Volle Kraft Voraus Festival 2018 - Neu-Ulm

17.09.2018 | 07:54

08.09.2018, Ratiopharm Arena

Stilvolle Party zum 15-jährigen Jubiläum von EISBRECHER!

Als ich gegen 13:30 Uhr an der Ratiopharm Arena eintreffe, ist im großzügig gestalteten Außenbereich schon Einiges los. Zahlreiche Essens- und Getränkestände laden ein, etwas für das leibliche Wohl zu tun. Bei herrlichstem Biergartenwetter gönne ich mir auch erst einmal ein schönes, kühles Blondes und lasse mich auf eine der zahlreichen Bierbänke nieder. Beim Blick über das Gelände fällt mir auf, dass die Farbe Schwarz heute in Sachen Kleidung Trumpf ist. Da sorgt Kollege Frank Jäger, der inzwischen auch eingetroffen ist, mit seinem roten POWERMETAL.de-Shirt für einen durchaus farblichen Kontrast. Allerdings hat dies auch den Vorteil, dass er bereits von Weitem in der Menge zu erkennen ist. Aber wir wollen uns hier nicht zu sehr über modische Aspekte auslassen, denn im Mittelpunkt steht natürlich die Livemusik von insgesamt sechs Bands, die heute auf der Bühne stehen werden.

Die ehrenvolle Aufgabe, das Festival pünktlich um 15 Uhr zu eröffnen, gebührt SCHÖNGEIST. Und trotz des herrlichen Spätsommerwetters ziehen die Münchner Dark Rocker eine beachtliche Anzahl an Festivalbesuchern in die Arena. Auch ich nehme rechtzeitig zu Showbeginn meinen Platz auf der Tribüne ein. Fast direkt hinter dem Mischpult und mittig zur Bühne habe ich von da aus einen herrlichen Blick und jederzeit einen guten und druckvollen Sound. Die Eröffnungsnummer 'Zusammen Allein' erinnert mich sehr an SISTERS OF MERCY und weiß zu gefallen. Trotz eines durchwegs gelungenen Auftritts springt allerdings der letzte Funke nicht so ganz auf das Publikum über. Ob dies jetzt an der doch noch relativ frühen Stunde liegt oder an der sehr spartanischen Lightshow, welche die Band im wahrsten Sinne des Wortes ziemlich im Dunkeln stehen lässt,  kann und möchte ich an dieser Stelle nicht beurteilen. Mir hat es aber zumindest so gut gefallen, dass ich mich in Zukunft wohl ein bisschen mehr mit dem musikalischen Schaffen von SCHÖNGEIST beschäftigen werde.

Was während des gesamten Festivals sehr angenehm ist, ist die Tatsache, dass zwischen den einzelnen Auftritten mit 30 Minuten genug Zeit ist, um sich die Beine zu vertreten, für Getränkenachschub zu sorgen, zur Kontaktpflege, zur Essensaufnahme und auch zum Shoppen an den Merchständen und auf dem EISBRECHER-Flohmarkt. Am Festival- und EISBRECHER-Merchandisestand sind die Schlangen bis zum Abend allerdings dermaßen lang, dass da wohl eine halbe Stunde nicht ausreichen würde. Und da ich ja hauptsächlich da bin, um über das Geschehen auf der Bühne zu berichten, fällt dies für mich zumindest vorerst flach.

Trotzdem verpasse ich die als nächstes auf dem Programm stehenden STAHLMANN leider komplett. Denn genau zum selben Zeitpunkt ist ein Interview mit dem Checker höchstpersönlich anberaumt, welches sich dann auch noch verzögert. Kollege Frank Jäger nutzt die Wartezeit allerdings dazu, wenigstens Bilder bei den ersten drei Songs zu machen. Von daher überlasse ich es ihm zumindest ein paar Eindrücke von der Show mitzuteilen. Frank, wie wars?

[Tommy Schmelz]

Ja, Tommy, wie es immer so ist, ist der Beginn eines Interviewtermins eher ein Zeitraum als ein Zeitpunkt. Nach der Nachricht, das es etwas später werden würde, denke ich mir, dass die Zeit sicher reichen wird, um STAHLMANN zu fotografieren, wenn wir die Göttinger schon leider verpassen werden. Gesagt, getan, pünktlich zu Beginn von 'Bastard' - ich meine, das wäre der erste Song gewesen, es war auf jeden Fall einer der ersten beiden, beim Fotografieren ist es nicht immer so einfach, auch noch genau auf die Musik zu achten - bin ich vor der Bühne und lasse mir STAHLMANNs Mischung aus hartem Deutschrock und Industrial um die Ohren hauen. Die Band ist ein langjähriger Wegbegleiter von EISBRECHER und fuhr bereits vor acht Jahren im Vorprogramm des Headliners und Ausrichters des Festivals durch die Hallen der Republik. NDH-Bands geraten immer in Gefahr, als RAMMSTEIN-Kopie abgestempelt zu werden, und auch wenn Rhythmik, Gesang und harte Riffs eine gewisse Nähe andeuten, sind es die elektronischen Elemente, die die Band absetzen. Was ich höre, klingt ziemlich überzeugend, aber nach zwei Liedern ist für mich schon Schluss, zu wenig, um mich zu begeistern, und auch nicht genug, um fundiert etwas zum Auftritt sagen zu können. Daher: Mehr beim nächsten Mal.

[Frank Jaeger]

Zu ZEROMANCER bin ich dann aber rechtzeitig wieder zur Stelle. Die Norweger sind so etwas wie der internationaler Farbtupfer im Line-Up. Es dürften nicht gerade Wenige sein, die sich auf gerade diese Band ganz besonders freuen, denn die Arena ist im Stehplatzbereich inzwischen sehr gut gefüllt. Nummern wie 'Clone Your Lover', 'Photographic und 'Doctor Online' sind nicht nur in den Clubs Tanzflächenfüller, sondern verfehlen auch live ihre Wirkung nicht und werden dementsprechend abgefeiert. Und hier lässt sich auch das erste Mal von einer Lightshow sprechen, was der Gesamtstimmung sehr zuträglich ist. Die Stunde vergeht wie im Flug und irgendwie hat man am Ende irgendwie Lust auf mehr, einfach nur stark!

Ganz besonders freue ich mich auf DIE KRUPPS. Meine letzte livehafige Begegnung mit den Industrial-Urgesteinen hatte ich Mitte der 90er Jahr in einem Club namens Arts & Craft in Neu-Ulm, vielleicht gerade mal ein paar 100 Meter entfernt von der Ratiopharm Arena. Somit erlebe ich nach mehr als 20 Jahren sozusagen fast an gleicher Stelle eine Art Deja Vu. Denn  DIE KRUPPS haben live seit damals nichts von ihrer Intensität  verloren. Präsentiert wird eine gesunde Mischung aus alten Stücken und neueren Nummern, mit denen ich zugegebenermaßen nicht ganz so ganz vertraut bin. Aber dies wird sich definitiv ändern. Denn auch das aktuelle Material kann live voll und ganz überzeugen. So zünden neue Stücke wie 'Nazis auf Speed' genauso wie die allseits bekannten Hits. Jürgen Engler stellt 'Fatherland' als persönliche Anti-Nazi-Nummer der KRUPPS vor, was für großen Jubel im Auditorium sorgt. Der Überhit 'To The Hilt' verwandelt die gesamte Arena in eine riesige Tanzfläche, was von meinem Tribünenplatz sehr beeindruckend aussieht. Kann es noch besser werden?

Ganz ehrlich habe ich zuerst leichte Bedenken, ob OOMPH! da noch einen draufsetzen kann, zu geplättet bin ich von der megageilen Show der KRUPPS. Aber schon beim ersten Ton von 'Das Weiße Licht' sind sämtliche Zweifel verflogen. Und mit 'Gott ist ein Popstar' legt man gleich mächtig nach! Dero Goi und seine Mannen zünden ein Hitfeuerwerk par excellence. Das letzte Mal, dass ich OOPM! live gesehen habe, ist zu meiner Schande auch schon ein Weilchen her. Das Konzert ist mir allerdings noch sehr gut in Erinnerung, zu dieser Zeit hatte man gerade mit 'Augen auf' den wohl größten kommerziellen Hit, der diesmal natürlich auch nicht fehlen darf. Aber es sind vor allem auch Stücke wie 'Gekreuzigt' und 'Der neue Gott', die einfach nur mitreißen. Das Hitfeuerwerk, das hier und heute abgefeuert wird, verfehlt seine Wirkung nicht. So ist es nicht verwunderlich, dass OOMPH! am Ende für eine anscheinend außerplanmäßige Zugabe auf die Bühne zurück geholt wird.

Die folgende Umbaupause nutze ich dann zum Merchshopping und zu einem Gang über den Flohmarkt. Das Festivalshirt in meiner Größe ist inzwischen ausverkauft, also gönne ich mir ein EISBRECHER-Tourshirt, einen Anhänger mit Plektrum und einen von den knuddeligen Eisbären, da konnte ich nicht widerstehen. Jetzt nur noch schnell mit Bier eindecken und schleunigst den Platz einnehmen, denn es wird Zeit für EISBRECHER.

Die Bühne ist vor dem Start der EISBRECHER Jubiläumsshow durch einen riesigen Vorhang verdeckt, was die vorhandene Spannung noch erhöht. Von einem Moderator, der niemand Geringeres als HUBERT KAH ist, werden erst einmal Luftschlangen, Kondome und veganes Gleitgel in die Menge geworfen, bevor er einen Countdown von 15 auf Null angestimmt und alle mitzählen. Zu den ersten Tönen von Sturmfahrt fällt dann auch unter lautem Jubel der Vorhang. Der Bühnenaufbau ist beeindruckend, wie auch die gesamte Lightshow, die auf jede einzelne Nummer perfekt abgestimmt ist und bei der es auch keinerlei merkbaren Wiederholungen in Sachen Lichtdesign gibt. Keine Ahnung, wie man dies noch näher beschreiben soll, denn das muss man einfach gesehen haben.

Zu 'Eiszeit' wird es winterlich auf der Bühne und man lässt es schneien. Dabei handelt es sich nicht um diesen Flockenschaum, wie man ihn vielleicht von anderen Konzerten kennt, sondern um echten Kunstschnee, sehr beeindruckend. Was Kapitän Alexx Wesselsky hier mit seiner Mannschaft auffährt und abzieht, zählt mit zum Besten, was ich die letzten Jahre gesehen habe. Selbst das Schlagzeugsolo, welches eine Kooperation von Drummer Achim Färber und Jochen "Noel Pix" Seibert an den Keyboards ist, geht durch eine perfekte Inszenierung als Höhepunkt in einer Show durch, die eben nur aus solchen besteht. 'Miststück' wird durch eine gelungen FALCO-Hommage mit 'Rock Me Amadeus' erweitert, sehr geil. Nach der letzten Zugabe 'In einem Boot' verabschiedet sich die Band unter tosendem Beifall zu den Klängen von FREDDY QUINNs 'Junge komm bald wieder'.

Somit endet die zweite Auflage des Volle Kraft Voraus-Festivals. Sowohl von der Bandauswahl, vom Ambiente und von der Organisation zählt dieses Festival zum Besten, was ich seit Ewigkeiten erlebt habe. Hier sind Menschen zusammengekommen, die einfach gemeinsam eine schöne und vor allem friedliche Zeit haben wollten und das alles bei guter Musik. Dies schreit nach einer Wiederholung, die es auch geben wird, denn der Termin für nächstes Jahr wurde schon bekannt gegeben. Und er ist auch schon dick in meinem Kalender vorgemerkt. Mein Dank geht an EISBRECHER, die so etwas Schönes wie das Volle Kraft Voraus-Festival ins Leben gerufen haben. Ich bin nächstes Jahr devinitiv wieder dabei!

[Tommy Schmelz]

Redakteur:
Tommy Schmelz

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