36 CRAZYFISTS - Time And Trauma
Mehr über 36 Crazyfists
- Genre:
- Emo / Hardcore / Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Spinefarm Records
- Release:
- 20.02.2015
- Vanish
- 11.24.11
- Sorrow Sings
- Lightless
- Time And Trauma
- Also Am I
- Translator
- Silencer
- Silvers
- Swing The Noose
- Gathering Bones
- Marrow
Eine eben doch einzigartige Band in Topform!
Zwanzig Jahre 36 CRAZYFISTS – und die bekannteste Metalformation Alaskas zeigt sich auf ihrem sechsten Album in bestechender Verfassung! Mit "Time And Trauma" gibt sich der Vierer beeindruckend entschlossen und kraftvoll, nachdem der Vorgänger doch unverkennbare Anzeichen von Ermüdung aufwies. Auf ihrem 2015er Output hingegen schlagen die verrückten Fäusteschwinger gekonnt die Brücke vom ungeschliffen rohen Debüt "Bitterness The Star" zum resignierten, lebensmüden "Collisions And Castaways", und präsentieren ihren ganz eigenen Mix aus Metal, Emo und Hardcore so frisch wie seit etlichen Jahren nicht mehr.
Dabei fällt ausgerechnet der Opener ungewohnt langsam und schwermütig aus: Bislang wurden 36 CRAZYFISTS-Alben zumeist von ungebremsten Metalboliden eröffnet – 'Vanish' hingegen drückt wie bleibehangen als verbitterte Lebenserkenntnis aus den Boxen, mit schleppenden Rhythmen, malmenden Riffs und erschütterndem Geschrei. Und doch: Wir hören hier eine letztlich einzigartige Band in Bestform, ihre vom rauen Leben gezeichnete und den kargen Weiten der Nordländer geprägte Musik. '11.24.11.' im Anschluss fällt hingegen so ungezügelt wild aus, wie dies im Hause 36CF seit dem Erstling nicht mehr vernehmbar war: Ein fieses kleines Miststück, das unkontrollierten Gewaltausbrüchen wie jenen vom Debütalbum in nichts nachsteht. Oft klingen die Versuche von Musikern, zu ihren rauen Wurzeln zurückzukehren allzu bemüht – den 36 CRAZYFISTS gelingt mit dieser ganz natürlich wirkenden Rückbesinnung hingegen ein kleines Kunststück. 'Sorrow Sings' zeigt wiederum exemplarisch die klassischen Trademarks der Amerikaner auf: Emotionale Härte, gekocht auf einer lodernden Post-Hardcore-Flamme, gewürzt mit einer Prise Alternative Metal à la DEFTONES. Die eingängige Schlagzeug- und Gitarrenarbeit erinnert an das bandeigene Meisterstück "The Tide And Its Takers" aus dem Jahr 2007, allerdings fällt die Grundstimmung auf "Time And Trauma" komplett gegenteilig aus, viel melancholischer und nachdenklicher nämlich. Wenn der Titeltrack anschließend wieder in den schleppenden Groove des Openers verfällt, zeigt sich die Truppe nochmal von einer etwas ungewohnten Seite, vor allem aber weiterhin entschlossen und unwiderstehlich kraftvoll.
Der bewährte, aber verglichen mit dem etwas müden Vorgänger deutlich dynamischere Mix wird auch in der zweiten Albumhälfte beibehalten, ja erfährt sogar nochmal eine deutliche Steigerung: Bares Erstaunen bei 'Also Am I', als fieses Hardcore-Gedresche von einem entwaffnend einnehmenden Ohrwurm-Refrain abgelöst wird und die Stahlsaiter zwischendurch klassisch schwermetallisch solieren. Schwelgerisches Träumen in der tiefstehenden Wintersonne bei 'Translator'. Schweißtreibende Moshattacken mit 'Silencer'. Raue Eingängigkeit und unwiderstehliche Grooves, Ohrwurm-Riffs und ein Brock Lindow in Bestform am Mic bei 'Silvers'. Ja, "Time And Trauma" hat praktisch keinen Ausfall zu verzeichnen. Und selbst die bei den 36 CRAZYFISTS gelegentlich etwas haarige Gratwanderung zwischen ergreifenden Emotionen und plattem Kitsch gelingt auf dem aktuellen Album anstandslos: 'Marrow', der schwermütige Abschluss, erschüttert mit weiblichem Gastgesang und einer abgrundtiefen Traurigkeit bis ins Mark! Eine der schönsten, rührendsten modernen Rock-Balladen die mir bislang untergekommen sind.
Trotz einer nicht zu leugnenden Eingängigkeit, klangen sie schon immer erwachsen und bewegten sich fern von Belanglosigkeiten und Anbiederungen an aktuelle Trends – und auch 2015 ziehen die 36 CRAZYFISTS ihr Ding durch, allerdings gereifter und mit einer Entschlossenheit, die so nicht zu erwarten war. "Time And Trauma" fehlen nur Nuancen zu einem echten Spitzenalbum; in der Banddiskographie schließt das Album auf alle Fälle zum bisherigen Spitzenreiter "The Tide And Its Takers" auf, der den ersten Platz gerade so aufgrund eines etwas stringenteren Spannungsverlaufs behauptet. Dennoch: Für mich ist "Time And Trauma" ein ernstzunehmender Anwärter auf das Siegertreppchen am Jahresende!
Anspieltipps: Vanish, Also Am I, Silvers, Marrow
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Timon Krause