Studienergebnisse zu Funktionen von Musik, Persönlichkeit und Werten
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Liebe Leserinnen & Leser!
Vor knapp fünf Monaten haben wir Euch Diana Boers Studie zum Themenkomplex Musikhörverhalten, Werthaltungen, Identität und Persönlichkeit vorgestellt und zur Mithilfe eingeladen. Nach einigen Tagungen in Fachkreisen kann Diana nun auch uns eine kleine Zusammenfassung der Ergebnisse zur deutschsprachigen Probandengruppe präsentieren:
"Zuerst möchte ich meinen Dank an
alle aussprechen, die an der Studie teilgenommen haben. Ein Großteil der
Teilnehmenden sind Powermetal.de-Leser.
Insgesamt haben 368
Deutschsprachige (298 aus Deutschland, 13 aus Österreich, 5 aus der Schweiz, und jeweils eine Person aus Australien, Belgien und Spanien) teilgenommen. Die
Mehrzahl der Teilnehmenden (77%) war männlich. Das Alter der Teilnehmenden war von
14 bis 61 Jahre (Durchschnittsalter = 24). Im Durchschnitt wurde Rock und Metal Musik am meisten präferiert; Techno und R&B wurde am wenigsten gemocht."
Rangfolge der erhobenen Musikstile innerhalb dieser Probanden:
Rock
Metal
Punk
Indie
Jazz
Folk
Klassik
Gothic
Hardcore
Funk
College Punk
Country
Pop
Elektro
Dub
World Music
Emo
Gospel
New Age
Hip Hop
R & B
Techno
"Die Studie hatte zum Ziel, drei Fragen zu beantworten:
1.
Wie lassen sich die Umgangsweisen und Erlebnisse mit Musik zusammenfassen, bzw. was sind die zugrunde liegenden Funktionen von Musik?
2.
Hängen die genutzten Funktionen von Musik mit persönlichen Charakteristiken (gemessen durch psychologische Variablen wie Emotionen, Identifikation oder Persönlichkeit) zusammen?
3.
Welche Funktionen erfüllen bestimmte Musikstile?
Um die erste Frage zu beantworten, habe ich eine so genannte Faktorenanalyse durchgeführt, die im Prinzip alle Aussagen statistisch miteinander vergleicht und ähnlichen Aussagen zusammenfasst. Die erhobenen Umgangsweisen und Erlebnisse lassen sich wie folgt in vier Funktionen von Musik kategorisieren:
Identitätsausdruck:
Musik wird benutzt, um das Selbst auszudrücken. Es werden verschiedene Elemente der eigenen Identität reflektiert, wie zum Beispiel die eigenen Werte, Denkweisen, Gruppenidentität, wie Subkultur auszudrücken.
Soziale Bindung & gemeinsame Erinnerungen:
Musikalische Aktivitäten sind ein Mittel des Zusammenhalts zwischen Freunden, und durch gemeinsames Musikhören werden Erinnerungen an gemeinsam erlebte Ereignisse oder Lebensabschnitte geweckt. Es scheint, als sei die soziale Bindung durch Musik ein langfristiger Prozess, in dem gemeinsame musikbezogene Aktivitäten erlebt und im Gedächtnis gespeichert werden. Dadurch kann Musik zu einem langfristigen Element zwischenmenschlicher Beziehungen werden.
Emotionale Regulierung:
Musik wird aktiv eingesetzt, um den geistigen Zustand und die Gefühlswelt zu regulieren. Zum Beispiel wir Musik benutzt, um sich besser konzentrieren zu können oder um energiegeladener zu werden. Emotionale Elemente der Musik werden geschätzt, sodass Musik Trost spenden kann, wenn es einem nicht gut geht.
Hintergrund & Unterhaltung:
Man lässt Musik gern im Hintergrund laufen wenn man mit irgendetwas anderem beschäftigt ist, oder wenn man mit Freunden abhängt. Außerdem wir Musik zur puren Unterhaltung benutzt und – ganz klar - um Tanzen zu können.
Insgesamt nutzten die Befragten alle vier Funktionen gleichstark.
Nun kommen wir zur zweiten Frage,
ob die eben genannten vier Funktionen von Musik mit persönlichen Charakteristiken zusammenhängen. Um die Frage zu beantworten, habe ich mir die Korrelationen zwischen den genutzten Funktionen von Musik mit psychologischen Variablen (Emotionen, Persönlichkeit und Wertorientierungen) angeschaut. Der Effekt von Alter und Geschlechtzugehörigkeit wurde dabei statistisch rausgerechnet.
Je mehr jemand Verständnis, Toleranz, und die Umwelt wertschätzt, sich für das Wohlergehen anderer einsetzt, und sich als einzigartiges Individuum identifiziert, desto stärker wird Musik zum Identitätsausdruck genutzt (und umgekehrt).
Je stärker man sich mit seinen Freunden identifiziert, man sich um deren Wohlergehen sorgt und je extravertierter jemand ist, desto stärker wird Musik zur Sozialen Bindung & für gemeinsame Erinnerungen genutzt (und umgekehrt).
Je stärker Musik zur Emotionalen Regulierung genutzt wird, desto mehr positive Emotionen hat man und desto stabiler ist die Gefühlswelt (und umgekehrt).
Je mehr man eigenständiges Denken und Kreativität wertschätzt, und je mehr positive Gefühle man hat, desto öfter wird Musik im Hintergrund & zur Unterhaltung genutzt (und umgekehrt).
Achtung,
über kausale Zusammenhänge kann nur spekuliert werden – Korrelationen lassen keine kausalen Interpretationen zu.
Ich weiß, dass die Ergebnisse nach allgemein bekannten Erkenntnissen und nicht wirklich neu klingen, jedoch gibt es hierzu leider noch nicht viel psychologische Forschung.
Das Spannende ist, dass ich die eben präsentierten Ergebnisse nicht nur in Deutschland, sondern auch in zwei weiteren Kontinenten gefunden habe (im spanischsprachigen Latein- & Südamerika und im englischsprachigen Ozeanien). D.h., Leute aus verschiedenen Kulturen, die ähnliche Funktionen von Musik nutzen, sind sich relativ ähnlich in ihren Persönlichkeiten und Werten.
Kommen wir zur letzten Frage,
die sich damit befasst, welche Funktionen bestimmte Musikstile für die Teilnehmenden dieser Studie erfüllen. Dabei konzentriere ich mich auf einige wenige Musikstile.
Metal-Musik
erfüllt vor allem die Funktionen der Emotionalen Regulierung, des Identitätsausdrucks, und der Hintergrundkulisse & zur Unterhaltung.
Klassische Musik
dient zum Identitätsausdruck.
Jazz
geht gar nicht im Hintergrund & zur Unterhaltung.
Pop, HipHop und Elektro
gehen gar nicht zur Emotionalen Regulierung, und ebenso wenig als Hintergrundmusik für die Befragten.
Jedoch hängen diese Ergebnisse stark von der Stichprobe ab:
Eine HipHop-Fan-Stichprobe wäre sicherlich anderer Meinung."
Powermetal.de dankt Diana Boer für die freundliche Zusammenfassung ihrer Ergebnisse!
Für eine weitere Studie werden abermals Teilnehmer gesucht. Interessenten klicken bitte hier.
- Quelle:
- Diana Boer
- Redakteur:
- Eike Schmitz
- Tags:
- studie musikverhalten unterhaltung regulierung kultur musik psychologie werthaltungen werte werthaltung verhalten persnlichkeit persoenlichkeit diana boer identifikation emotion bindung funktion ergebnisse ausdruck kulturen 2008
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