Band darf nicht unerwähnt bleiben, denn Schlagzeuger Ryan Bennett und Basser Tanner Keegan legen ein unheimlich tightes rhythmisches Fundamt, auf dem sich Mark und Gitarrenkollege Eric Friedman nach Lust und Laune austoben können. Schnell wird dabei auch klar, warum Eric inzwischen der liebste Doppelpartner von Mark ist, den er ja inzwischen auch bei CREED installiert hat. Marks eher metallisch geprägtes Spiel und Erics Sound, der sich für mich eher am Blues und Alternative Rock orientiert, ergänzen sich wunderbar und sorgen für die musikalische Balance, die TREMONTI seit Jahren auszeichnet. Dass Eric obendrauf auch noch gesanglich hervorragende Harmonien serviert, ist da nur die Kirsche auf der musikalischen Torte.

Selbige präsentiert heute übrigens einen sehr stimmigen Querschnitt durch die gesamte Diskografie, bei dem jedes Album ordentlich zum Zuge kommt. Überraschend ist allerdings, dass gerade einmal drei Songs von "The End Will Show Us How" gespielt werden. Das mag aber auch der Tatsache geschuldet sein, dass Mark die Sache gerne olschoolig angeht und von einer definitierten Setlist für eine Tour nichts hält. Stattdessen wird von Abend zu Abend bunt durchgemischt, was natürlich auch für die Musiker die ganze Sache frisch hält. Mit entsprechend viel Energie und Freude ist der Vierer dann auch unterwegs, wobei auch mit Sicherheit das begeistert mitgehende Pulbikum seinen Teil zum Energiepegel in der Kantine beiträgt. In diesem Punkt sind wir in Köln ja etwas verwöhnt, denn das hiesige Publikum ist fast immer sehr engagiert, weshalb ich dann auch nicht, wie mein Kollege Mario beim früheren Tourstop in Hamburg, über ein eher zurückhaltendes Publikum klagen muss. Ähnlich wie mein Kollege vermisse aber auch ich den wahnsinnig tollen Titeltrack von "The End Will Show Us How", der nach einem kurzen Intermezzo doch wieder die Setliste für heute Abend verlassen muss. Schade, dabei ist die Nummer ein echter Kracher. Dafür werden wir hier in Köln zum Ende des Sets mit dem "Marching In Time"-Doppelpack rund um den Titeltrack und 'Let That Be Us' entschädigt. Letztgenannte Nummer ist mein persönlicher Liebling auf dem Album, weswegen der Abschluss, zumindest für mich, mehr als erfreulich ausfällt. Schluss ist damit aber noch nicht, denn natürlich müssen noch zwei Zugaben sein, für die mit 'A Dying Machine' und 'Wish You Well' nochmal alle Register gezogen werden, bevor sich der Vierer unter tosendem Applaus mit der Ankündigung verabschiedet, dass man im Sommer und Herbst noch einmal nach Europa zurückkommen werde.

Setliste TREMONTI: Cauterize; The Mother, The Earth And I; You Waste Your Time; Tomorrow We Will Fail; If Not For You; The Things I've Seen; Throw Them To The Lions; Another Heart; It's Not Over; So You're Afraid; Flying Monkeys; Dust; Catching Fire; My Last Mistake; Marching In Time; Let That Be Us; Zugaben: A Dying Machine; Wish You Well

Gute Nachrichten würde ich das nennen, denn nach diesem rundum gelungenen Konzertabend, bei dem TREMONTI auf allen Ebenen abgeliefert hat, kann ich mein nächstes Aufeinandertreffen mit Mark und einer seiner drei Bands kaum erwarten. Ein erneutes TREMONTI-Konzert würde ich dabei wohl am meisten begrüßen, denn auch wenn es etwas kontrovers klingt, bin ich der Meinung, dass Mark in diesem Bandkontext zuletzt seine stärksten Songs veröffentlicht hat. Auch generell ist meine Bewunderung für den symphatischen Amerikaner heute Abend nochmal gewachsen, denn nachdem er vor wenigen Wochen mit CREED noch gigantische Arenen in den USA gefüllt hat, muss die Reise durch kleine Clubs in Europa ein ganz schönes Kontrastprogramm sein. Dass selbiges aber nicht mit Dienst nach Vorschrift abgefrühstückt, sondern mit jeder Menge Elan agiert wird, beweist einmal mehr, dass es Mark und seinen Mitstreitern primär um die Liebe zur Musik geht. Und die hat man heute Abend in jeder Minute gespürt.

Kollege Mario hat kürzlich auch ein interessantes Interview mit Mark Tremonti geführt.

Fotocredit:
Da wir leider keinen Fotografen vor Ort hatten, haben wir für die Bebilderung des Artikels auf Fotos aus unserem Archiv zurückgegriffen, die unser Kollege Frank Hameister beim Rockavaria vor einigen Jahren von TREMONTI aufgenommen hat.

Redakteur:
Tobias Dahs

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