The Gathering - Erfurt

24.03.2004 | 07:28

11.03.2004, Gewerkschaftshaus

Die Halle ist voller Stühle, jeder besetzt, die Zuschauer blicken gebannt nach vorn. Das Licht dort flimmert violett-blau-grün. Die Musiker auf der Bühne sind dagegen ganz in weiß gekleidet, nur die Sängerin kommt in rot. Es sieht ganz schön bunt aus, als FLOWING TEARS an diesem Abend auftreten. Leider ist die Musik nicht ganz so abwechslungsreich wie die Optik. Ok, der Gig ist zum größten Teil halb-akustisch, die Gitarren nicht ganz so laut. Doch im Gegensatz zu den folgenden THE GATHERING will keine rechte Stimmung aufkommen. An der Stimme von Frontfrau Helen liegt es nicht, die klingt kraftvoll und schön. Vielleicht sind aber ihre Zwischenansagen schuld. Diese wirken viel zu künstlich erregt - Schlafzimmer statt Rock-Konzert. Ein Mädchen in den hinteren Reihen lacht: "Sind wir hier bei einer Sex-Hotline?" Gleichzeitig bewegt sich auf der Bühne fast nichts. Auch Sängerin Helen sitzt die ganze Zeit auf ihrem Barhocker, das Mikro vor sich postiert. Richtig gut wird die Show von FLOWING TEARS erst am Ende. Ihr Slayer-Cover von 'Dead Skin Mask' klingt extrem anders als das Original und rockt trotzdem ungemein. Dennoch: Ein Stück mehr Live-Erfahrung täte den fließenden Tränen sicher gut. Aber was jetzt noch nicht ist, kann schließlich noch werden.

THE GATHERING wissen dagegen genau, wie ein Saal zum Hexenkessel wird. Mit einer Frontfrau wie Anneke van Giersbergen ist das auch kein wirkliches Problem; zwar ist sie heute leicht erkältet, ihrer Ausstrahlung und Stimme schadet die Krankheit jedoch nicht. Im Gegenteil: Gerade wenn sich die Sängerin nach einer grandiosen Stimmsequenz kurz verstohlen wegdreht und schnäuzt, zeugt das einmal von großer Professionalität und wirkt zudem noch menschlich. Denn bei diesem göttergleichen Organ blitzen plötzlich Gedanken an überirdische Wesen durchs Hirn - wer ganz fest die Augen zumacht, hört bei Songs wie 'Leaves'oder 'The Mirror Waters' ein Englein trällern. Lieder zum sanften Versinken haben THE GATHERING genug mitgebracht, teilweise wird Anneke nur von sanften Klavierklängen begleitet. Die Holländer spielen fast die gesamte aktuelle Scheibe "Sleepy Buildings" – was für ein Genuss. Zwischendurch gibt es eine Unterbrechung von etwa 30 Minuten – ob wegen der neuen Bassistin oder Anneke’s Krankheit geht unter, zu verträumt ist die Stimmung. Der zweite Teil der Show verläuft insgesamt krachiger als die erste Stunde, fast gleicht die Show da einem normalen THE GATHERING-Konzert und nicht einer Akustik-Tour. Besonders die lange Jam-Session kurz vor Schluss ist noisig und laut. Dabei zeigt Anneke, dass sie inzwischen auch gut Gitarre spielen kann. Zudem steht ihr der mit Silbernieten beschlagene Gitarrengurt ausgezeichnet. Klar, dass da der Jubel nicht enden will und selbst harte Metal-Heads plötzlich ihre Liebe zu poppigen Melodien entdecken. Einfach nur schön.

Redakteur:
Henri Kramer

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