SCAR SYMMETRY: Interview mit Henrik Ohlsson
01.11.2006 | 00:00Ob "Pitch Black Progress" nun das beste Album des Jahres ist, wie es die vor den Konzerthallen des Landes verteilten Teaser-CDs behaupteten, mag jeder für sich selbst entscheiden. Fakt ist, dass SCAR SYMMETRY mit ihrer spannenden Mischung aus schwedischem Death Metal und fast schon poppigen Melodien einen echten Blitzstart hingelegt und sich entgegen meinen Befürchtungen auch als gute Live-Band erwiesen haben. Vor dem Auftritt in Berlin im Rahmen der Tour mit COMMUNIC treffe ich Schlagzeuger Henrik Ohlsson zum Gespräch, der sich erstaunlich bodenständig und bescheiden gibt - fünfzehn Jahre im musikalischen Untergrund machen einen eben doch ziemlich gelassen.
Elke:
Die meisten SCAR SYMMETRY-Mitglieder waren zuvor bereits in anderen Bands aktiv - euer Sänger Christian Älvestam beispielsweise leiht derzeit ungefähr fünf weiteren Combos seine Stimme. Warum dachtet ihr, dass die Musikwelt eine weitere Gruppe namens SCAR SYMMETRY braucht?
Henrik:
Im Grunde haben wir die Band gegründet, um gemeinsam Musik zu machen - es war also weniger die Frage, ob wir eine weitere Band brauchen oder nicht. Wir mochten einander und schätzten uns als Musiker. Es fing damit an, dass ich mit einer anderen Band (PARADIGM SHIFT) im Studio unseres Gitarristen Jonas Kjellgren aufnahm und er mich anquatschte, ob ich nicht Lust hätte, zusammen Musik zu machen. Ich schlug vor, dass wir Per Nilsson, der ebenfalls zu meiner anderen Band gehört, als zweiten Gitarristen verpflichten, und Jonas schleppte seinen Freund Kenneth Seil für die Position am Bass an. Wir riefen dann schließlich Christian an, der ebenfalls bereits in Jonas' Studio aufgenommen hatte, und fragten ihn, ob er unser Sänger werden wollte, und als er zusagte, waren wir komplett. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.
Elke:
Es überrascht mich, dass Christian sich offenbar noch nicht ausgelastet fühlte. Einer meiner Kollegen fragte scherzhaft, ob er gelegentlich durcheinander komme bei den vielen Bands, in denen er mitwirkt.
Henrik:
(lacht) Nein, er hat alles unter Kontrolle.
Elke:
Wer kam auf den Namen SCAR SYMMETRY?
Henrik:
Das war ich. Ich bin der Lyriker bei uns, daher war es nur natürlich, dass ich auch den Namen aufbrachte.
Elke:
Ich finde es recht ungewöhnlich, dass du als Schlagzeuger die Texte schreibst.
Henrik:
Mag sein, dass es das ist, aber ich habe in meinen anderen Bands auch schon immer die Texte geschrieben. Für mich ist es daher nicht befremdlich, aber möglicherweise für andere.
Elke:
Hat SCAR SYMMETRY im Moment für alle von euch höchste Priorität?
Henrik:
Wir sind mit unseren anderen Bands nicht sonderlich beschäftigt. SCAR SYMMETRY genießt einen erstaunlichen Erfolg, zumindest für unsere Verhältnisse, denn wir sind seit 15 Jahren oder so musikalisch aktiv, aber erfuhren noch nie zuvor so viel Aufmerksamkeit. Wenn bei den anderen Bands etwas ansteht, kümmern wir uns natürlich darum, und im Moment sind wir eben mit SCAR SYMMETRY auf Tour. Wir versuchen, das alles unter einen Hut zu kriegen.
Elke:
Soweit ich weiß, habt ihr euren ersten Vertrag mit Cold Records unglaublich schnell unterschreiben können.
Henrik:
Das ging wirklich sehr fix, wobei das auf alles zutrifft, was wir während unserer kurzen Karriere mit SCAR SYMMETRY erlebt haben. Cold Records nahmen uns unter Vertrag, nachdem wir nur einen einzigen Song geschrieben hatten, weil sie uns von unseren anderen Bands her kannten und daher bereits Interesse an uns hatten, bevor sie überhaupt unsere Musik hörten.
Elke:
Stand jemanls zur Diskussion, das Ganze nur auf Projektbasis laufen zu lassen?
Henrik:
Wir hatten eigentlich von Anfang an überhaupt nichts geplant. Wir kamen zusammen, nahmen einen Song auf, bekamen den Vertrag, nahmen ein Album auf, dann noch eins, gingen dann auf Tour... Wir nehmen die Dinge, wie sie kommen. Noch nicht einmal unser Sound war im Vorfeld geplant (lacht).
Elke:
Nuclear Blast haben angeblich eine ziemliche Summe über den Tisch geschoben, um euch von Cold Records loszukaufen. Warum denkst du, dass ihr ihnen so viel wert seid?
Henrik:
Ich denke, am Ende werden wir dafür gerade stehen müssen (lacht), denn man muss sich als Band für ein Label immer bezahlt machen. Ich nehme an, sie glauben an uns, und wir haben von Anfang an gemerkt, dass sie uns wirklich unterstützen, weil sie denken, dass unsere Musik ein gewisses Potential hat.
Elke:
Ich kann mich noch gut an diese Teaser-CDs zum "Pitch Black Progress"-Album erinnern, auf denen großspurig verkündet wurde: "Probably the best album of the year!".
Henrik:
Oh ja, das war für uns ziemlich peinlich, als wir auf unsere erste Tour gingen und die Dinger überall im Bus herumflogen. Die anderen Bands sahen diese CDs und fragten: "Warum ist ausgerechnet deren Album das beste des Jahres? Was ist mit unserem?" Aber es ist cool, dass Leute so etwas über uns schreiben.
Elke:
Gibt es denn Menschen, die der Meinung sind, dass es tatsächlich das beste Album des Jahres ist?
Henrik:
Keine Ahnung. Für manche mag es das beste Album des Jahres sein, für andere vielleicht das schlechteste.
Elke:
Ich denke, das hervorstechendste an eurer Musik ist Christians Gesang, der ein ziemliches Spektrum von sehr hart bis sehr melodisch abdeckt. Trotzdem gibt es auf "Pitch Black Progress" auch einen Song, wo er nur Growls verwendet. Warum das, nur so zur Abwechslung?
Henrik:
Wir versuchen immer, eine Balance zwischen dem Death-Metal- und dem klaren Gesang zu bewahren, denn das ist einer der wichtigsten Bestandteile unseres Sounds. Wie ich schon sagte, planen wir nie im Voraus, und sollten wir jemals einen sehr melodischen Song schreiben, werden wir genauso nur klaren Gesang verwenden, wenn er besser dazu passt.
Elke:
Ich kenne euer Debüt "Symmetric In Design" leider bisher noch nicht. Inwieweit unterscheidet es sich von dem Nachfolger?
Henrik:
Ich denke, "Pitch Black Progress" fällt etwas experimenteller aus. Wir haben sowohl musikalisch als auch vom Gesang her ein paar neue Elemente ausprobiert sowie ein wenig mit den Songstrukturen experimentiert. "Symmetric In Design" war vergleichsweise gradliniger.
Elke:
Ich hatte anfangs meine Zweifel, ob Christian diese extremen Gesangsunterschiede live hinbekommen würde. Nach meinen bisherigen Erfahrungen lautet die Antwort sowohl "ja" als auch "nein". Auf dem Summer Breeze fand ich ihn exzellent, auf dem ProgPower schien er jedoch leichte Schwierigkeiten zu haben. Was davon ist denn die Norm?
Henrik:
Ich muss zugeben, dass ich von seinem Gesang in der Regel nicht viel mitbekomme, weil ich selbst auf der Bühne den Clicktrack im Ohr habe, aber wenn ich die Reaktionen des Publikums als Referenz nehme, ist er wohl meistens so gut wie auf dem Summer Breeze. Keine Ahnung, warum es auf dem ProgPower nicht so gut lief. Vielleicht brauchte er einfach einige Shows, um in Form zu kommen.
Elke:
Warum wurdet ihr überhaupt auf das ProgPower eingeladen? So progressiv ist euer Sound ja eigentlich nicht.
Henrik:
Wir wurden einfach gefragt und haben nie wirklich darüber nachgedacht, dass wir nicht unbedingt eine progressive Band sind. Ich denke, es ist gut, auf einem Festival wie diesem auch einige gradlinigere Bands zu haben, weil es das Ganze etwas auflockert. Von daher haben wir meiner Meinung nach ganz gut da reingepasst.
Elke:
Davor wart ihr auf der Neckbreaker's Ball Tour mit HYPOCRISY und anderen, eher härteren Bands. Habt ihr dort ein anderes Set gespielt als beispielsweise vor einem Prog-Publikum?
Henrik:
Wir behalten das Set normalerweise eine Weile bei und ändern es auch dann nur geringfügig. Aber wir machen das nicht von den Bands abhängig, mit denen wir spielen, sondern vielmehr davon, ob wir einen Song gerade etwas über haben und lieber mal einen anderen spielen würden.
Elke:
Ein Kollege von mir hat 'The Kaleidoscopic God' bisher schmerzlich vermisst. Habt ihr das jemals gespielt?
Henrik:
Nein, der war bisher einfach zu schwer für uns (lacht).
Elke:
Im Moment seid ihr mit COMMUNIC auf Tour, die ebenfalls auf dem ProgPower aufgetreten sind. Wie läuft es bisher?
Henrik:
Sehr gut! Die Jungs von COMMUNIC sind fantastische Leute und wir haben einen riesen Spaß in unserem Heavy-Metal-Bus, mit dem wir unterwegs sind. Er hat vorne einen großen Totenkopf, hast du den gesehen?
Elke:
Den Totenkopf nicht, aber das Gefährt stand ja die ganzen drei Tage vor der Halle des ProgPower-Festivals und sah ehrlich gesagt wenig vertrauenserweckend aus.
Henrik:
Ja, es ist ein sehr ungewöhnlicher Bus, aber gerade deswegen sehr Metal (lacht)! So muss ein Heavy-Metal-Bus aussehen.
Elke:
Wie groß sind die Hallen, in denen ihr bisher aufgetreten seid?
Henrik:
Das Z7 in der Schweiz war ziemlich groß, aber die meistens treten wir eher in kleinen Clubs auf. Auf vier Shows in kleineren Hallen kommt vielleicht eine in einer etwas größeren.
Elke:
Ihr wart in letzter Zeit recht viel unterwegs. Habt ihr immer noch eure regulären Jobs?
Henrik:
Ja, und die brauchen wir auch, weil wir mit SCAR SYMMETRY noch kein Geld verdienen. Bisher lässt sich das miteinander vereinbaren, aber wir hoffen natürlich, dass wir eines Tages von der Musik leben können.
Elke:
Die letzten beiden Alben sind ungefähr im Abstand von einem Jahr erschienen. Gibt es bereits Pläne für das dritte Werk?
Henrik:
Wir wollten es eigentlich im November dieses Jahres aufnehmen, aber Nuclear Blast bestanden darauf, dass wir damit noch ein wenig warten, um "Pitch Black Progress" länger bewerben zu können. Ich denke, wir gehen nächstes Jahr im Spätsommer/Frühherbst im Studio. Wir haben schon etliche Songs in der Schublade.
Elke:
Könnt ihr bereits absehen, wie die neuen Sachen klingen werden?
Henrik:
Das ist schwer zu sagen, aber ich denke, wir werden uns weiterhin um eine Balance zwischen den melodischen und aggressiven Elementen bemühen.
Elke:
Was macht ihr nach dieser Tour?
Henrik:
Wir arbeiten weiter an neuen Songs, relaxen ein bisschen und beginnen dann mit den Proben für eine US-Tour im nächsten Jahr. Sie ist noch nicht 100%ig bestätigt, aber es sieht gut aus.
Elke:
Danke für deine Zeit. Möchtest du noch etwas loswerden?
Henrik:
Danke für deine Unterstützung. Es ist immer schön, ein paar Interviews auf Tour zu machen, weil sie die Wartezeit bis zum Auftritt vertreiben (lacht). Und natürlich vielen Dank an die Fans, die zu unseren Shows kommen und uns so abfeiern - es ist fantastisch, das zu sehen. Ohne die Fans ist eine Band nichts! Besucht uns auf unserer Webseite für die letzten Updates.
- Redakteur:
- Elke Huber