Thrashfest-Tour - Oberhausen
22.12.2010 | 11:3229.11.2010, Turbinenhalle
Ein göttliches Package. Zum Niederknien!
Wenn wir einmal ehrlich sind, ist die Oberhausener Turbinenhalle, in der ich im April bereits das mehr als gelungene "Metropole Ruhr Festival" bestaunen durfte, wie gemalt für solch ein Thrash-Bündel der besonderen Art. Man durfte sich im Vorfeld zu Recht auf die einzelnen Truppen freuen.
Die Turbinenhalle ist gut gefüllt, aber Gott sei Dank nicht ausverkauft, was den Laden wohl komplett zum Platzen gebracht hätte. Man sieht, es sind beste Voraussetzungen für einen gewaltigen Abend, der sich für viele wohl wie ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk anfühlt.
Als gegen 18.00 Uhr die Pforten für die bereits halb erfrorene, hungrige Thrash-Meute geöffnet werden, bleibt definitiv noch ein bisschen Zeit für das eine oder andere Bier und einen kleinen Plausch mit Gleichgesinnten, bei dem man sich auch u. a. über den Sinn und Unsinn sogenannter "Bons", das mit Abstand unbequemste Zahlungsmittel an diesem Abend in der Turbinenhalle, unterhalten kann.
Aber kommen wir zum eigentlich Wichtigen, der Musik. Den Anfang machen pünktlich um 19.00 Uhr die spielfreudigen Griechen von SUICIDAL ANGELS, bei denen sich die Location bereits ordentlich füllt. Im Gegenzug setzen die Burschen die ersten massiven Grundpfeiler. Gleich sieben Songs ihrer aktuellen Platte "Dead Again" haben es in die Setliste geschafft.
Man erkennt beim Opener auch die erste und längst nicht letzte Wall Of Death des Abends. Krachende Riffs, zermürbende Doublebass. Wer das Debütwerk "Sanctify The Darkness" mochte, wird den neuen Silberling lieben. Insbesondere live kommen die neuen Thrasher sehr gut rüber und sorgen für einen brachialen Einstieg in dieses Thrashfest. Haben die Jungs mir bereits im Vorprogramm von OVERKILL im Frühjahr dieses Jahres gefallen, kann die Truppe um Nick Melissourgos diesen Eindruck bestätigen. Nach einer knappen Dreiviertelstunde und dem unabdingbaren Brecher 'Apokathilosis' entlassen SUICIDAL ANGELS ihre Fans ausgepowert, aber sichtlich glücklich in den weiteren schweißtreibenden Abend.
Setlist:
Intro: Damnation
Reborn In Violence
Bleeding Holocaust
Dead Again
Violent Abuse
Beggar Of Scorn
... Lies
Final Dawn
Apokathilosis
Nach einer recht kurzen Bier-, Schnitzelbrötchen- und Umbaupause entert eine der besten Livebands dieses Planeten die Bühne. Mit neuer Besetzung legen die sympathischen DEATH ANGEL gleich mit 'Evil Priest' los wie die Feuerwehr. Die Jungs sind gut aufgelegt, auch wenn die Magie, die die Band normalerweise auf der Bühne erzeugt, nicht ganz erreicht wird. Vielleicht liegt es am etwas beklemmenden Sound, der erst in der zweiten Hälfte behoben werden kann. Die Turbinenhalle kocht dennoch, was den Jungs sichtlich guttut, Sie belohnen dafür mit 'Claws In So Deep', 'River Of Rapture' und 'Truce' vom aktuellen Werk. Der eine oder andere Klassiker und mein persönliches Gänsehauthighlight 'The Ultra-Violence', welches als Intro für 'Thrown To The Wolves' herhält, sorgen für viele zufriedene Gesichter. Insbesondere letztgenannter Gassenhauer entpuppt sich als wahrer Glücksgriff. Damien Sisson am Bass und Will Carroll hinter der Schießbude machen ihre Sache zudem sehr ordentlich und reihen sich bestens in das Bandgefüge ein. Mark Osegueda brüllt sich indes einmal mehr die Seele aus dem Leib und entlässt die Meute nach einer guten Stunde Spielzeit in die wohlverdiente Pause.
Setlist:
I Chose The Sky
Evil Priest
Claws In So Deep
Seemingly Endless Time
River Of Rapture
Voracious Souls
Truce
Mistress Of Pain
The Ultra-Violence/Thrown To The Wolves
Sorgten DEATH ANGEL noch für reichlich Melodie und genügend Abwechslung, geht es mit den Amis von EXODUS um Vorzeige-Headbanger Gary Holt sofort und unbekümmert auf die Zwölf. Der Sound wirkt noch gewaltiger und lauter, und die Bay-Area-Thrasher entfachen ein Inferno, das jede EXODUS-Show, die ich bisher gesehen habe, locker in den Schatten stellt. Mit einer Setliste zum Fingerlecken, die sich als glänzender Querschnitt ihrer jahrelangen Karriere herausstellt, und einer sichtlich motivierten Band können die Jungs als heimlicher Abräumer des Abends verbucht werden.
Mit 'The Ballad Of Leonard And Charles' vom aktuellen Studioalbum "Exhibit B - The Human Condition" hätte der Einstieg nicht besser gewählt werden können; 'Beyond The Pale' thrasht alles in Grund und Boden; und Old-Schooler werden mit einer genialen Version von 'Children Of A Worthless God' verwöhnt. Der verschollene bullige Bruder Kerry Kings, Rob Dukes, brüllt die komplette Halle zusammen und lässt von der ersten bis zur letzten Sekunde die Sau raus. Er motiviert die hungrige Meute zu etlichen riesigen Moshpits und lässt keine Fragen offen.
Sicherlich müssen EXODUS wegen der etwas kurzen Spielzeit ihre Setliste um einige Dosenöffner wie z. B. 'Piranha' oder 'Exodus' streichen; dies machen sie mit einem drückenden Sound und einer glänzend aufgelegten Frontröhre wieder wett. Die Energie und Kraft, die dieser Auftritt freisetzt, ist überall in der Halle zu greifen. Eine Vollbedienung in Sachen Old School Thrash.
Setlist:
The Ballad Of Leonard And Charles
Beyond The Pale
Children Of A Worthless God
A Lesson In Violence
Blacklist
Bonded By Blood
The Toxic Waltz
Strike Of The Beast
Good Riddance
Zum Auftritt des Altenessener Headliners, der seinen fünfundzwanzisten Geburtstag feiert, wird die Bühne ein wenig um- und vor allem ausgebaut. Es dauert auch nicht lange, bis JOHNNY CASHs DEPECHE MODE-Cover 'Personal Jesus' erklingt und auf der Leinwand ein kleines Filmchen von KREATOR gezeigt wird. Standesgemäß startet daraufhin 'The Patriarch' und das "Grande Finale" kann beginnen.
Der Anfang mit den Gassenhauern 'Violent Revolution', dem Titeltrack der aktuellen Scheibe "Hordes Of Chaos" und 'Phobia' ist ideal gewählt, aber ähnlich vorhersehbar wie die Gezeiten. Dennoch legen Mille und Konsorten los wie die Feuerwehr und auch den letzten Winkel der Turbinenhalle in Schutt und Asche.
Eine kleine Verschnaufpause gibt es schließlich mit 'Voices Of The Dead', einem der, wie ich finde, besten Songs, die in den letzten Jahren im Metal-Sektor aufgenommen wurden.
Milles typische Ansagen wie z. B. "Oberhausen, zerstört, was euch zerstört!" oder das berühmt-berüchtigte "Oberhausen, habt ihr Bock zu töten!" nerven auch anno 2010 ein wenig, werden aber in Anbetracht einer druckvollen und brachialen Show der Thrash-Metal-Haudegen akzeptiert; sie gehören einfach zu einem grandiosen KREATOR-Gig.
Die Menge tobt und hat sichtlich ihren Spaß. Zwar hält sich das Ganze aufgrund des auspowernden EXODUS-Auftrittes noch ein wenig in Grenzen, was sich an der Anzahl und Größe der einzelnen Moshpits deutlich ablesen lässt. Der Stimmung und dem Gig des würdigen Headliners tut dies jedoch keinen Abbruch.
Auch Milles Mannschaft hat einen soliden Tag erwischt: Ventor trommelt wie ein junger Lombardo, Bassist Christian Giesler lässt parallel zu Mille seine Mähne kreisen, und auch der verhaltene Sami schüttelt Riffs und Soli aus dem Ärmel, als sei es das Leichteste der Welt.
Nach 'Enemy Of God' werden zu 'Endless Pain', der Mitgrölnummer 'People Of The Lie' sowie dem pfeilschnellen 'Pleasure To Kill' etliche Matten geschüttelt und auch der letzte Tropfen Schweiß von der Menge gefordert. 'Coma Of Souls' beendet schließlich den ersten Block, und die Band lässt sich zu Recht feiern. Zwar hätte man sich bei diesem Jubiläum die eine oder andere Überraschung gewünscht (beispielsweise 'Renewal' oder 'Black Sunrise'). Wenn wir ehrlich sind, kann das Fehlen aber durchaus verkraftet werden.
Ein KREATOR-Konzert ohne die bandeigenen Meilensteine 'Flag Of Hate' und 'Tormentor' gibt es auch 2010 nicht, und so lassen Mille und Konsorten bei den üblichen Zugaben noch einmal die Fetzen fliegen. Zu den Klängen von 'Black Pearl' bedankt sich Mille noch einmal bei der gut gefüllten Turbinenhalle und verlässt mit seinen Mannen unter tosendem Applaus die Bühne. Jungs, den habt ihr euch aber auch redlich verdient.
Setlist:
Intro: Personal Jesus/The Patriarch
Violent Revolution
Hordes Of Chaos
Phobia
Terrible Certainty
Betrayer
Voices Of The Dead
Enemy Of God
Destroy What Destroys You
When The Sun Burns Red
Endless Pain
People Of The Lie
Pleasure To Kill
Coma Of Souls
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Intro: Choir Of The Damned
The Pestilence
Flag of Hate
Tormentor
Outro: Black Pearl
Fazit des Abends: Sorgte die angekündigte Thrashfest-Tour im Vorfeld für viel Euphorie und Vorfreude, konnten alle vier Bands diese Erwartungen erfüllen. Sowohl SUICIDAL ANGELS als auch DEATH ANGEL und EXODUS bestätigten ihre Position auf den Metal-Treppchen dieser Welt, und KREATOR entpuppten sich als würdiger Headliner des Abends. Mit einem zufriedenen Grinsen verlässt die Thrash-verwöhnte Menge die Turbinenhalle und blickt auf einen glorreichen Abend zurück.
- Redakteur:
- Marcel Rapp