A FOREST OF STARS - Beware The Sword You Cannot See
Mehr über A Forest Of Stars
- Genre:
- Avantgarde / Extreme Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Prophecy Productions
- Release:
- 27.02.2015
- Drawing Down The Rain
- Hive Mindless
- A Blaze Of Hammers
- Virtus Sola Invicta
- Proboscis Master Versus The Powdered Seraphs
- Pawn On The Universal Chessboard Part 1: Mindslide
- Pawn On The Universal Chessboard Part 2: Have You Got A Light, Boy?
- Pawn On The Universal Chessboard Part 3: Perdurabo
- Pawn On The Universal Chessboard Part 4: An Automation Adrift
- Pawn On The Universal Chessboard Part 5: Lowly Worm
- Pawn On The Universal Chessboard Part 6: Let There Be No Light
Eine Entdeckungsreise mit einer Bruderschaft aus dem England der 1890er Jahre.
Die Rolle der mysteriösen Bruderschaft im viktorianischen England spielen die sieben Musiker auf ihrem vierten Album erneut überzeugend. Der GENTLEMEN'S CLUB OF A FOREST OF STARS, wie sich die Band mit vollständigem Namen nennt und dem auch eine Frau angehört, steht nämlich nicht nur für ausgefallene, originelle Musik. Das Konzept, das sich um Bandname, Texte und visuelle Präsentation rankt, wird im Zeitkontext weitergesponnen (inzwischen ist man im Jahre 1895 angelangt), allerdings thematisch aus einem anderen Blickwinkel als auf dem letzten Werk "A Shadowplay For Yesterdays" aus dem Jahre 2012. Das Abgründige in den Lyrics wird laut Bandinfo philosophischer, ins Metaphysische tendierend, verpackt.
Bereits dem Vorgänger wurde es (nicht nur durch die folkigen Elemente) nur teilweise gerecht, diesen als Black-Metal-Album zu bezeichnen, da auf dieser Scheibe ebenfalls schon gängige Genregrenzen ausgelotet und auch überschritten wurden. Doch nun greift eine solche Kategorisierung gänzlich zu kurz. Es ist ein vielfältiges musikalisches Treiben, das nicht nur die Extreme ausreizt, sondern auch extrem vielen Zwischentönen Platz einräumt. Da sind u.a. Ausflüge zum Folk Metal, Prog Rock und Ambient dabei. Dieser enormen Bandbreite und dem avantgardistischen Ansatz zum Trotz, schaffen es die Protagonisten ihre Songs durchgehend schlüssig und flüssig zu gestalten, während "A Shadowplay..." auch die eine oder andere etwas verworrenere, kantigere und somit schwer zugängliche Sequenz hatte. Auf "Beware The Sword You Cannot See" gibt es kaum sperrige Passagen oder Songstrukturen, die harmonische Eingängigkeit, die dichte, nicht selten gespenstische Atmosphäre, aber auch die unerbittliche Rohheit der Musik, die stellenweise zum Tragen kommt, ermöglichen ein tiefes Eintauchen in den Klangkosmos von A FOREST OF STARS und können den Hörer komplett gefangen nehmen.
Es sind Songs, die einem ständigen Wechselspiel der Gefühle unterliegen, voller Energie und zugleich Fragilität und in eine beeindruckende Atmosphäre gepackt. Auch der manchmal etwas eigenwillige männliche Gesang (z.B. die weinerlich-leidende Sequenz bei 'Drawing Down The Rain') fügt sich logisch ein, eine gängige Standard-Darbietung würde hier gar nicht passen. Dennoch ist der männliche Gesangspart (der sich auf zwei Schultern verteilt) um einiges variabler als zuletzt. Hinzu kommt ein deutlich größerer Anteil des wunderbaren Frauengesangs, der für einen klassischen Gegenpol und somit eine weitere Facette im Gesamtsound sorgt. Zudem ergänzen Violine, Flöte, Percussion die herkömmliche Instrumentierung, was in ein spannendes Zusammenspiel der verschiedenen Instrumente mündet. Bei A FOREST OF STARS handelt es sich um eine einzigartige, unkonventionell musizierende Band, die sich und dem Hörer mit diesem Album auch abseits des Extrem-Metals neue Horizonte eröffnet.
So hat der großartige, fast 10-minütige Opener 'Drawing Down The Rain' auch einige Black-Metal-Passagen zu bieten, doch je länger das Album dauert, desto sporadischer werden diese eingestreut. Bei 'Hive Mindless' geht es nach flottem Auftakt sehr getragen-atmosphärisch zu, während ein rockiger Orgel-Part für zwischenzeitliche Auflockerung sorgt. 'A Blaze Of Hammers' kommt vor allem dank schauriger Keyboard- und Gitarrenklänge in düstererem Grundton daher, mündet dann aber immer wieder in treibendes Riffing. 'Virtus Sola Invicta' hat nur zu Beginn wild-rabiates Riffing zu bieten, danach entwickelt sich die Nummer in eine ruhige Richtung, jedoch dennoch vielschichtig inszeniert und mit teils hypnotischem Einschlag. Das ist alles ziemlich weit weg vom "typischen" Black Metal, auch weil generell sehr häufig und eindrücklich die Violinen- und Flötentöne zur Geltung kommen. Dann weist am ehesten noch der mal weinerliche, mal röchelnde, mal garstige Gesang Parallelen zum Schwarzmetall auf.
Der zweite Teil des Albums besteht aus einem sechsteiligen Stück, das sich dem Titel nach mit einer Analogie zum sprichwörtlichen Bauern auf dem Schachbrett befasst. Hin und wieder sphärisch und mit zartem Frauengesang die Klangwelt von A FOREST OF STARS in Richtung Ambient erweiternd, aber auch mit einer ordentlichen Portion opulentem Bombast glänzend, zeigt diese mehr thematisch als musikalisch zusammenhängende Nummer einmal mehr, dass es für die Band keine Grenzen gibt und kein Song auch nur ansatzweise wie der andere klingt. Es kann verstörend, hypnotisch, harmonisch, rabiat oder kakophonisch zugehen - das alles bekommt die Band unter einen Hut, ohne dass es auch nur ansatzweise aufgesetzt oder "gewollt" klingt. Eine beeindruckende Leistung.
Erwähnt sei auch noch das fantastische, animierte Video zu 'Drawing Down The Rain', das in die Fußstapfen des ebenfalls beeindruckenden Clips zu 'Gatherer Of The Pure' vom Vorgängeralbum tritt, wenn auch mit völlig anderem ästhetischem Konzept und künstlerischer Umsetzung.
"Beware The Sword..." ist eine deutliche, in dieser Form und Intensität kaum für möglich gehaltene Steigerung gegenüber dem vorigen Werk, zumindest sofern man den geringeren Anteil an harschem Black Metal nicht bedauert. Und es ist etwas wirklich Einzigartiges im derzeitigen Metalzirkus. Deshalb, und weil sich die Faszination mit jedem der inzwischen sehr zahlreichen Hördurchläufe immer noch einen Tick steigerte, anstatt irgendwann auf hohem Niveau zu stagnieren, gibt es für dieses Meisterwerk die Höchstnote.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer