W.A.S.P. - Oberhausen

02.10.2015 | 19:44

25.09.2015, Turbinenhalle

Kurz vor der Veröffentlichung vom neuen Album "Golgotha" gehen Blackie Lawless und die aktuellste Formation von W.A.S.P. bereits auf große Europatour. Lohnt es sich?

Die ersten sechs Alben von W.A.S.P. gehören wohl in so ziemlich jede anständige Rock- und Metal-Sammlung. Zudem zählt das Meisterwerk "The Crimson Idol" zumindest für mich zu den vielleicht 15 besten Metal-Alben. Live gesehen habe ich die Band jedoch noch nie. Teilweise durch eher negative Livekritiken, aber auch durch einen Mangel an möglichen Optionen. Bis auf Festivals hat sich die Band in den letzten drei, vier Jahren in Deutschland nämlich recht rar gemacht. Mit "The Road To Golgotha" steht jedoch endlich wieder eine vollwertige Europatour der Amerikaner an.

Die frisch umgebaute Turbinenhalle ist recht gut gefüllt. Etwa 1800 Fans haben sich eingefunden, um ihre Helden zu sehen. Das Publikum ist sogar erstaunlich divers: Junge Fans sind genauso vertreten wie jene, die wohl schon zu Debüt-Zeiten mit dabei gewesen sind. Bei SNAKEBITE, der ersten Supportband des Abends, ist die Halle bereits zur Hälfte mit Zuschauern bestückt. Die Gruppe wirkt wie eine Ruhrpott-Version von CRASHDIET. Musikalisch kommt man den schwedischen Sleaze-Rockern zumindest ziemlich nah. Das Quartett legt sich ordentlich ins Zeug, um viele neue Fans zu gewinnen. Es ist offensichtlich, dass vielleicht gerade einmal zehn Leute die Rocker bereits kennen. Optisch wie musikalisch orientiert man sich wie gesagt an CRASHDIET, aber auch klare Referenzen zu MÖTLEY CRÜE oder SKID ROW sind beim Party-Rock der Ruhrpöttler deutlich zu erkennen. Besonders durch die sympathische Art von Sänger/Gitarrist Dominik "Nikki" Wagner kann man punkten, aber auch Songs wie 'Live It Up' oder 'All Or Nothing' können überzeugen.

Weiter geht es mit DOUBLE CRUSH SYNDROME. Der Mülheimer Sänger/Gitarrist Andy Brings ist schon seit Jahren in Sleaze-Bands unterwegs, die mal mehr, mal weniger Aufmerksamkeit bekommen haben. Mit seiner neusten Truppe DOUBLE CRUSH SYNDROME scheint ihm dieses Mal sein größter Wurf gelungen zu sein. Die Band kommt in der Glam-/Sleaze-Szene bereits gut an und ein Konzert in Oberhausen ist wie ein Heimspiel für den agilen Frontmann. Der Sound bewegt sich irgendwo zwischen Sleaze und SEX PISTOLS, sprich: Er hat eine große Portion Punk und Rotz intus. Die eher simple Musik kommt sehr gut beim Publikum an, das Material wie 'Fuck You Is My Answer' oder 'Yeah! Pain!' bereits kennt. Etwas deplatziert wirkt nur, dass sich die Band wie ein Headliner benimmt und das Publikum mit Animationsspielchen beschäftigt. Kann man machen, muss aber nicht mal bei Headlinern sein. Sonst geht das 35 Minuten lange Set aber recht schnell vorbei.

Nach einer halbstündigen Umbaupause und einem Medley-Intro von eigenen Nummern steht dann W.A.S.P. auf den Brettern. Mein Eindruck von Sänger Blackie Lawless ist zunächst, dass ich über seine Größe erstaunt bin. Irgendwie habe ich einen 1,75-Mann erwartet, doch ist das Original gut einen halben Kopf größer. Klar, er hat am Bauch etwas angesetzt, besitzt aber noch immer die gleiche Aura, die ich aus den Musikvideos kenne. Mit dem Klassiker vom selbstbetitelten Debüt 'On Your Knees' eröffnet die Gruppe ihr Set. Der Sound ist genau wie bei den ersten beiden Bands super - schön druckvoll und dennoch klar. Blackie macht stimmlich eine gute Figur (auch wenn ihm die höheren Töne im Laufe des Sets nicht immer gelingen werden) und seine aktuelle Mannschaft rockt wild über die Bühne. Es ist offensichtlich, dass die gesamte Truppe genauso viel Spaß an der Show hat wie das Publikum.

'Inside The Electric Circus' und das THE WHO-Cover 'The Real Me' vollenden ein mehr als gelungenes Eröffnungstriple. Blackie macht eine Ansage über das neue Album "Golgotha", welches am 2. Oktober erscheint und erzählt Anekdoten über den Aufnahmeprozess und Interviews zum Album. So redselig hatte ich mir den Rocker gar nicht vorgestellt. Mit 'Last Runaway' gibt es bereits einen von drei neuen Songs am heutigen Abend. Auch wenn die neuen Nummern gut ankommen, sind es besonders die Tracks vom Debüt und "The Crimson Idol" ('Arena of Pleasures' ist wohl der zweitbeste Song des Abends), die das Publikum zu spontanen Jubelattacken führen.

Nach 65 Minuten verabschiedet sich die Band bereits, doch kommt nach zwei Minuten zurück auf die Bühne, um das geniale 'Chainsaw Charlie (Murders In The New Morgue)' zu spielen. Man merkt Lawless schon stellenweise an, dass er nicht mehr der Jüngste ist. Dennoch macht der Mann eine grundsolide Figur auf der Bühne und schafft e,s dem Publikum mit ein paar wenigen theatralischen Bewegungen einzuheizen.

Erneut verlässt W.A.S.P. die Bühne für eine Pause, bevor Blackie Lawless alleine die Bühne betritt und die ersten Töne von 'Wild Child' anspielt. Das macht er so genau zweimal, bevor die gesamte Band einsetzt und den wohl besten Song des Konzerts spielt. Hier ist die Stimmung am ausgelassensten und der Refrain wird von der gesamten Halle mitgesungen. Obendrauf gibt es noch 'I Wanna Be Somebody' bevor die Band nach 100 astreinen Minuten Rock'n'Roll die Bühne endgültig verlässt. Schade, dass ich W.A.S.P. nicht in den späten 80ern oder frühen 90ern sehen konnte, denn es lässt sich heute noch einiges vom alten Feuer erahnen. Und selbst 2015 rocken Lawless & Co. noch tierisch!

Redakteur:
Sebastian Berning

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