W:O:A Metal Battle 2007 - Berlin
12.02.2007 | 11:5910.02.2007, Kato
Früher war ja bekanntlich alles besser - nur dass in diesem Fall "früher" genau ein Jahr zurückliegt. Auf der Berliner W:O:A-Metal-Battle-Vorrunde 2006 war ich sehr beeindruckt von dem durchweg hohen Niveau aller teilnehmenden Künstler. Was ich im nunmehr dritten Jahr des Wettbewerbs - so viel vorweg - leider nicht behaupten kann.
Die Spielregeln dürften bekannt sein: Sechs Bands haben jeweils zwanzig Minuten Zeit, die Jury - bestehend aus einigen regionalen Szene-Größen - von ihrem Talent zu überzeugen. Der Sieger darf die Hauptstadt im norddeutschen Halbfinale vertreten, und schafft er es dort auch, heißt es "nur" noch, auf dem Wacken Open Air die internationale Konkurrenz im Kampf um den begehrten Plattenvertrag auszustechen.
Bereits die ersten Anwärter spielen vor rappelvoller, da ausverkaufter Halle - der Name "Wacken" zieht halt immer. Die Death-Thrasher REQUITAL machen mächtig Alarm und können den ersten Circle Pit des Abends für sich verbuchen. Einen Originalitätspreis gewinnen sie sicher nicht, doch lassen zahlreiche, nach diesem heftigen Inferno gestammelte "Boah, war das geil!"-Äußerungen der sichtlich verausgabten Fans darauf schließen, dass die Kreuzberger ihr Handwerk bestens verstehen.
Nach dieser doch sehr "hauptstadt-typischen" Brachial-Musik setzen DEVIANT ARTS interessante Akzente. Die Progressive-Death-Metaller verwenden neben fiesen Grunts auch Frauengesang, und obwohl beide Stimmen für sich allein betrachtet nicht unbedingt herausragend sind (Jens übt sich in monotonem Röcheln, und Marita vermeidet zwar das "Elfen-Klischee", schifft aber dennoch nur haarscharf am Goten-Timbre vorbei), ergänzen sie sich als Ganzes sehr gut. Den besten Eindruck hinterlässt jedoch Gitarrist Ramin, dessen per T-Shirt bekundete Vorliebe für ORPHANED LAND möglicherweise auch für die gelegentlich durchschimmernde, dezent orientalische Note verantwortlich ist. Herrlich, was er auf seinen sechs Saiten zaubert! Dummerweise leiden ausgerechnet DEVIANT ARTS unter massiven Soundproblemen, die sich erst gegen Ende des Gigs einigermaßen legen - was bei einer derart anspruchsvollen Musik eher suboptimal ist.
Bei ORPHAN HATE ist hingegen von Anfang an alles bestens. Der Fünfer um Sängerin Sina Niklas war bereits 2006 angetreten und legt auch heute wieder eine gute Show hin. Vor allem das zierliche Energiebündel scheint für die große Bühne geboren zu sein: Abgesehen von ihren stimmlichen Qualitäten (was dieser wandelnde Einmeterfünfzig an kellertiefen Growls herausbrüllt, ist beeindruckend) erweist sie sich als echte Front-Lady, die sämtliche Einstellungsvoraussetzungen (anfeuernde Ansagen, erfolgreiche Mitsingspielchen, abwechslungsreiches Stageacting) mit Bravour meistert. Und mit der abschließenden Ballade demonstriert Sina außerdem, dass sie auch eine sehr angenehme, tiefe Klarstimme besitzt. Diese "Metal-Fusion"-Formation zählt nach der erneut überzeugenden Leistung zu meinen persönlichen Favoriten des Abends!
PLACENTA sind offenbar große Anhänger der deutschen Metalcore-Vorzeigeband HEAVEN SHALL BURN, auch wenn sie das böse M-Wort auf ihrer Homepage vermeiden und das Ganze lieber "Honic Melonic Death Metal" (hüstel) nennen. Sicher gut gemeint, aber irgendwie unprofessionell wirkt auf mich die Aufforderung von Sänger Sven, "auf die Bühne zu kommen und mit uns hier oben zusammen Spaß zu haben", der natürlich prompt einige Party-Tiere Folge leisten. Ich verliere den Überblick, wer nun eigentlich zur Band gehört und wer einfach nur den Kasper gibt, und versuche vielmehr, dem Crowdsurfer, der es immerhin bis zum hinteren Drittel der Halle schafft (und von da an noch einige Male über dem Publikum gesichtet wird) aus dem Weg zu gehen. Hätte ich jetzt irgendwie nicht gebraucht.
THORNS OF COGNITION klingen danach nicht viel anders, was die Auf-der-Bühne-Rumhampler und Von-der-Bühne-Runterspringer dazu ermutigt, ihr exzessives Treiben fortzusetzen. Hardcore-lastiger Sound, der mir persönlich gar nichts gibt und mich die Flucht in das angrenzende Café antreten lässt. Ich habe wirklich nichts gegen ein bisschen Stimmung vor der Bühne, aber ob ausgerechnet ein Band-Wettbewerb, wo es auf die Fähigkeiten der Musiker ankommen sollte, der geeignete Ort für Stagediver und Crowdsurfer ist?
Die letzten Kandidaten heißen SERENITY, nennen ihren Stil "Flex-Metal" und denken, sich somit einer Schubladisierung entziehen zu können. Was ich höre, ist jedoch vielmehr ein penetrant keyboardlastiger Sound, vielleicht irgendwo zwischen melodischem Black und härterem Pagan Metal - zwei Genres, die ich normalerweise weiträumig umfahre. Immerhin bereichern sie die musikalische Gesamt-Mischung des Abends um eine weitere Nuance.
Die Zeit bis zur Siegerehrung vertreiben uns DRONE, die auf dem W:O:A 2006 die internationale Konkurrenz hinter sich ließen. Mit ihrem Death-Thrash-Metal schlagen sie quasi die Brücke zur ersten Formation des Abends, auch wenn sie wesentlich eingängiger klingen. Zahlreiche Besucher gönnen sich jedoch lieber eine Pause - so viel Platz gab es den ganzen Abend nicht vor der Bühne. Ihr von Kollege Oliver als "THE HAUNTED-Thrash mit ein paar Alte-Schule-Bay-Area-Elementen" bezeichneter Stil kommt okay, auch wenn die Vorjahres-Sieger GORILLA MONSOON eher meinen Geschmack trafen. Ein witziges Detail am Rande ist, dass der recht zwergenhafte Sänger Moritz Hempel es trotzdem noch schafft, seinen Mikroständer so tief zu schrauben, dass er sich bücken muss, und das 'Eye Of The Tiger'-Riff gegen Ende des Sets lässt mich ebenfalls schmunzeln.
Im Gegensatz zum vergangenen Jahr bin ich völlig planlos, wer heute den Einzug ins Halbfinale schaffen könnte, doch das Ergebnis überrascht mich doch: REQUITAL sind nach Ansicht der Jury die würdigsten Vertreter der Hauptstadt. Viel Glück, Jungs!
- Redakteur:
- Elke Huber