Thrash Over Walsrode V - Walsrode
11.03.2023 | 08:0004.03.2023, Mittendrin
Schon zum fünften Mal gab's in Walsrode eins auf die Mütze. Dieses Mal mit GODSLAVE, DRAGONSFIRE und FINAL CRY!
Das Städtchen Walsrode im niedersächsischen Heidekreis ist vorrangig für seine Avifauna bekannt. Dass es dort auch mal ordentlich musikalisch was auf die Mütze gibt, war mir, als Nachbar, neu. Da scheine ich eine komplette Veranstaltungsreihe verpasst zu haben, eine ganze Location eigentlich, zu der ich nur einen Anfahrtsweg von zwanzig Minuten habe. Das recht modern wirkende Kulturzentrum "mittendrin" befindet sich ziemlich mittendrin in Walsrode und besticht vor allem durch sein Herzstück - eine recht hohe Halle, die Platz bietet für eine große Bühne. Der Raum fürs Publikum ist dann relativ klein, was ich als außerordentlich postiv erachte, denn zum einen wirkt der Saal vermutlich schon mit dreißig Gästen gut gefüllt, was der Konzertatmosphäre immer zuträglich ist und zum anderen ist es überall laut und die Gäste, die sich lieber unterhalten möchten als dem Metal zu frönen, werden sich ein anderes Plätzchen vor der Tür suchen müssen.
An diesem kalten Samstagabend fanden sich unseren (ich hatte noch den werten Kollegen Lindhorst mitgebracht) höchst verlässlichen Schätzungen nach etwa 100 Zuschauer zur fünften Gedrescherunde ein. Noch schnell ein Bier zu fairen Preisen in die Hand und schon startet pünktlich um 21 Uhr die erste der drei Bands des Abends. Und diese hört auf den Namen FINAL CRY, kommt aus dem Weserbergland und ist schon seit über dreißig Jahren unter diesem Namen aktiv. Und meine Herren und Damen - was für ein Auftakt in diesen Abend. Die inzwischen durch den neuen Sänger Kai Wilhelm verstärkten Veteranen legen vom ersten Ton an einen derart tighten Groove aufs Parkett, dass mir eine Gänsehaut auf dem Trommelfell wächst. Irgendwo zwischen Thrash und Melodic Death Metal angesiedelt, blasen mir die fünf Musikanten, denen der große Zuspruch heute Abend sichtbar großen Spaß bereitet, mit voller Lautstärke den Schmutz unter den Fingernägeln hervor, der sich zuvor bei der Gartenarbeit angesammelt hatte. Neben Songs vom aktuellen Werk "The Ever-Rest" gibt's auch welche der vorigen beiden Alben zu hören, einen Ausflug in die lange Historie gibt es heute nicht. Aber das macht nichts. Trotz manchem kleinen technischen Problem und dem Fehlen eines Backdrops - dieser Auftritt ist großartig und hat mir FINAL CRY mit manchem Ausrufezeichen auf den Zettel geführt.
In der kurzen Umbaupause werden nun zwei große rote Pommesgabeln auf der Bühne installiert, denn als nächstes macht sich DRAGONSFIRE aus Hessen bereit, dem bunt gemischten Publikum weiter anzuheizen. Nach kurzer Irritation - es wurde das falsche Intro abgespielt - startet der sympathische Fünfer voller Inbrunst und mit der Nebelmaschine auf Anschlag in sein Set. So richtig thrashig ist dieses eher nicht, das Motto des Abends wird hier etwas Richtung traditionellem Heavy Metal aufgeweicht, aber das macht nichts, denn gefeiert wird trotzdem. Da macht es auch keinen Unterschied, wenn der Auftritt kurz unterbrochen werden muss, um einen randalierenden Trunkenbold in seine Schranken und der Halle zu verweisen. Sänger Dennis Ohler ist heute bestens bei Stimme und auch seine Mitmusiker haben sichtlich Freude. Leider leidet der Auftritt etwas unter einem Soundproblem. Der Bass ist derart laut abgemischt, dass jeder Anschlag die anderen Saiteninstrumente völlig übertönt. Ich bin eigentlich der Letzte, der sich über einen zu lauten Bass beschweren würde, aber hier wird es auf Dauer echt anstrengend den Songs zu folgen. Zum Glück hat DRAGONSFIRE aber Stücke wie den Höhepunkt 'Cider Victims' (leider ohne Bembel heute) oder 'Speed Demon' dabei, die sehr eingängig sind und auch ohne Lead-Gitarre funktionieren. Das abschließende 'Dragonsfire Rockxxx' ist dann doch arg schunkelig, sorgt aber gleichermaßen für Stimmung.
Dann isses aber auch vorbei mit Schunkeln, denn als nächstes bauen die Mannen von GODSLAVE die Bühne um und bereiten alles für ihren Gig vor. Und die setzen das Motto des Abends gnadenlos in die Tat um. Es ist mittlerweile halb zwölf oder so, aber das scheint den Saarländern so egal zu sein, wie es auch dem Walsroder Publikum egal ist. Die ganze Halle ist heiß und hat Bock. Folglich ist das, was hier heute noch passiert, ein ziemlicher Abriss mit ganz viel positiver Aggression. Die Setliste bietet eine bunte Mischung, wobei der Fokus schon klar auf dem neuen Album liegt. Das ist bei der Qualität dieses Albums auch berechtigt und Songs wie 'From Driven', das mit einigen ernsten Worten eingeleitete 'Show Me Your Scars' oder 'Positive Aggressive' machen echt Druck und Laune. Die sehr aktive Band bietet außerdem nicht nur was für die Ohren, sondern es ist darüber hinaus auch einfach ansteckend, den gut gelaunten Männern zuzusehen. Konfettikanonen, Nebelmaschinen, eine ansprechende und sehr grüne Lichtshow - ihr bekommt einen Eindruck. Zwischendurch noch alle Mittelfinger Richtung Kreml und am Ende eine Zugabe, bei der die ganze Band (bis auf den Drummer natürlich) die Bühne verlässt und im Publikum weiterspielt, während der Slavegrunter sicher jedem Anwesenden die Hand reicht - und schon ist es 1 Uhr nachts und der fantastische und für mich persönlich sehr aufschlussreiche Abend geht zuende. Schön war's.
- Redakteur:
- Marius Luehring