AARON, LEE - Radio On!
Mehr über Aaron, Lee
- Genre:
- Rock
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Metalville / Rough Trade
- Release:
- 23.07.2021
- Vampin'
- Soul Breaker
- Cmon
- Mama Don't Remember
- Radio On
- Soho Crawl
- Devil's Gold
- Russian Doll
- Great Big Love
- Wasted
- Had Me At Hello
- Twenty One
Gutes Album, dessen Potential nicht ausgeschöpft wurde.
Verkneifen wir uns die Bezeichnung "Metal Queen" für LEE AARON. Wer die kanadische Sängerin kennt, dürfte wissen, dass sie schon lange nicht mehr als weiblicher Conan 80er-Jahre-Metal macht, sondern sich mittlerweile im Dreieck aus Hardrock, AOR und Poprock bewegt und zwischenzeitlich auch mal Jazz gespielt hat. Ihr neues Album "Radio On!" begann als genau geplantes Projekt. An einem einzigen Wochenende, so die Promo-Information, schrieb sie mit ihrer Band das Material der Scheibe, die im März 2020 aufgenommen wurde. Doch dann tauchte ein nerviges Virus auf und warf die Planungen über den Haufen, aber jetzt steht "Radio On!" in den Startlöchern.
Herausgekommen ist ein angenehm melodisches und vielseitiges Album, das dem Hörer einiges von Heavy Rock ('Vampin'), über griffiges Mid-Tempo-Material (Titelstück) bis Balladen ('Wasted', 'Twenty One'), von übermütigem Partyrock ('Mama Don't Remember', 'Soho Crawl') bis zu schlanken, rhythmischen Nummern ('Russian Doll', 'Great Big Love') bietet, das zudem verschiedene Stimmungen verbreitet und sich textlich unterschiedlichen Themen widmet. Was mich nach dem Anhören von "Radio On!" etwas irritiert, ist, dass die Musik - und das meine ich überhaupt nicht abwertend - nichts Besonderes ist. Das Album ist gut gemacht, unterhaltsam und abwechslungsreich, von Lee Aaron mit angenehmer Stimme gesungen, und nicht ein einziges der zwölf Stücke ist schwach oder auch nur langweilig. Die Gitarrenriffs, die Schlagzeugarbeit und die Hintergrundchöre sind solide vorgetragen und vielseitig, aber nichts, was man nicht schon oft anderweitig gehört hätte. Hier gibt es Allerweltsrock, der keine ungewöhnlichen Melodien, fast keine überraschenden Arrangements und keine ungewöhnlichen Instrumente außer dezenten Streicherklängen in 'Twenty One' enthält. So bleibt die Frage: Was macht außer ihrer Stimme LEE AARON aus?
Ein großer Pluspunkt der Scheibe ist, dass man sich vorstellen kann, dass am Anfang aller Lieder darauf ein Stück Melodie und keine Arrangement-Mätzchen standen. Nur im späteren Stadium des Schreibens wurde offenkundig zu wenig Zeit auf das Arrangieren und Ausarbeiten der Songideen verwandt. Was eigentlich an Substanz in dem Album steckt, machen für mich vor allem drei Stücke aus: Da ist zum einen der rundum stimmige Gute-Laune-Rocker 'Mama Don't Remember' und dann die melancholische, anfangs akustische Ballade 'Wasted', in der sich der aufgestaute Schmerz schließlich in einem überraschend expressiven Finale entlädt. Und da ist 'Devil's Gold', ein stimmungsvolles, vom Bass getragenes Stück, das Lee Aaron mit zurückgenommener, aber dadurch nicht weniger ausdrucksstarker Stimme singt und das eines der wenigen wirklich guten Gitarrensoli enthält. Doch als die Nummer Fahrt aufnimmt, entpuppt sich dies bereits als Endspurt. 'Devil's Gold' hätte das Zeug zum Longtrack und Herzstück des Albums gehabt.
"Radio On!", das auch als LP erscheint, ist ein gefälliges und tadelloses Album, aber es gewinnt nicht so recht ein eigenes Gesicht.
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Stefan Kayser