Thunder - Aschaffenburg

02.03.2009 | 12:11

28.02.2009, Colos-Saal

Ein letztes Mal gehen THUNDER auf Gastspielreise, um ihren Fans mit feinstem Hardrock den Schmalz aus den Ohren zu pusten. Gute Laune ist dabei genauso im Programm wie meterdicke Gänsehaut.

Mit dem Abschiednehmen ist es immer so eine Sache. Einige Bands verpassen den richtigen Zeitpunkt, um abzutreten, andere gehen zu früh. Zur zweiten Kategorie kann man die Briten THUNDER zählen, die im Rahmen ihrer "20 Years And Out"-Tour den Schlussstrich einer bemerkenswerten Karriere ziehen. Und nach dem heutigen Abend kann man jetzt schon ein Resümee ziehen: In der Form könnten die Jungs von mir aus noch einige Jahre die Clubs unsicher machen. Apropos: Mit "Bang" hat die Band ein neues Album am Start, aber das spielt bei den meisten Besuchern eher die zweite Geige. Der Altersdurchschnitt ist im mittleren Lebensabschnitt angesiedelt, weshalb sich Dreißig- bis Vierzigjährige in der Schlange vor dem "Colos-Saal" die Beine in den Bauch stehen.

Natürlich darf auch die Nahrungsaufnahme vor dem Konzert nicht fehlen, weshalb mein Arbeitskollege Werner und ich uns vorher einen Döner beim Türken um die Ecke reinpfeifen. Dabei muss Werner die Segel streichen, da mein Landsmann es mit uns besonders gut meint und Fleisch für zwei Döner in das Fladenbrot knallt. Gestärkt geht's danach in die Schlange zu den Altersgenossen, um sich die Tickets bzw. den Gästelistenplatz zu sichern.

Kaum angekommen erklimmen auch schon HEAVEN’S BASEMENT gegen 20.49 Uhr die Bühne. Mit ihrem choruslastigen Sleaze Rock kommt das Quintett auf Anhieb gut an. Angelehnt an klassische Achtzigerkapellen wie TESLA, XYZ, DOKKEN, aber auch AEROSMITH können die Jungs nichts falsch machen. Von der Optik her kann man glatt denken, dass die Truppe in den Achtzigern schockgefroren wurde, um sie kurz vor dem Auftritt aufzutauen. Parallelen zu aktuellen Acts wie HARDCORE SUPERSTAR sind nicht von der Hand zu weisen, aber dennoch gehen sie anders an die Songs heran. Die Show ist von der ersten Minute an intensiv und lässt diverse Herrschaften in meinem Umkreis mit dem Bein wippen. Die Jungs posen sich die Seele aus dem Leib und hinterlassen nach 35 Minuten eine gut aufgewärmte Menge.

Um Punkt 22.00 Uhr erlischt endlich das Hallenlicht, und der Hauptact des Abends erklimmt die Bühne, um gleich mit dem Titeltrack seines ersten Albums "Backstreet Symphony" loszurocken. Frontmann Danny Bowes strahlt dabei positive Energie aus und hat eine Ausstrahlung für mindestens zwei Frontleute, wohingegen Luke Morley ihm mit gefühlvollen Soli und knackigen Riffs den Rücken stärkt. Drummer Harry James ist erneut sonnenbebrillt und liefert ein solides Rhythmusfundament.

Die Truppe enttäuscht zu keiner Sekunde und macht da weiter, wo sie auf dem "Bang Your Head!!!" vor zwei Jahren aufgehört hat. Damals konnten die Briten mehrere tausend Festivalbesucher begeistern und mussten nach einer Dreiviertelstunde viel zu früh das Feld räumen. Das ist heute zum Glück anders.

Allen voran Danny treibt den Stimmungspegel konstant nach oben und hüpft wie ein Gummiball auf und ab. Seine Klatschmotivation, das Auf- und Zuklappen der freien Hand, sorgt für unfreiwillige Komik. Und wenn er noch mehr Applaus wünscht, zeigt er mit dem Zeigefinger seiner freien Hand in Richtung Hallendecke. Das Publikum geht steil mit und frisst ihm auch diesmal, wie damals auf dem BYH, aus der Hand - auch wenn das Ende von 'Low Life In High Places' vergeigt wird, was Danny dazu veranlasst, sich künstlich darüber aufzuregen, dass das Ende des Songs bislang auf der Tour immer verhunzt wurde. Lachen, Rocken und Emotionen sind hierbei ganz nah beieinander. Gänsehautmomente sind die ganze Konzertdauer garantiert. Vor allem 'Love Walked In' und das bereits angesprochene 'Low Life In High Places' haben's mir persönlich angetan.

Über die Setlist kann man streiten. Ich für meinen Teil hätte mir mehr Übersongs von "The Magnificent Seventh" gewünscht, aber auch so wird das Stimmungsbarometer konstant am oberen Limit gehalten, was bei der Dauer von 100 Minuten eine bemerkenswerte Leistung darstellt. Wenn's nach mir ginge, könnten THUNDER drei Stunden lang die Bühne blockieren. Aber so kommt zumindest keine Langweile auf.

Ob sich die Jungs nach dem Tourende langweilen werden oder sich dazu entschließen, doch weiterzumachen, steht auf einem anderen Blatt. So ist die Rockwelt um einen genialen Act ärmer. An der Fitness kann's nicht liegen, denn während des Gigs werden kaum Pausen eingelegt. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge kann man die Abschiedsvorstellung der Truppe sehen: lachend deshalb, weil der Konzertabend etwas ganz Besonderes war, und weinend, weil er zum letzten Mal stattfand.

Setlist:
Backstreet Symphony
On The Radio
Miracle Man
Low Life In High Places
The Devil Made Me Do It
Empty City
Dirty Dream
Love Walked In
Stormwater
Can’t Keep A Good Man Down
Don’t Wait For Me
I Love You More Than Rock'n'Roll
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River Of Pain
Higher Ground
Dirty Love

Redakteur:
Tolga Karabagli

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