WUCAN - Hannover

10.10.2025 | 13:31

06.10.2025, Béi Chéz Heinz

Heavy Flute Rock der Sonderklasse.

Nachdem WUCAN kürzlich mit "Axioms" einen weiteren exzellenten Langspieler unters Volk gebracht hat, war das Interesse an einem Live-Auftritt - zumal in meiner Heimatstadt - schnell geweckt. Also geht es heute mit Elan und Vorfreude ins Béi Chéz Heinz in Hannover. Das ist zudem eine gute Gelegenheit, den Club einmal gründlich in Augenschein zu nehmen. Die überaus freundliche Begrüßung an der Kasse sorgt dann auch gleich für eine positive Grundstimmung an diesem Abend.

Der einseitige, aber üppige Merch-Stand zeigt, dass WUCAN heute ohne Support aufspielen wird, was mir an einem Montagabend sehr gelegen kommt. Auch nicht verkehrt, wenn man sich mal auf eine Band konzentrieren kann.

Die niedrigen Decken des Clubs lassen bereits erahnen, dass es heute laut werden könnte. Als die Band kurz vor halb neun die Bühne betritt, ist das Béi Chéz Heinz etwa zu zwei Dritteln gefüllt. Die Besucher haben aber keinerlei Berührungsängste, und so kuschelt sich die Anhängerschaft der Dresdner Kapelle eng vor den Brettern, die die Welt bedeuten, zusammen und wartet gespannt auf die ersten Töne. 

Da "Axioms" über einen geradezu perfekten Opener verfügt, ist es nur logisch, dass der Song heute das Spektakel eröffnet. Und das Feuer der Begeisterung ist auch schnell entfacht. Diese grandiose Querflöte macht einen aber auch echt fertig! Dann hat mit 'Don't Break The Oath' das erste Lied des Zweitwerks "Heretic Tongues" seinen Auftritt. Richtig cool nimmt sich übrigens 'KTNSAX' aus, kann der Titel live doch ganz locker seine Stärken mit seinem unwiderstehlichen Groove ausspielen.

Die Melodien werden das Ohr für eine Weile okkupieren. Bei 'Axioms', das mir schon auf Platte von Anfang an gefiel, entwickelt sich in der Liveperformance eine ganz besondere Magie. Das Publikum feiert aber heute besonders 'Holz auf Holz' ab, ein Stück, das mit einer Ansage gegen rechte Umtriebe eingeleitet wird. Auch das angeschlossene Schlagzeugsolo findet seine Bewunderer. Das Publikum ist überhaupt sachkundig und verzichtet dankenswerterweise auf fachfremdes Gequassel, welches den Kunstgenuss der anwesenden Artgenossen nur stören würde.  

Natürlich ist Sängerin, Flötistin und Teilzeit-Gitarristin Francis Tobolsky Blickfang sowie Dreh- und Angelpunktder Show. Ihrer Ausstrahlung - so vermute ich - kann sich am heutigen Abend niemand entziehen. Ihre expressive Mimik zu beobachten macht großen Spaß. Und wann bekommt man mal ein Solo auf dem Theremin geboten? Da an einem Punkt des Konzerts ein Monitor für den Gesang kurz ausfällt, fragt Francis das Publikum: "Aber ihr könnt mich doch hören, oder? Ich kann auch sonst noch lauter quieken!" Ja, es ist manchmal durchaus schrill, aber nie schräg im Gesangsbereich. Weniger als 100 Prozent Einsatz würde die energiegeladene Sängerin sicher nicht durchgehen lassen. Reiner Wohlklang ist vermutlich auch nicht unbedingt intendiert - WUCAN will dich aufwühlen! Durch die intime Atmosphäre im Club gelingt das auch tadellos.

Die Band ist erwartungsgemäß perfekt eingespielt, und die teilweise ziemlich anspruchsvollen Songs klingen wie aus einem Guss. Es kann sich auch niemand beschweren, dass ein Instrument etwa schlecht zu hören wäre. Laut genug ist es jedenfalls, schräg vor der Bühne sogar extrem laut. Aber was schadet es, wenn sich ein Fiepen kurzfristig im Gehör einnistet?

Das Psychedelische in der Musik des Quartetts schält sich live besonders schön heraus. Auch und gerade live ist festzustellen, dass der oft bemühte Vergleich mit JETHRO TULL stärker hinkt als Rumpelstilzchen nach einem Tritt vors Schienbein. Tragen wir dieses unstatthafte oberflächliche Nebeneinanderstellen von nicht zusammengehörigen Dingen getrost zu Grabe.

Nach einer Stunde verlässt WUCAN erstmalig die Bühne, lässt sich aber nicht lange um Zugaben bitten und gewährt deren zwei. Gerade bei den Zugaben flammt die Spielfreude noch einmal hell auf, bis dann zunächst Francis und dann auch Gitarrist Tim bei 'Physical Boundaries' ihre Spielwiese verlassen und nur noch Schlagzeuger Philip und Bassist Alex ein wenig gemeinsam jammen. Band und Publikum sehen gleichermaßen zufrieden aus. Das darf gerne am selben Ort bald wiederholt werden!

Setliste: Intro; Spectres Of Fear; Don't Break The Oath; Irons In The Fire; KTNSAX; Far And Beyond; Axioms; Fountain Of Youth; Holz auf Holz; Wicked, Sick And Twisted; Fette Deutsche; Pipe Dreams; Zugaben: Kill The King; Physical Boundaries

Text und Photo Credit: Jens Wilkens


Redakteur:
Jens Wilkens

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