Volbeat - Bielefeld

18.09.2007 | 23:35

15.09.2007, Falkendom

Der Falkendom in Bielefeld ist ein altes Gemeindehaus und versprüht den Charme des Vereinsheims eines beliebigen Kreisliga-Fußball-Clubs. Viel Rock 'n' Roll findet man hier nicht, Platz am heutigen Abend auch nicht. Das VOLBEAT-Konzert ist schon seit einigen Tagen ausverkauft, die Hütte somit bis unters Dach voll. Allerdings ist es ganz angenehm, die Band noch mal in einem intimen Rahmen begutachten zu können. Die Tour zur dritten Platte, deren Aufnahme Sänger Michael Poulsen später für März 2008 ankündigt, wird verdientermaßen und ganz sicher durch größere Schuppen gehen.

FLUID ENC., der lokale Support, entgehen mir leider, die Amis WAXY bekomme ich leider mit. Fünf, sechs Minuten kann man das Stoner-Gedröhn des kalifornischen Trios aushalten, danach wird der Geduldsfaden immer dünner. Wüsten-Geschreppel war schon immer vollkommen ungenießbar, wenn sich die verantwortlichen Kapellen zwischendurch in ätzenden Jams ergehen, die nicht spontan klingen, sondern uninspiriert. Das mag vielleicht schön sein und kicken, wenn man vorher drei tote Bisamratten und zwei Flokatis geraucht hat, aber da ich heute auf so was verzichtet habe, ist meine Aufnahmefähigkeit für das zusammenhanglose Zeug, das von der Bühne rumpelt, stark eingeschränkt. Zwar gibt es Truppen, die ihre Wir-dudeln-mal-fröhlich-drauflos-Neigung bedeutend exzessiver ausleben, aber das rettet trotzdem nichts, denn alles andere nervt auch. Songstrukturen sind während des Sets nicht zu erkennen, an Groove wird eisern gespart, es gibt maximal ein gutes Riff, und der stilecht mit Hippie-Stirnband aufrockende Sänger/Gitarrist Robert Owen entlockt seinem Instrument teilweise schlimme Töne und pult sich keine Gesangslinien aus den Stimmbändern, die sich irgendwie im Gedächtnis festsetzen. Der Teil des Publikums, der nicht schon frühzeitig den winzigen Saal in Richtung frische Luft verlassen hatte, ist nicht traurig, als WAXY zum Ende kommen. Dazu gehöre auch ich.

Nach dem missglückten Vorprogramm könnten VOLBEAT auch nur mit fünfzig Prozent Kraft loslegen, und die Anwesenden würden immer noch steilgehen. Auf halbe Sachen hat der Vierer allerdings keinen Bock – und das, obwohl er dieses Jahr fast ununterbrochen auf Tour war und Michael Poulsen zu allem Überfluss auch noch gegen Stimmprobleme ankämpfen muss, die er während der Show mit einem Teechen zu lösen versucht. Seine Ansage, dass man ihn gesanglich unterstützen solle, erntet genauso viel positives Feedback wie die Aussage, dass sich das Quartett letztlich dagegen entschieden habe, die Show zu canceln. Aber auch wenn man hört, dass der Elvis-Fan angeschlagen ist, singt er immer noch besser als manch anderer Frontmann, der alles abrufen kann.

Zwei Dinge werden im Verlauf des Gigs wieder mal deutlich: Die VOLBEAT-Nummern sind wie geschaffen dafür, von einer Bühne in eine abgehende Menge gepustet zu werden (oder eine lahme Menge in Schwung zu bringen), und sie sind allesamt Hits. Allesamt. Ohne Ausnahme. Von dem "Rock The Rebel/Metal The Devil"-Opener 'The Human Instrument' an, das abgebrochen und neu angesetzt werden muss, weil die erste Reihe unmittelbar vor Poulsens Gesangseinsatz erst mal gepflegt den Mikroständer ummäht, gibt's Sachen zum Mitsingen, Mitmoshen, Mitpogen. Und der ganze Falkendom ist in Bewegung. 'The Garden's Tale', 'Mr. & Mrs. Ness', 'Devil Or The Blue Cat's Song', 'Sad Man's Tongue', 'Radio Girl' oder Debüt-Kracher wie 'Caroline Leaving', 'Rebel Monster', 'Pool Of Booze, Booze, Booza', die DUSTY SPRINGFIELD-Nummer 'I Only Want To Be With You' und 'Soulweeper' – ein solches Arsenal an Klasse-Tracks können nur ganz wenige Combos nach zwei Alben vorweisen. Und da die Veranstaltung aufgrund von Poulsens angeschlagener Gesundheit kürzer ausfällt, bleiben einige Smasher außen vor.

Die Band ist sympathisch und aktiv wie gewohnt, agiert spontan (zwischendurch werden zwei halbe Songs gespielt, die einen Vorgeschmack auf den dritten Longplayer geben), und mit dem nicht mehr ganz so neuen Gitarristen Thomas Bredahl hat sie 'ne echte Rocksau in ihren Reihen. Der Typ hat den Schalk im Nacken, feuert das Publikum ununterbrochen an (was auch für Bassist Anders Kjølholm gilt) und hat lässige Sachen drauf: Die Aktion, die Gitarre mit einer Hand senkrecht hochzuhalten, um dann mit Gitarrenhals und dem freien Arm ein Kreuz zu bilden, macht was her. Trotzdem weiß er, wann Schluss ist, und das unterscheidet ihn von all den Möchtegern-Posern.

Als das Licht angeht – zu diesem Zeitpunkt wird Kollege Bredahl nach seinem Abschluss-Dive immer noch durch den übersichtlichen Raum getragen –, sieht man nur zufriedene Menschen, die gerade einen geilen Auftritt einer geilen Band erlebt haben. Vor allem aber wird man noch mal mit der Nase auf einen der Gründe gestoßen, warum das Ende der Fahnenstange für VOLBEAT noch lange nicht erreicht ist: Die Jungs ziehen ein gemischtes Publikum. Vom (Kutten-)Metaller und Rockabilly-Fan über den Punk bis hin zum Bankangestellten (vor allem einige Mädels sehen nicht so aus, als würden sie öfter auf Rock- oder Metalshows ausklinken) ist alles vertreten – ideale Voraussetzungen für kommende Taten. Und im Hinblick auf die Tour zum dritten Silberling hätte ich abschließend noch einen Vorschlag: Liebe Dänen, nehmt doch die coolen MOTORJESUS mit. Die passen sehr gut zu euch, haben auch nur nach vorne gehende Songs, und mit denen könntet ihr euch schicke Duelle liefern. Das wäre doch was.

Redakteur:
Oliver Schneider

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