Wolfszeit-Festival - Crispendorf

12.10.2011 | 23:51

02.09.2011, Ferienland Crispendorf

In den Thüringer Wäldern heulen die Wölfe.

Der Samstag startet mit einer kleinen Ausfahrt durch die Thüringer Wälder, ein bisschen Ruhe kann man ja immer mal gebrauchen. Schnell noch das eine oder andere touristische Kleinod besucht, dann aber wieder fix zum Konzertgelände.

Beim Eintreffen bereiten sich gerade WOLFCHANT auf das Ende ihres Sets vor. So erleben wir nur noch drei Songs des mit zwei Sängern vorgetragenen Pagan-Metals. Beim Abgang wird die Band aber gut gefeiert, es war also nicht nur unser kurzer Eindruck ein recht angenehmer.

IMPERIUM DEKADENZ dürfen im Anschluss das Publikum beglücken. Die Bühne ist mit allerlei Bannern behangen und die Truppe aus Baden-Württemberg beginnt gleich kraftvoll. Schwerer, getragener Black Metal walzt sich in unglaublicher Erhabenheit über das Festgelände. So verwundert es auch nicht, dass der Pit vor der Bühne immer größer wird und unzählige Köpfe kreisen. Die Songs stammen hauptsächlich von den letzten beiden Veröffentlichungen, der LP "Procella Vadens" von 2010 und der erst vor kurzem erschienen Split-LP (zusammen mit VARGSHEIM). Ein gelungener Einstieg in den Abend.

Horns up! So könnte man die nächste Band begrüßen, denn HEIDEVOLK zelebrieren den heidnischen Kult bis ins Kleinste. Die Niederländer fackeln nicht lange und beginnen eine knapp 60-minütige Party. Und das Volk will mitfeiern, denn es ist zahlreich und singt nahezu von Anfang bis Ende alles mit. So verschmelzen Band und Publikum zu einem einzigen Feierbiest. Traurig nur, dass Gitarrist Sebas Bloeddorst nach dem Gig die Band verlassen wird. Und vielleicht wird’s deswegen noch einmal so ausschweifend, man soll schließlich Feste feiern, bis alle umfallen... oder so. Mit 'Dondergod', 'Nehalennia' und 'Beest Bij Nacht' kommen die Fans des aktuellen Albums "Uit Oude Grond" voll auf ihre Kosten. Aber auch 'Wodan Heerst' wird gern gehört, und alle bekommen was sie wollen. Nach einer kleinen Zugabe verlassen die Gäste aus dem Nachbarland die Bühne mit viel Applaus. Die Nacht bricht an und verfinstert nicht nur das Gelände. Die beiden letzten Bands tauchen alles in unendliches Schwarz.
[Matthias Köppe]

Etwas verspätet beginnt der Gig von PRIMORDIAL an diesem Abend, der langsam aber sicher zu Ende geht. Es wird kalt um die Nase, also heißt es sich mit warmen Met eindecken und den Iren lauschen. Für deren Sound passt das Umfeld hervorragend und man muss nicht einmal die Augen schließen, um sich in das Heimatland der Band zu träumen. Sänger Alan betritt nicht blutverschmiert die Bühne, sondern ist "nur" schwarz-weiß geschminkt. Haben ihm die WATAIN-Jungs nichts abgegeben und alles für sich beansprucht? Den Fans ist das ziemlich egal, als es mit 'No Grave Deep Enough' vom aktuellen Album "Redemption at the Puritan's" losgeht. Selbst wenn man den Gesang nicht mag, über den ja wie gewohnt die Meinungen auseinander gehen, so kann der Sänger unglaublich gut das Publikum in seinen Bann ziehen. Charisma und Theatralik sind seine großen Stärken. Die Fans fressen ihm regelrecht aus der Hand und lauschen gebannt dem Sound von PRIMORDIAL. Neben 'Autumn's Ablaze' oder 'As Rome Burns' reihen sich neue und ältere Stücke in das heutige Set ein. Mit zunehmender Spieldauer steigt beim Sänger auch der Jack-Daniels-Pegel. So wird die eine oder andere Ansage beziehungsweise Textzeile ein wenig unverständlich. Aber das interessiert nicht wirklich jemanden. Nur die Frage drängt sich auf, warum man als Ire nicht auf einheimische Sorten zurückgreift. Alan kündigt die letzten beiden Songs und WATAIN im Anschluss an. Irgendwie reagiert die Menge nicht darauf, also wird sie kurzerhand angeschrien. Aha, jetzt sind wieder alle munter! Das geniale 'Gods To The Godless' erklingt und das Instrumental zu Beginn hallt gespenstisch durch die Nacht ehe 'Empire Falls' den Auftritt beendet.
[Swen Reuter]

Zum Abschluss des Festivals noch eine schwarze Messe gefällig? Kein Problem, WATAIN wurden als Zeremonienmeister eingeladen. Nach einer geheimnisvollen Einschwörung hinter der Bühne (gerüchteweise fielen dort die Worte "Hail Satan"), erklimmen die blutbeschmierten Schweden eben diese mit brennender Fackel voran. Damit wird dann fast alles, was da so rumsteht, entzündet. Und das ist so einiges, vom Dreizack bis zum verdrehten Kreuz. Als dann endlich alles in Flammen steht, beginnt das musikalische Inferno. Sänger Erik Danielsson fegt wie ein Derwisch über die Bretter, spielt mit dem Feuer und ist scheinbar durch irgendwas gestört. Zack - da fliegt auch schon der Mikroständer in die dritte Reihe. Ob das so zur Show gehört, vermag niemand zu sagen, vielleicht ist es auch nur ein spontaner emotionaler Ausbruch. Sogleich werden drei Bühnenvasallen losgeschickt, um das gute Stück wieder zu besorgen. Das Konzert steht unter demselben Motto wie das letzte Album 'Lawless Darkness', und so ein bisschen chaotisch wirkt das Ganze schon. Vergeblich sucht man jedoch nach Tierkadavern oder anderem toten Fleisch. Hätte die Messe perfekt gemacht, aber man kann nun mal nicht alles haben. Immerhin brennt scheinbar die ganze Bühne, das rote Hintergrundlicht verstärkt den Eindruck zunehmend, und bringt die Fans zusammen mit den Highspeed-Black-Metal-Attacken zum kochen. Absolutes Durchdrehen ist jetzt nicht nur auf, sondern auch vor der Bühne angesagt. Und so kann man nur noch staunend das wilde Treiben beobachten. Oder man huldigt den Predigern, die da unbeirrt ihr Ding bis zum berauschenden Ende durchziehen. Ein grandioser Abschied vom Festival, ein Beben das sich in jeden Gehörgang gefräst hat.
[Matthias Köppe]

Sichtlich benommen vom Treiben auf der Bühne stehen die Besucher des Festivals da und müssen erst einmal verarbeiten, dass nicht nur die Veranstaltung zu Ende ist, sondern eben auch, dass WATAIN gerade den Leibhaftigen heraufbeschworen haben. Was bleibt also noch groß zu sagen? Das Wolfszeit-Festival präsentierte sich in einer schicken Lokalität, die Akustik in der Tallage ist einzigartig und kann bei den besagten Bands bis ins Mark erschüttern. Dieses Live-Erlebnis bekommt man in keiner Halle geboten. Tja, und sonst war alles gut organisiert, die Verpflegungspreise moderat und das wichtigste: Es herrschte eine ausgelassene und friedliche Stimmung.

Redakteur:
Swen Reuter

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