ÜEBERMUTTER - Unheil
Mehr über Üebermutter
- Genre:
- Modern Rock
- Label:
- Roadrunner Records
- Release:
- 04.04.2008
- Mäedchen Teil zwo
- Mutterherz
- Heim und Herd
- Am Anfang war das Weib
- Wein' mir ein Meer
- Brenne!
- Gebäermaschine
- Liebe ist Schmerz
- Krieg!
- Ruhe sanft
- Unheil!
Auweia, wenn da mal nicht einzelne Vorurteile vorprogrammiert sind. Bei ÜEBERMUTTER ist nämlich nicht nur der Name außergewöhnlich, sondern auch der eigenartige Werdegang der Fronterin Luci van Org. Die nämlich penetrierte vor gut anderthalb Dekaden die Popwelt mit ihrem Duo-Projekt LUCILECTRIC und dem nervigen Radiostammgast 'Weil ich ein Mädchen bin'. Na, klingelt's? Und ausgerechnet diese Dame versucht sich nun nach jahrelanger Abstinenz in der Musikszene erstmals mit einer Rockband. Ob das wirklich gutgehen kann?
Nun, ob man's jetzt glaubt oder nicht: Es kann. Denn das, was die schräge Sängerin auf dem Debüt ihrer frisch gegründeten Kapelle ÜEBERMUTTER präsentiert, ist mitunter wirklich anständig, vor allem aber innovativ. Man stelle sich vor, IN EXTREMO würden ihre Folk-Anteile nahezu voll einblenden, das Rhythmus-Gerüst von SUBWAY TO SALLY verhaften und dabei ausschließlich rockige, bratende Gitarren einführen, und schon bekommt man die instrumentale Basis des ÜEBERMUTTER-Sounds geboten. Dazu gesellt sich nun beim vollwertigen Produkt eine recht eigenwillige Stimme, die man irgendwo im Bereich von Nina Hagen ansiedeln kann, was an dieser Stelle aber durchaus als Kompliment aufgegriffen werden kann. Luci singt nämlich in manchen Songs mit Emotionen, die einen sehr weit reichenden Stimmschatz erfordern - und den weist die selbst ernannte Übermutter im überraschend facettenreichen Material von "Unheil" auch zweifellos auf.
Das Material der neuen Scheibe bleibt allerdings trotzdem gewöhnungsbedürftig, zumal es auch zwischenzeitlich mit Inhalten der NDH-Szene kokettiert. Zumindest die stampfenden Grooves entstammen dem gedanklichen Fundus solcher Bands wie RAMMSTEIN und vor allem OOMPH!, wobei ÜEBERMUTTER allerdings viel wärmer und organischer vorgehen. Statt brachialer Gewalt setzt es einige schwungvolle, rockende Gitarren-Salven, die auch in den bombastischeren Nummern am Schluss nicht ihre Wirkung verfehlen. Diese Vermischung klingt unkonventionell und ist dies auch, selbst wenn eine gewisse Homogenität in allen Tracks gewährleistet ist. Jedoch birgt die Platte in den elf Songs häufig Überrachungen wie zum Beispiel das semiballadeske 'Wein' mir ein Meer' oder das symphonische 'Ruhe sanft', die man im stimmigen Crossover sicherlich nicht vermutet hätte. Aber solche Momente machen "Unheil" eigentlich auch erst so richtig reizvoll.
Was man der Band lediglich ankreiden muss, ist die Tatsache, dass man sich in der Tat so manches Arrangement bei SUBWAY TO SALLY und OOMPH! geliehen hat. In Nummern wie 'Brenne!' oder 'Am Anfang war das Weib' sind die Parallelen nämlich überdeutlich und der inspirative Vater nicht von der Hand zu weisen. Doch ehrlich gesagt macht das auch nichts, denn was die allgemeine Ästhetik und Ausstrahlung der Songs von Luci und ihrer Unheilsarmee betrifft, bleiben ÜEBERMUTTER definitiv eine sehr eigenständige Band.
Ganz egal also, ob man Miss van Org ihren musikalischen Sinneswandel abkauft: "Unheil" ist ein durchweg gelungenes, teils auch sehr innovatives Album, welches sicherlich die Gemüter spalten wird, aufgrund seiner vielen guten Ideen aber Akzeptanz auf breiter Ebene verdient hat - und das auch ohne das nervige Namedropping!
Anspieltipps: Ruhe sanft, Gebäermaschine, Mutterherz
- Redakteur:
- Björn Backes