X-Mass Festivals - München

23.12.2001 | 08:05

18.12.2001, Metropolis

Hell Yeah! – das versprach bereits auf dem Papier, eines der besten X-Mass-Festivals der letzten Jahre zu werden: Eine brutale Elchtod-Combo, drei Mal frickeliger Death Metal vom Feinsten und ganz nebenbei noch die schwedische Elite in Sachen Black Metal.
Blöd nur, dass man auf der Homepage des Kunstparks Ost den Beginn für 21:00 Uhr angekündigt hatte, dann allerdings schon um 18:30 begann. Besten Dank auch. Nichtsdestotrotz war das Metropolis recht ordentlich, wenn auch nicht übermäßig gut gefüllt.
Ein grosses Dankeschön geht noch an den Kollegen Rainer, der mich mit allen wichtigen Fakten versorgte, die ich aufgrund des verfrühten Beginns und des Berufsverkehrs verpasst hatte.

VOMITORY eröffneten erwartungsgemäß den düsteren Abend. Durch die Absage von KREATOR waren die Schweden die einzige Band, welche ein kleines Aussenseiterdasein fristete: Zwar gab´s Todesblei aus bestem schwedischen Guss zu bewundern, aber rein technisch gesehen konnte die Band nicht mal annährend mit dem mithalten, was den Rest des Abends an den Instrumenten geboten wurde. Spassig war´s trotzdem, und VOMITORY machten ihre Sache ordentlich. Schade nur, dass der Sound bei Stücken wie “Redemption“ eher mittelprächtig aus der P.A. dröhnte. Insgesamt aber eine recht gute Darbietung der Ikealänder, die besonders durch tightes Spiel zu begeistern wussten. Der ideale Auftakt für einen grandiosen Konzertabend.

Der Auftritt von KRISIUN kam dann einem musikalischen Quantensprung gleich: Das brasilianische Brüdertrio entfachte einen kleinen Orkan in Sachen technischem Death Metal auf höchster Geschwindigkeits- und Brutalitätsstufe. Es ist einfach immer wieder ein ganz besonderer Genuss, dieser Band live beizuwohnen und über die Fingerfertigkeiten der jungen Musiker zu staunen. Songs wie “Dawn Of Flagellation“ oder “Ageless Venomous“ (Mit Widmung an den kürzlich verstorbenen Chuck Schuldiner, leider blieben KRISIUN die einzige Band, die der Death Metal-Legende eine Komposition widmeten) sorgten wieder einmal für herunterklappende Kinnladen oder Highspeed-Propellerbanging in den ersten Reihen. Leider fehlt der Band noch etwas an Charisma auf der Bühne, so dass das wenig abwechslungsreiche Material schnell zu eintönig wurde. Somit war die Spielzeit von einer guten halben Stunde genau richtig bemessen. Rein technisch – ebenso in Sachen Sound - war bei KRISIUN selbstverständlich alles im grünen Bereich, und wenn das Trio in Zukunft vielleicht noch ein wenig mehr Abwechslung in die Songs einbaut und sich etwas weniger introvertiert on Stage zeigt, dann dürfte in absehbarer Zeit eine wahre Live-Macht entstehen.

Hatten KRISIUN die Stimmung im Metropolis schon gut angeheizt, so kam diese nun auf dem ersten Höhepunkt an: Mit DARK FUNERAL war nun die erste Band im Dienste des Gehörnten an der Reihe. Und die genossen es nach etwas längerer Bühnenabstinez sichtlich, der Meute wieder einheizen zu können. Frontman Emperor Magus Caligula wirkte wie ein Feldherr, der seine Scharen in die Schlacht führt – endlich stand der Gute mal ohne Bass auf der Bühne, woran er sich allem Anschein nach noch nicht voll und ganz gewöhnt hat – in Sachen Bühnenshow dürfte er sich ruhig noch ein wenig Nachhilfe vom Kollegen Legion (MARDUK) geben lassen, wobei des Imperators Beweihräucherungen an den Deibel immer noch seinesgleichen suchen. Köstlich!
Als Tourbasser hatte man (vermutlich, war bei dem Corpsepaint nicht allzu gut zu erkennen) Mikael Hedlund (HYPOCRISY)im Gepäck, der bereits das grandiose “Diabolis Internum“-Album am Tieftöner eingespielt hatte.
Mit dessen Opener, “The Arrival Of Satan´s Empire“ ging´s auch gleich ab wie die Feuerwehr – DARK FUNERAL überzeugten auf ganzer Länge und leisteten sich nicht mal den kleinsten Aussetzer. Dermaßen tight und schnell hab´ ich die ehemalige Rumpelcombo noch nicht erlebt. Mit Teufelsdrummer Matte Modin (DEFLESHED) konnte die Saitenfraktion nun endlich mithalten und entfachte ein diabolisch gutes Inferno. Der Sound war makellos gut, und mit Klassikern der Marke “Secrets Of The Black Arts“ oder “The Dawn No More Rises“ hatte man das versammelte Publikum schnell auf seiner Seite. Da machte es auch nichts aus, dass sich mit “Goddess Of Sodomy“ sogar ein Midtempo-Stück ins Set eingeschlichen hatte.
DARK FUNERAL legten den Schwerpunkt auf das aktuelle Werk, von dem es unter Anderem noch “Armageddon Finally Comes“, “Thus I Have Spoken“ und “Hail Murder“ auf den Wirsing gab.
Bleibt nur ein geläufiges Wort, um diesen Auftritt zu beschreiben: Geil war´s!

Nun wieder zurück zum Death Metal. NILE waren an der Reihe, und sie hatten es nach dem bärenstarken Auftritt von DARK FUNERAL wahrlich nicht leicht, hier noch einen draufzusetzen. Da aber an diesem Abend tatsächlich jede Band die vorhergegangene nochmals toppen konnte (Besser konnte man das Billing gar nicht zusammenstellen!), überzeugten auch die amerikanischen Hobby-Ägyptologen mit einem Set, das sich gewaschen hatte.
“Black Seeds Of Vengeance“ zeigte die Marschrichtung nur allzu deutlich auf: Mörderisches Tempo, perfektes und atemberaubendes Griffbrettgefrickel ohne Ende und drei gleichberechtigte Vocalisten, die in den alles andere als gewöhnlichen Songstrukturen trotzdem den Durchblick behielten. Waren KRISIUN bereits beeindruckend, so müsste man für NILE im Prinzip ein neues Wort kreieren. Im Gegensatz zu den brasilianischen Krawallbrüdern haben die Amis allerdings auch deutlich abwechslungsreichere Songs im Gepäck, zu denen es sich gar formidabel das Haupthaar schütteln ließ. Ein erneut brillianter Sound war das Fundament für einen mindestens ebenso brillianten Auftritt. NILE überzeugten auf der gesamten Linie und ließen nach dem Übersong “Ramses – Bringer Of War“ ein restlos begeistertes Publikum zurück. Die heute gebotene Performance kratze gar gefährlich am Lack des bisherigen Flaggschiffs MORBID ANGEL, dessen Kanonen seit einiger Zeit schweigen. Würde mich nicht wundern, wenn NILE in Zukunft die tonangebenden Segel im DM-Bereich setzen würden. Zwischen deren Leistung an diesem Abend und der von MORBID ANGEL gewohnten passte auf jeden Fall nicht mal mehr die dünnste Tageszeitung – Two thumbs way up!

Wenn das bisherige Programm noch getoppt werden konnte, dann ganz sicherlich von keinem geringeren als DER Live-Macht des Abends und der gesamten Schwarzkittelszene: MARDUK.
Das Quartett um den wohl charismatischsten Fronter des Genres, Legion (der auch heute wieder Posing par excellence bot und sich stark ein triumphales Grinsen verkneifen musste, als er von der restlos begeisterten Meute mit Sprechchören gefeiert wurde – man muss ja schließlich evil sein in dem Job ;)), war die Offenbarung schlechthin in diesem unvergleichlich Starken Billing. Die Stimmung erreichte bereits vor dem Auftritt den absoluten Höhepunkt, um bei Granaten wie “Funeral Bitch“, “Jesus Christ Sodomized“, “Slay The Nazarene“ oder “Baptism By Fire“ völlig überzukochen. MARDUK hatten die Meute fest im Griff und gaben ihr, wonach sie lechzte: Blutrünstige, fiese Black Metal-Geschosse, die allesamt zielsicher saßen. Mit dem Tempo wurde geschickt jongliert, auch wenn man sich zumeist in Regionen weit jenseits der Schallmauer aufhielt. Waren DARK FUNERAL schon gut wie nie zuvor gewesen, so Schossen MARDUK endgültig den schwarzen Vogel ab. Spielfreudig, energiegeladen und mit einer technischen Perfektion, wie ich sie von den Schweden noch nie zuvor erlebt habe, gab´s eine gute Stunde (!) Kompositionen direkt aus der tiefsten Hölle der absolut feinsten Machart. Insbesondere MARDUKs Drummer leistete übermenschliches, ohne auch nur eine Mine zu verziehen – man stelle sich das Drum-Tier aus der Muppet-Show vor, addiere Aggression und Schnelligkeit und subtrahiere jegliche überflüssigen Bewegungen. Und in Sachen Technik stand man diesmal auch der sonst so übermächtigen Death Metal-Garde in nichts, aber auch rein gar nichts nach. An einem restlos genialen Abend waren MARDUK eindeutig – neben NILE – die Gewinner.
Norwegen muss sich verdammt ranhalten, um in Zukunft die Spitzenposition im Black Metal-Genre zu halten: Was die beiden schwedischen Düsterheimer bei dieser Tour boten, das war kaum noch zu toppen.

Auch wenn sie im Gesamtbild nicht an die grandiose Performance von MARDUK herankamen, so boten CANNIBAL CORPSE doch einen mehr als versöhnlichen Abschluss dieses Wahnsinnskonzertes.
Zwar ließ man wie üblich recht lange auf sich warten, legte dafür dann mit “Pounded Into Dust“, “I Will Kill You“, “Sentenced To Burn“ oder “Fucked With A Knife“ (wie immer den „Women out there“ gewidmet) erwartungsgemäß gut los. CORPSE hatten die ideale Mischung aus – für ihre Verhältnisse - langsameren, groovigen Songs und Knüppelorgien parat und hatten die noch von MARDUK aufgepeitschte Menge ebenso rasch auf ihrer Seite wie die Schweden zuvor. Über die technischen Fähigkeiten und deren Darbietung braucht man bei diesem Quintett wohl nicht mehr einzugehen – das hier war Perfektion auf ihrer höchsten Stufe, wobei den Amis sicherlich auch zugute kommt, dass sie schon ein ganzes Weilchen zusammen zocken. Alex Webster war wie zu erwarten die Macht auf seinen fünf Saiten und stand der wild frickelnden Gitarrenfraktion in keinster Art und Weise nach. Neben dem Genuss für die Augen boten CANNIBAL CORPSE mit Todesblei-Schmankerln wie “Perverse Suffering“, “The Bleeding“, “Unleashing The Bloodthirsty“ oder “The Spinesplitter“ (immer wieder beeindruckend hierbei: der Instrumentalpart im Mittelteil) auch Genugtuung für die Ohren.
Im Februar 2002 erscheint im Übrigen das neue Album der Kannibalen, wovon es schon mal zwei Hörproben gab, welche sich nahtlos in das bisherige CC-Schema einfügten und für ordentlich schmerzende Nacken sorgten – da dürfte erneut ein feines DM-Blutbad auf die Fangemeinde zukommen.
Mit dem debil groovenden “Gallery Of Suicide“ näherte man sich sodann dem Ende des Gigs, um dem mittlerweile völlig ausgepowerten Publikum in Form von “Dead Human Collection“ einen finalen Todesstoss zu versetzen. Auch nach dem x-ten Mal, die ich CANNIBAL CORPSE mittlerweile auf einer Bühne gesehen habe, werden die Amis einfach nicht langweilig. Klasse, die Lässigkeit, mit der die Jungs auf die Bühne stiefelten und, von der starken Darbietung MARDUKs völlig unbeeindruckt, ihre Sache durchzogen. Beängstigend das überaus perfekte Zusammenspiel und das technische Niveau – ein wahrlich würdiger Abschluss eines von der ersten bis zur letzten Sekunde beeindruckenden und mitreißenden Konzertabends!

Bleibt zum Schluss noch zu bemerken, dass zumindest meine Wenigkeit KREATOR an diesem Abend nicht vermisst hat – die Ruhrpottler hätten sowieso nur noch verlieren können.
Des weiteren bewies die ohne Ausnahme grandiose Performance aller Bands eine Sache ganz besonders: Die extreme Metal-Szene is well and alive – besser geht´s nimmer!

Redakteur:
Rouven Dorn

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