With Full Force XXV - Ferropolis
05.07.2018 | 09:1814.06.2018, Gräfenhainichen
25 Jahre With Full Force: Zum Jubiläum macht der einst selbsternannte "härteste Acker Deutschlands" seinem Namen alle Ehre und zerlegt die "Stadt aus Eisen".
Am zweiten Festivaltag lockt es uns bereits am frühen Nachmittag vor die Ferox-Strage. DRITTE WAHL feiert hier sein Mainstage-Debüt, nachdem man bei den letzten Besuchen auf dem Full Force stets im Hardbowl-Zelt unterkam. Auch wenn man die Rostocker bereits etliche Male live gesehen hat, ist es diesmal insofern eine Premiere, als man sie zum ersten Mal als Quartett erlebt. Holger bedient als vierter Mann abwechselnd die zweite Gitarre oder das Keyboard. Der breitere Sound wird bei Songs wie 'Halt Mich Fest', 'Störung' oder 'Auge Um Auge' astrein von der Bühne geballert und sorgt zugleich für klassischen Deutschpunk-Pogo bei der feiernden Meute. Die Band kommt während und zwischen den Songs total authentisch und ehrlich rüber. Und genießt ebenfalls ein verdammt hohes Ansehen, da sie nie dem "Deutschrock-Trend" nachlief und ihrer Linie stets treu blieb. Mit 'Zeit Bleib Stehen', 'Runde Um Runde' und 'Fliegen' endet das Set mit einer Prise Melancholie. Doch selbst nachdem die Band die Bühne verlassen hat, singt das Publikum noch minutenlang deren Songs weiter.
14 Jahre ist es inzwischen her, seit EKTOMORF mit ihrem Album "Destroy" ein breiteres Publikum auf sich aufmerksam machte. Auch bei unserer POWERMETAL.de eigenen "Night Of Power“ waren die Fans damals begeistert, obwohl sich die Band schon immer stark an anderen Bands orientiert hat und nicht durch Kreativität oder Innovation glänzte. Ganze acht Studioalben später hat sich dieser Eindruck sicherlich bei vielen Zuhörern noch verstärkt. Vielleicht resultiert der größtenteils ambivalente Eindruck des heutigen Gigs auch aus diesem Umstand. Frontman Zoltan hat eine komplett neue Bandbesetzung am Start, aber verändert hat sich eigentlich gar nichts. Die Ungarn überzeugen mit einer guten und energiegeladenen Performance, aber sowohl Ansagen als auch Songs sind absolut vorhersagbar und erscheinen wie eine Wiederholung des Immergleichen (irgendwie beschränkt man sich auf zwei Wörter "Jump" & "Fuck"). Der Sound ist höllisch laut, aber eben auch total undifferenziert. Nun gut, als Fazit muss man anerkennen: EKTOMORF selbst hat Spaß und macht dem zahlreich anwesenden Publikum sichtlich Freude. Und dabei gibt es tatsächlich kein "aber".
Gab es überhaupt jemals eine schwache Show von MADBALL? Offensichtlich nicht, und daran soll sich auch an diesem Tag nichts ändern. Und wenn es denn überhaupt etwas zu bemängeln gäbe, dann höchstens, dass die Abwechslung zwischen den einzelnen Songs etwas zu kurz kommt. Aber hey, das ist nun mal Hardcore! Es gibt ein Brett nach dem anderen, sowohl vom nagelneuen Album "For The Cause" als natürlich auch alte Gassenhauer wie 'Down By Law'. Der klasse Sound und die energiegeladene Darbietung von Frontmann Freddy passen hier ebenfalls wie die (Pöbel-)Faust aufs Auge.
Nun kommt kurzzeitig ein ganz klein wenig Heimweh auf. Denn mit TANKARD stehen die Frankfurter Lokalhelden auf der Metal Hammer Stage. Mit dem Pokalerfolg der Eintracht im Rücken kann das ja heute nur eine gelungene Nummer werden! Der Titeltrack der aktuellen Platte "One Foot In The Grave" eröffnet das Set, welches anschließend mit Uralt-Granaten à la 'Zombie Attack' und 'Morning After' sowie einigen Songs der neueren Platten weitestgehend zu überzeugen weiß. Um ehrlich zu sein: Wen das neue Material noch nicht so wirklich erreicht, der vermisst die Songs aus den 2000er Jahren. Dennoch eine prima Show mit einer super aufgelegten Band und dem obligatorischen "Beer"- und "Whiskey"-Wechselgesang beim 'Empty Tankard'-Finale. Na dann: Prost!
PERKELE sticht als Headliner auf der Hardbowl Stage ziemlich heraus. Schließlich sind an diesem Tag ansonsten doch fast ausschließlich Bands aus dem Core-Umfeld zu belauschen. Nun gibt es stattdessen eingängigen Streetpunk mit butterweichen Melodien und Gänsehaut-Refrains, die jeden unter dem Zeltdach zum Mitsingen einladen. 'Memories', 'Me', 'When You're Dead' und natürlich 'Heart Full Of Pride' lassen dabei keinerlei Wünsche offen.
Der kurze Weg zwischen den Bühnen macht es möglich, pünktlich um 22:20 Uhr vor der Ferox Stage anzukommen. Allerdings passiert längere Zeit erst mal gar nichts – der heutige Headliner JUDAS PRIEST lässt auf sich warten. Die Durchsage, dass man fieberhaft an den technischen Problemen arbeite, wird vom gespannten Publikum heute mit fast stoischer Ruhe hingenommen. Ansonsten hat dieses Jahr aber bislang auch wirklich alles gut funktioniert. Kein Anfahrtsstau, kein Wassermangel, kurze Wartezeiten auf die Shuttles und kein Unwetter. Als rund eine halbe Stunde später mit dem Einspieler 'War Pigs' klar wird, dass es nun los geht, ist dann doch Erleichterung spürbar. Zum Auftakt spielt die Heavy Metal Legende 'Firepower' vom bockstarken gleichnamigen aktuellen Album. Der Sound ist großartig und Rob Halford präsentiert sich auch heute (wie schon auf der gesamten Tour) in sehr guter Form. Der inzwischen 66-jährige Metalgod läuft vor allem bei dem grandiosen 'Sinner' und der Überraschungsnummer 'Saints In Hell' zur Höchstform auf. Ein Wermutstropfen ist allerdings, dass aufgrund der ungewöhnlichen Setlist einige Klassiker in der Schublade bleiben. Nun gut, man kann nicht alles haben. Also erfreut man sich zum Abschluss an 'Painkiller', 'Rising From Ruin', 'Metal Gods' und 'Breaking The Law'. Dann verschwindet die Band, nachdem man sich artig bedankt hat, doch recht zügig von der Bühne. Schade, denn für 'Living After Midnight' wäre trotz der anfänglichen Verzögerung sicherlich noch Zeit gewesen. Dennoch hat JUDAS PRIEST auch heute Abend wieder mal bestätigt, dass man zeitlos überragend ist und stellt folglich die sonstigen Headliner mit diesem Gig absolut in den Schatten. Da allerdings CRADLE OF FILTH im Zelt schon in den Startlöchern steht, bleibt keine Zeit der viel zu kurzen Show lange nachzutrauern.
Nach Mitternacht ist es dann endlich soweit mit dem zweiten Teil der Knüppelnacht. Um es gleich vorweg zu nehmen, der Opener aus Suffolk enttäuscht nicht. Mit unglaublicher Energie blasen die Extrem-Metaller CRADLE OF FILTH ihre musikalische Druckwelle ins Publikum. Nach dem Opener 'Gilded Cunt' herrscht nicht nur vor der Bühne beste Stimmung, denn beim nachfolgenden 'Dusk And Her Embrace' läuft Sänger Dani Filth wieder mal zur Höchstform auf und springt wie gewohnt artistisch über die Bühne. Eindrucksvoll ist vor allem noch Gitarrist Richard Shaw, dessen brachiale Performance überaus mitreißend ist. Spätestens bei 'From The Cradle To The Grave' wird fleißig gemoscht und mitgegrölt. Da der Sound der Briten für ein Open Air geradezu überragend ist, vergeht die Zeit wie in Flug. Man merkt nicht nur bei dem großartigen 'Nymphetamine Fix', dass die Band echt Spaß an der Sache hat. Trotz zahlreicher Besetzungswechsel in den vergangenen 27 Jahren wirkt man bestens eingespielt und überzeugt heute Nacht auf ganzer Linie. Gesangstechnisch gelingt der Spagat zwischen Danis Gekreische und den melodiösen Parts von Keyboarderin Lindsay sogar so gut, dass man in manchen Momenten fast vergessen könnte, dass es live ist. Nach einer dreiviertel Stunde ist der (fantastische) Spuk schon wieder vorbei. Die Briten bedanken sich artig beim euphorischen Publikum und verabschieden sich auf hoffentlich baldiges Wiedersehen.
Zu späteren Stunde gibt es dann nochmal Britisches in Form von kultigem Death Metal aus Birmingham. Obgleich BENEDICTION nicht den Bekanntheitsgrad von NAPALM DEATH erlangt hat, den Kultstaus hat man auf jeden Fall erreicht. Seit über 25 Jahren walzt sich die Band durch satte Oldschool-Riffs, die auch zur fortgeschrittenen Stunde der schmerzenden Nackenmuskulatur keine Ruhepause gönnen. Aus der schier endlosen Fülle an Songmaterial hat man mit 'Suffering', 'Grind Bastard' und dem uralten 'Subconcious Terror' die richtigen Perlen mitgebracht. Wer es bis jetzt vor der Bühne ausgehalten hat, bleibt BENEDICTION auch für 40 Minuten treu.
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- Redakteur:
- Carsten Praeg