WARDRUNA - Berlin

09.12.2022 | 13:39

01.12.2022, Theater am Potsdamer Platz

...legt beeindruckenden Tourauftakt hin.

Die Band aus dem Norden um Multiinstrumentalist und Gründungsmitglied Einar Selvik ist auf Wintertour unterwegs. Nach zirka zweieinhalbjähriger Bühnenabstinenz, abgesehen von einem virtuellen Konzert im Frühjahr 2021, war WARDRUNA bereits im Sommer mit weiteren nordischen Acts wie zum Beispiel KALANDRA auf Nordic Night Open Air Tour durch Europa unterwegs. Unermüdlich beglücken die Musiker ihre Fans nun weiterhin mit einer Solotournee. Dieses Mal wird die norwegische Formation von keiner Vorband begleitet, so dass die Musiker mit ihrem Können volle Wirkung entfalten können - natürlich auch weil mehr Spielzeit zur Verfügung steht als bei der Sommertour. Knappe zwei Stunden qualitativ hochwertiges Programm, bei dem den einzelnen Titeln im Vergleich zum Sommer wieder mehr Raum gegeben wird.

Der Startschuss zur Wintertour, die ebenfalls durch Europa führt, fällt am 01.12.2022 in Berlin. Hierfür mache ich mich aus dem feuchten Nebel in Sachsen, dessen Anblick mich bereits in die perfekte Stimmung für den Abend versetzt, auf den knapp dreistündigen Weg in unsere Hauptstadt. Angekommen begebe ich mich nach kurzer Verschnaufpause in das fast schon überfüllte Foyer des Theaters am Potsdamer Platz, in dem freundliches, kundiges Personal angenehmerweise für eine flinke Abwicklung sorgt, so dass ich es mir schon bald in einem bequemen Sessel gemütlich machen und dem Abend mit Vorfreude entgegensehen kann.

Sobald WARDRUNA die Bühne in Besitz nimmt, spendet das Publikum, in Erwartung eines großartigen, musikalischen Erlebnisses, zur Begrüßung ausgiebigen Applaus, begleitet von Pfiffen. Raumeinehmend eröffnet die Band mit 'Kvitravn', dem Titeltrack des letzten Studioalbums, was mit frenetischem Beifall belohnt wird. Schon beim Opener und dem Nachfolger 'Skugge' fällt mir auf, dass ich sowohl Einar Selvik als auch Lindy-Fay Hella bisher selten so lebhaft gesehen habe. Der Tanz der Sängerin erscheint ausgelassener und Einars Untermalung seiner Worte mit Gestik und Mimik verstärkt, wodurch die Emotionen noch intensiver vermittelt werden. 'Solringen' und 'Bjarkan' erfreuen mein Herz.

Am Ende von 'Heimta Thurs' entlockt ein vermutlich unbeabsichtigter Grunzer des Frontmannes der Audienz einige Lacher, wodurch eine lockere Stimmung zwischen Darbietenden und Zuschauern entsteht. Das bis dato auf keinem Album vertretene 'Lyfjaberg' wird im Rahmen der Tour ebenfalls live präsentiert. Besonders ansprechend finde ich insofern, dass in der zweiten Hälfte Einar und Lindy-Fay gleichzeitig unterschiedliche Texte singen, ohne sich dabei gegenseitig zu irritieren. Im Anschluss erklingen 'Raido' und 'Tyr', wobei Letzteres, wie schon bei vorangegangenen Konzerten, mit dem Tönen seiner riesigen, gewundenen Luren erstaunt, die von Eilif Gundersen und Einar Selvik gespielt werden. 'Isa' verlockt danach zum lautlosen Mitklopfen auf den Beinen.

Des öfteren kommt es bereits mit den ersten erkennbaren Tönen oder Geräuschen zu Begeisterungsrufen der Zuhörer wie zum Beispiel bei 'UruR'. Bei dem erdigen Stück darf man wieder ausführlicher schwelgen, wohingegen bei dem zuvor erwähnten 'Tyr' im Rahmen des Konzertes leider auf den hinteren Teil verzichtet wird. Die Wolfslaute im Intro von 'Grá' lassen ein vorfreudiges Raunen durch die Menge gehen, was nicht enttäuscht wird. 'Rotlaust Tre Fell' knüpft hervorragend an, worin ich der Reaktion der Anwesenden entnehmend deren Meinung teile. Es folgen 'Fehu' und 'Odal', woraufhin den sechs Musikern auf der Bühne im Stehen ungefähr fünf Minuten Beifall geklatscht wird.

Der Applaus hätte vermutlich noch länger gedauert, wird dann jedoch von Einar Selvik unterbrochen, indem er seinen Dank für die gezeigte Liebe formuliert und darauf hinweist, dass WARDRUNA aufgrund dessen wohl sehr gern nach Berlin zurückkehren werde. Im Zusammenhang mit der sicherlich mittlerweile allseits bekannten Ansprache zu 'Helvegen', als mit gebührendem Respekt empfangenen, krönenden Schlusstrack, fügt der Multiinstrumentalist hinzu, dass Singen eine Medizin sein kann. Er empfiehlt, gemeinsam mit anderen zu singen, selbst wenn es nicht allzu gut klingt. Dazu witzelt er, dass dies wahrscheinlich nur für die Nachbarn unangenehme Nebenwirkungen haben könne, was mit Gelächter quittiert wird.

Auch der Gag, die darauf folgende Zugabe werde ein Cover von 'Smoke On The Water' sein, ruft Belustigung hervor. Der Künstler scheint von den Reaktionen und der Stimmung im Saal kurz ein wenig überwältigt, bevor er 'Voluspá' ankündigt. In dieser Vorrede nimmt er Bezug auf den Kreislauf von Geburt, Tod und Wiederkehr, welcher ein wiederholendes Muster aufweist. Dabei grenzt er den Gedanken nicht auf Personen ein, sondern weitet ihn eher auf Gesellschaften und Weiteres aus. Nach Darbietung eines Auszuges des skaldischen Stückes verabschiedet sich Einar mit den Worten: "Your reactions makes us want to come back. So - until next time!", was allerseits erfreut aufgenommen wird.

Während ich mich alsdann auf der Heimreise befinde, befällt mich unter anderem der Gedanke, dass ich für solch ein ausgezeichnetes Konzert innerhalb der Woche gerne mal auf's Abendbrot verzichte. Manchmal wird man eben auch satt, wenn man gut mit Kultur gefüttert wird. Nach diesem feinen Konzerterlebnis freue ich mich darüber hinaus bereits jetzt außerordentlich auf die nächste Nordic Night am 08.07.2023 in historischer Kulisse des schwedischen Borgholms mit der international beliebten Mari Boine im Vorprogramm sowie vorgelagerten Workshops. Dies möchte ich für Interessierte als Wink mit dem Zaunspfahl verstanden wissen, denn nicht nur für die Veranstaltung selbst, sondern auch für die Geschichte und die schöne Landschaft Ölands lohnt die Reise. Wem das dennoch zu weit entfernt ist, der- oder diejenige sei auf die Sommertour 2023 verwiesen, bei der auch drei Konzerte in Deutschland geplant sind und für die ab 09.12.2022 Tickets verfügbar sind.

Setliste: Kvitravn; Skugge; Solringen; Bjarkan; Heimta Thurs; Lyfjaberg; Tyr; Isa; UruR; Grá; Rotlaust Tre Fell; Fehu; Odal; Helvegen; Zugabe: Voluspá

Redakteur:
Susanne Schaarschmidt
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