TROUBLE, PENTAGRAM, SYRACH - Frankfurt

17.10.2009 | 14:13

11.10.2009, Nachtleben

Eine Doom-Nacht im kleinen Nachtleben in Frankfurt, die einige Überraschungen beinhaltete.

Eine erste positive Nachricht gibt es gleich beim Betreten des Clubs: Es sind nämlich schon zu Beginn des Konzerts einige Zuschauer da. Das habe ich im Nachtleben auch schon anders erlebt, aber heute scheint es so, als ob das Päckchen aus drei Doom-Bands genau das Richtige sei, um die Metaller hinaus in die Kälte zu locken. Den Anfang machen SYRACH aus Norwegen, die um zehn vor Neun auf die kleine Bühne kommen, ohne Vorrede die Instrumente schnappen und loslegen. Nach dem die Band in unserem Juli-Soundcheck ganz ordentlich abgeschnitten hatte, freue ich mich durchaus, das skandinavische Inferno live sehen zu können. Tatsächlich ist der Sound sehr ordentlich und die Songs fräsen sich großartig in die Gehörgänge. Der Nachteil der Band liegt für mich weiterhin bei Sänger Kenneth Olsen, der leider durchgehend unverständlich growlt. Das hat mir bereits den Zugang zu "A Dark Burial" schwer gemacht, da ich eher auf den klassischen Doom mit melodischem Sänger stehe. Trotzdem ist das dreißigminütige Set sehr unterhaltsam und macht die zunehmend größer werdende Menge warm. Für mich ist der Höhepunkt der Titelsong des letzten Albums, weil er so intensiv ist. Live kommt das Stück gleich noch besser, so dass ich SYRACH einen sehr guten und unterhaltsamen Auftritt bescheinigen darf, der auch dem Publikum durchgehend Spaß gemacht zu haben scheint.

Auf dieser Tour wechseln sich die beiden Bands ab, so dass ich nicht weiß, welche Legende zuerst aufspielen wird. Als aber Gitarrist Bruce Franklin die Bühne betritt, ist alles klar: TROUBLE spielen heute als zweite Band. Schön, ich bin nämlich äußerst neugierig, wie der neue Mann am Mikro, Kory Clarke, seine Sache machen wird. Dass der erste Song 'Ride The Sky' ist, ist schon mal sehr positiv. Überhaupt geht es verhältnismäßig rockig zur Sache. Mit Meister Wagner ist wohl die psychedelische Seite ebenfalls gegangen, was der Band live gut zu Gesicht steht. Dadurch ist es sicherlich einer der direkteren und schnelleren Auftritte der Band. Der Gig selbst ist musikalisch ausgezeichnet, hat aber dennoch zwei gravierende Nachteile: Da ist zum Einen der Sound, der vor allem später im Set relativ schlecht ist und Nuancen im Brei untergehen lässt, so dass ich manche Songs erst am Refrain erkenne. Zum Anderen ist da Sänger Kory, der auch seinen Teil dazu beiträgt, dass man Lieder nicht erkennt. Die Band hat es gewagt, einen neuen Frontmann zu verpflichten, der einen starken Kontrast zu Eric Wagner setzt. Gut, das ist nicht unverständlich, denn die charakteristische Stimme lässt sich nicht einfach ersetzen. Aber das raue Organ des ex-WARRIOR SOUL-Sängers harmoniert nicht mit den Songs. Er drückt den Liedern einen neuen Stempel auf, der einem Großteil der Leute nicht zu gefallen weiß, mich eingeschlossen. Sängerwechsel sind halt doch immer ein einschneidender Schritt in einer Bandgeschichte. Dabei hat Kory keine schlechte Stimme, sie will für mich nur einfach nicht zu den mir so lieben, alten Songs passen. Noch schlimmer ist es allerdings, wenn man nicht nur zuhört, sondern auch zuschaut. Kory hampelt nämlich ziemlich über die Bühne oder, wie jemand neben mir bemerkt, "der tanzt wohl gerne." Und wie. Herr Clarke ist offensichtlich in der falschen Band gelandet. Womit mag er TROUBLE verwechselt haben? WHITE LION? RATT? Klingt doch alles irgendwie anders, kann man sich da so vertun? In jedem Fall macht er den Auftritt zu einem sehr anderen Erlebnis, als die Gigs, die ich bislang von TROUBLE gesehen habe. Leider muss ich sagen, dass ich mir Eric dann doch zurückwünschen würde. Klar, das ist natürlich auch die Enttäuschung eines alten Fans, dem man es mit einem Sängerwechsel nach mehr als einem Vierteljahrhundert gar nicht recht machen kann, aber ich stehe mit dieser Meinung nicht allein, denn zu Zugaberufen muss das Publikum erst animiert werden. Kein gutes Zeichen, wenn ihr mich fragt.

Setlist TROUBLE: Ride The Sky (Simple Mind Condition), The Sleeper (Manic Frustration), The Eye (Plastic Green Head), Assassin (First), Touch The Sky (Manic Frustration), Trouble Maker (Simple Mind Condition), The Hunter (neuer Song), Psychotic Reaction (Trouble), Wickedness Of Men (The Skull), At The End Of My Daze (Trouble), The Tempter (First), All Is Forgiven (Trouble); R.I.P (Trouble)

Als nächstes ist die Legende PENTAGRAM um Metalurgestein Bobby Liebling dran. Nach einer halben Stunde ist alles umgebaut und die Meute wartet ungeduldig auf die Amerikaner. Während des Wartens schaue ich mich um und entdecke, dass der Club tatsächlich voller ist als bei TROUBLE. Entweder wussten einige, dass PENTAGRAM erst nach TROUBLE spielen würden, oder sie haben während des vorherigen Gigs den Raum verlassen. Ich sage euch, das mit Kory ist nicht gerade eine große Erfolgsstory an diesem Abend. Mittlerweile sind 45 Minuten vergangen - wir werden unruhig. Die Musik aus der Konserve ist gut, aber wir wollen gedoomt werden. Mit einem genervten "Eine Stunde warte ich auf DEEP PURPLE, aber nicht auf PENTAGRAM" verlässt eine Fotokollegin den Ort des Geschehens. Tatsächlich, eine Stunde ist es bereits her, dass TROUBLE die Bühne verlassen haben. Wirklich sehr seltsam. Dann betritt ein Bediensteter des Veranstalters die Bühne, was schon mal kein gutes Zeichen ist. Und tatsächlich, er gibt bekannt, dass Bobby im Krankenhaus ist, da er einen "Zusammenbruch erlitten hat". Nun gibt es natürlich nicht viel, was er machen kann, aber sowohl Veranstalter als auch Band bemühen sich, das Beste daraus zu machen. So wird angekündigt, dass PENTAGRAM dennoch spielen werden, halt nur instrumental. Für wen das aber kein adäquater Ersatz ist, der könne gehen und sich oben einen Teil des Eintrittspreises auszahlen lassen. Tatsächlich machen davon Einige Gebrauch, es gibt sogar den Einen oder Anderen, der seinem Unmut lautstark Luft macht. Ich wusste gar nicht, wie viele Deppen es in diesem Club heute gibt. Es tut mir leid - einmal für die Band, die versucht, aus einer unmöglichen Situation das Beste zu machen, und für den Veranstalter, der sich nicht hinter dem nicht eigen verschuldeten Missgeschick verschanzt und so fair wie möglich ist. Tatsächlich betreten PENTAGRAM nach Mitternacht die Bühne und beginnen ihr Set mit 'Wheel Of Fortune'. Der Saal wird gefragt, ob jemand die Songs singen könnte, aber leider meldet sich niemand zu dieser einmaligen Chance. In den folgenden beiden Songs versuchen Russ Strahan ('Review Your Choices') und Mark Ammen ('Forever My Queen'), die Songs dahingehend zu retten, dass sie sich am Mikrophon abwechseln. Klar, das ist nicht Bobby, aber abgesehen davon machen sie ihre Sache ordentlich und intensiv sind die Tracks auch ohne den charakteristischen Gesang. Doch plötzlich gibt es Unruhe im hinteren Bereich des Clubs. Tatsächlich, da wird Bobby gerade durch das Publikum in den Backstagebereich gelotst, und wenige Sekunden später steht er unter tosendem Jubel auf der Bühne. Er verliert erstmal kein Wort sondern setzt sofort ein. Was folgt, ist nicht weniger als ein großartiger Auftritt der Band, deren Musiker die Tatsache, dass der Frontmann wieder da ist und ohne mit der Wimper zu zucken das Mikro wieder geschnappt hat, nur mit einem Lächeln quittieren. Ansonsten wird gerockt und gedoomt, dass es eine Freude ist. Bobby geht nochmal auf das Thema ein, als er später berichtet, dass er aus dem Hospital getürmt sei. Zugegeben, er wirkt auch ein bisschen unsicher auf den Beinen, aber da ich die Band vorher noch nie live sehen konnte, kann ich nicht sagen, ob das nicht bei dem Original Bobby Liebling immer so ist. Grimassen schneidend knödelt man sich durch die Songs, die einen Querschnitt durch die Schaffenszeit der Band bilden. Wobei einige der Lieder, die sich auf neueren Alben finden, trotzdem bereits in den Siebzigern oder zumindest vor vielen Jahren entstanden sind, aber erst später neu aufgenommen worden sind. Auf diese Weise wird es ein unterhaltsamer Abend, bei dem das Publikum PENTAGRAM und den wohl gesundheitlich auch etwas in die Jahre gekommenen Doom-Altmeister gehörig feiern. Leider ist nach knapp einer Stunde Schluss, aber um mich herum gibt es nur glückliche Gesichter, die froh sind, dass es Bobby dann doch wieder besser zu gehen scheint und sie allen Widrigkeiten zum Trotz in den Genuss eines der seltenen Auftritte dieser Urgesteine gekommen sind. Wer vorher gegangen ist, hat ganz sicher einen Fehler begangen.

Redakteur:
Frank Jaeger

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