Wave Gotik Treffen - Leipzig
09.06.2018 | 18:2918.05.2018, diverse
Eine Stadt sieht schwarz.
Da ist es auch schon wieder vorbei. Die 27. Auflage des Wave-Gotik-Treffens in Leipzig verging gefühlt wie im Fluge. Kaum angekommen, war irgendwie auch schon wieder Montag. Aber keine Angst: Wir haben in der Zwischenzeit das ein oder andere Konzert besucht, was wir euch natürlich nicht vorenthalten wollen. Bei den rund 20.000 Besuchern, die sich jährlich zu Pfingsten in der Messestadt tummeln, ging es wie gewohnt friedlich zu. Mittlerweile hat sich das Treffen zu einer Familienveranstaltung entwickelt. Während die Eltern beispielsweise bei den Elektro-Veteranen von DIVE feiern, geht es für die Kinder zu HELDMASCHINE. Gefühlt waren mehr Besucher ohne Festivalband unterwegs, da es immer mehr Veranstaltungen gibt, die Tageseintritte anbieten. Ob sich dieser Trend so fortsetzt, ist schwer zu sagen. Optisch ist das "Auffallen und fotografiert werden um jeden Preis" ein wenig zurückgegangen. Wenngleich immer noch die menschlichen Paarhufer in Latex durch die Stadt galoppieren und dankend von den Klatschblättern abgelichtet werden, die mit solchen Motiven "seriös" über die Veranstaltung berichten. So wird dann der breiten Masse suggeriert, dass der Großteil der Besucher so unterwegs ist, was aber kompletter Schwachsinn ist. Einfach eine gute Zeit haben, Bekannte treffen und Konzerte oder andere Veranstaltungen besuchen, das ist es doch im eigentlichen Sinne. Und natürlich neue Bands für sich entdecken. Es kann sich ja jeder gern so zeigen wie er mag, aber was dann teilweise daraus gemacht wird, das ist schon recht makaber. Aber das selbe Schicksaal teilen ja mittlerweile auch andere Festivals. Doch genug gemeckert: Auf geht es!
Freitag
Wegen der späten Abreise nach der Arbeit und dem Vorfeiertags-Stau verpasse ich leider eines meiner persönlichen Highlights des diesjährigen Wave-Gotik-Treffens, was gar nicht im Programmheft steht. Im Clara-Zetkin-Park findet nachmittags nicht nur das Viktorianische Picknick statt, nein, es hat sich dort auch OSWALD HENKE angekündigt. Auf einer kleinen, provisorischen Bühne will er bei passendem Wetter ein Konzert geben. Und er hat Glück, es kann stattfinden. Damit beweist er, dass man trotz eines Flügels auf der Bühne recht spontan einen Auftritt darbieten kann, ganz im ursprünglichen Sinne des Treffens.
Durch den Wegfall des zentral gelegenen Veranstaltungsortes im Alten Landratsamt und dem Kohlrabizirkus in der Nähe des Volkspalastes, sind die Wege diesmal irgendwie alle weiter. Gerade ein Pendeln zu Fuß zwischen letzten beiden genannten Orten ist nicht mehr möglich. So fallen spontane, kurze Stippvisiten weg. Auch Einlass-Stopps werden zu einem leidigen Thema an diesem Wochenende. Man muss also schon rechtzeitig da sein, um die gewünschte Band zu sehen. Die Norweger von SEIGMEN fallen ebenfalls der persönlichen Streichliste zum Opfer und so geht es kurzerhand nach einem Kurs durch die Innenstadt in den Volkspalast.
Die Kantine des Volkspalastes ist recht gut gefüllt als die britische Band CRISIS ihren Gig beginnt. Bereits im Frühjahr spielte die Formation nach ihrer Wiederauferstehung schon einmal in Leipzig. Bandchef und Bassist Tony Wakeford ist mit seinen Mannen angereist, um den Punk der siebziger Jahre zu verbreiten. Passend zur Musik ist das Durchschnittsalter im Publikum jetzt recht hoch. Doch auch die älteren Herrschaften haben das Feiern noch nicht verlernt und erfreuen sich an den Songs. Sänger Lloyd James hat das Geschehen fest im Griff. Er wirkt ein wenig distanziert, liefert aber einen starken Auftritt hin. Neben 'Back In The USSR' können sich die Fans über 'Afraid' freuen. Sarkastisch könnte man hier von einer Oldie-Veranstaltung sprechen, denn ein Großteil der Songs hat gut über 30 Jahre auf dem Buckel. Die Stimmung im Publikum ist gut und es gibt wirklich viele Besucher, die sich einfach darüber freuen, diese Songs einmal live erleben zu können. Im Zugabeblock erklingen drei Songs, die auch in der DEATH IN JUNE-Diskografie zu finden sind. 'All Alone In Her Nirvana' und 'Nothing Changes' stammen vom Album "The Guilty Have No Pride" aus dem Jahre 1983. Der dritte Song, 'Holy Water' ist dagegen vom Album "Oh How We Laughed". Mit zufriedenen Gesichtern geht dieser Auftritt hier zu Ende und die Band konnte die Fans durchweg überzeugen.
Im Anschluss spielt in der Kuppelhalle eine der wenigen Neofolk-Bands des WGT 2018. ROME aus Luxemburg bietet eine wunderbar stimmige und kraftvolle Show. Ruhig und fast schon unspektakulär werden die Stücke vorgetragen. Dennoch können sie absolut überzeugen und die Fans hängen geradezu an den Lippen von Sänger Jérôme Reuter. Neben Akustik- und Elektrogitarre greift er des Öfteren zu den Trommelstöcken und verleiht so den Songs seine besondere Note. Unterstützt wird er von zwei weiteren Musikern. So werden nicht nur 'One Fire' oder auch 'The Spanish Drummer' zu einem absoluten Ohrenschmaus. Wieder einmal viel zu schnell ist der Gig vorbei und die Band erhält tosenden Applaus. Wenn es nach den Gästen geht, könnte ROME gerne noch weiter spielen. Daraus wird aber leider nichts.
Das war es für den Freitag an Konzerten. In der benachbarten Kantine verweilen wir noch ein wenig zur "Apocalyptic Blue"-Tanzveranstaltung. Später geht es noch zur "When We Were Young"-Party in das Täubchenthal, da es fast auf dem Heimweg liegt.
- Redakteur:
- Swen Reuter