With Full Force 2016 - Löbnitz
29.08.2016 | 20:5001.07.2016, Flugplatz Roitzschjora
Auch beim diesjährigen With Full Force beackert wieder das Who is Who aus Metal, Hardcore und Metalcore den selbsternannten "härtesten Acker" des Landes: Bands wie SLAYER, AMON AMARTH, BAD RELIGION und HATEBREED geben sich auf dem Flugplatz Roitzschjora im sächsischen Löbnitz die Klinke in die Hand. Wie immer für uns mittendrin im Gewühl: Unsere beiden Gastautoren, der inzwischen frisch verheiratete Christian Gaum sowie sein SUICIDE KINGS- und FOUR MONKEYS-Bandkollege Tobias Schneider. Ein besonderer Dank geht an Krüger/Metal.de für das Fotomaterial.
Nach diesem eigentümlichen Schauspiel zieht es uns aus unerklärlichen Gründen zum Erdbeerbowle-Stand. Die Klassiker von CAPTAIN JACK und den VENGABOYS erweisen sich dann auch als absolut passend. Nach 15 Minuten Extremsport im "Human Table Soccer" geht’s zurück zur Mainstage und den kanadisch-schottischen Punkrockern THE REAL MCKENZIES. Deren Sänger Paul hat sich heute extraschick gemacht und nicht nur seine Achselhaare, sondern auch tieferliegende Körperbehaarung entfernt. Das präsentiert er der begeisterten Menge bereits vor dem ersten Song. Die folgenden Songs sind alle recht eingängig und wirken nach den sonst so harten Klängen der Festivals beinahe etwas poppig. Mit dem passenden Finale von 'Bugger Off' beendet THE REAL MC KENZIES einen unterhaltsamen Gig, der aber ohne echte Highlights bleibt.
LEGION OF THE DAMNED spielt heute ausschließlich Material vom ''Malevolent Rapture''-Album. So schlimm finde ich das nicht, denn für mich ist die Scheibe nach ''Feel The Blade'' (dem OCCULT-Coveralbum), immerhin die zweitstärkste Veröffentlichung. Einige Songs sind ja ohnehin fester Bestandteil des Live-Sets der Holländer und so freue ich mich besonders über die Raritäten wie 'Death´s Head March', 'Werwolf Corpse' oder 'Demonfist'. Obwohl sich die Songs kaum unterscheiden, bietet LEGION OF THE DAMNED für 40 Minuten gute Unterhaltung. Abwechslung gleich Null... aber Headbanging Total!
Eine Premiere auf dem diesjährigen Full Force ist die dritte Bühne, die Metal Hammer Stage. Hierher verschlägt es uns erst am Sonntagnachmittag zu der russischen Crossover-Band SIBERIAN MEAT GRINDER. Diese Jungs waren mir bis hierher unbekannt, doch was dann geboten wird, ist ein verdammt gelungener Mix aus Oldschool-Metal und Straßenpunk, der hier und da auch Hip Hop-Attitüde durchschimmern lässt. Skaten und Sprühen, Moshen und Rappen... hier werden sämtliche subkulturellen Tugenden in brachiale "Fuck The System"-Hits gepackt. Über die russische Szene weiß man recht wenig, doch es ist bestimmt eine Bereicherung, sich mal ein wenig mehr mit dieser und der Musik von SIBERIAN MEAT GRINDER zu beschäftigen.
Weniger Brutalität, aber dafür umso mehr Melodie gibt es bei BAD RELIGION. Die kalifornischen Ur-Punkrocker, die mit ihrer Musik stilprägend für eine ganze Generation waren, sind zum ersten Mal Gast auf dem With Full Force und beweisen mit ihrer Anwesenheit mal wieder die Vielseitigkeit dieses Festivals. Es wird ein Klassiker nach dem anderen gespielt und das Publikum zeigt sich bei Songs wie 'Generator', 'You Are The Government' oder 'Punkrocksong' hellauf begeistert. Doch zur Mitte des Sets ziehen dunkle Wolken über der Bühne auf und kurz darauf schüttet es wie aus Eimern. Der ganze Spuk dauert zwar nur knapp eine Viertelstunde, doch wir tun es den meisten anderen gleich und flüchten ins Trockene. Als sich das Wetter beruhigt hat, ist BAD RELIGION bereits nicht mehr auf der Bühne, aber ein riesiger Regenbogen taucht über dem Festivalgelände auf. Schade, dass bereits Sonntag ist, sonst hätten wir uns auf den Weg gemacht, um den Topf voller Gold später an der Bar los zu werden.
Und wieder steht der Headliner der Zeltbühne auf meinem Zettel, die US-Politpunker ANTI FLAG. Ihre politische Ausrichtung verpacken sie in Songs wie 'The Press Corpse', 'Turncoat' oder '1 Trillion Dollar'. Was über diese Songs noch nicht gesagt wurde, gibt es dann in ausführlichen Statements und Songankündigungen zur Weltpolitik. Teilweise klingt das sehr nach einer Kirchenpredigt, doch die Action, die bei Stücken wie 'Fuck Police Brutality' oder 'This Machine Kills Fascists' losgeht, lässt darüber hinwegsehen. Die Nähe zu den Fans nimmt ANTI FLAG wortwörtlich und zieht, inklusive Dummer Pat mitsamt seinem Schlagzeug, beim letzten Song 'Power to the Peaceful' in den Pit um. Die Band spielt ihre Zugabe also kurzerhand mitten in der pogenden Menge. Ein super Gig, der mit klasse Publikum, Circle Pits "en masse" und schönem Bengalofeuer einen würdigen Abschluss des With Full Force 2016 darstellt.
Wieder einmal ein wirklich tolles Wochenende mit ordentlichem Line-up und größtenteils starken Auftritten. Dazu völlig unspektakuläre Wetterverhältnisse und ein gut gelauntes Publikum lassen uns den festen Entschluss fassen: Wir wollen auch 2017 wieder in den schönen Osten reisen.
- Redakteur:
- Carsten Praeg