ABIGOR - Totschläger (A Saintslayer's Songbook)
Mehr über Abigor
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- World Terror Committee
- Release:
- 08.12.2020
- Gomorrha Rising - Nightside Rebellion
- Silent Towers, Screaming Tombs
- Orkblut (Sieg oder Tod)
- The Saint Of Murder
- Scarlet Suite For The Devil
- La Plus Longue Nuit Du Diable - Guiding The Nameless
- Tartaros Tides
- Flood Of Wrath
- Terrorkommando Eligos
Ein Maßstäbe setzendes Opus.
Das (bisherige) Gesamtwerk der österreichischen Black-Metal-Größe ABIGOR bietet mit seinen unterschiedlichen musikalischen Phasen eine große Oberfläche für Fans und Kritiker. Auch die Band selbst hat das eigene Schaffen immer wieder hinterfragt und diese Selbstreflextion 2012 mit der Aufarbeitung ihres 1999er Albums "Channeling The Quintessence Of Satan" in Form der "Quintessence" gekrönt. Bereits die biografischen Fakten (und diskografische Meilensteine wie "Fractal Possession") sind ein starkes Indiz für die Wandlungsfähigkeit ABIGORs, die der musikalischen Qualität aber nur selten geschadet hat. Anno 2020 befindet sich das Trio in klassischer Besetzung mit T.T., P.K. und Silenius absolut im Soll: "Höllenzwang" ist knappe drei Jahre alt und "Totschläger (A Saintslayer's Songbook)" wirbelt zum Ende des Jahres so einigen Staub auf.
Dramatisch wie eine Opern-Overtüre beginnt das zwölfte Album der Band mit Klavier und Orchesterbesetzung. 'Gomorrha Rising - Nightside Rebellion' hat die schwierige Aufgabe, die Marschrichtung dieses Albums vorzugeben und dabei weder zu wenig noch zu viel preiszugeben. Die übereinander geschichteten Gitarren, deren bissige Melodien sezierend wie hymnisch daherkommen, sind ein absolutes Markenzeichen ABIGORs. Das Gift und Galle spuckende Organ von Silenius fügt sich da ebenso nahtlos ein wie die Rhythmuswechsel und das erbarmungslos prügelnde Schlagzeug Thomas Tannenbergers. Wie blutiger Zuckerguss werden die Keyboards und Chöre eingesetzt, um die Dramatik gleich im ersten Akt in schwindelerregende Höhen zu treiben.
Ist der Boden für die folgenden Taten bestellt, darf der geneigte Hörer die Früchte des Erkundens ernten: 'Silent Towers, Screaming Tombs' verbindet atmosphärisches Zwischenspiel mit brachialem Klang, wie es sonst nur NECROS CHRISTOS gelingt. 'Orkblut (Sieg oder Tod)' ist so voller kriegerischer Entschlossenheit, die mit der deutschen Sprache perfekt inszeniert wird. Mitsing-Chöre würde man bei ABIGOR eigentlich nicht vermuten, doch so faustreckend, episch und mächtig klingt eben auch keine andere Black-Metal-Band. Mit dem atmosphärischen 'La Plus Longue Nuit Du Diable - Guiding The Nameless', der unbarmherzigen Hochgeschwindigkeitsattacke 'Tartaros Tides' (mit genialen Gitarren-Referenzen an "Nachthymnen") oder dem alles in Schutt und Asche legenden 'Terrorkomando Eligos' ist die Reihe der absolute Highlights lang. Die hier nicht extra erwähnten Songs sind indes keine Lückenbüßer, das Album hält das hohe Niveau während der gesamten 51 Minuten.
Was auf keinen Fall ungenannt bleiben darf, ist die Produktion des Albums. Ein so kunstvoll geschaffenes Album kann nur zur Geltung kommen, wenn einerseits den Instrumenten der entsprechende Raum im Mix zur Verfügung gestellt wird und zum anderen die Zierelemente nicht so klingen wie von einem Kassettenrekorder in einer Unterwasserhöhle aufgenommen. Den Anspruch, bei noch so opulenten Klängen garstig, besessen und fulminant zu klingen, spürt man unentwegt. Hier fügt sich schlicht jedes Rädchen zum anderen, sodass das Werk in seiner Gesamtheit zur Geltung kommen kann.
Gerade in einem Genre, das so vielfältige Strömungen am Leben hält wie der Black Metal, haben sich die meisten Bands irgendwann spezialisiert und entwickeln mit jedem Album den Sound nur in homöopathischen Dosen weiter. Nicht so bei ABIGOR, wie eben auch "Totschläger" mehr als eindrucksvoll beweist. Bandvergleiche sparen wir uns an dieser Stelle, denn mit der Eigenständigkeit ABIGORs kann zurzeit kaum jemand mithalten. Versuchen wir uns an einer Einordnung: P.K. und seine Waffenbrüder transportieren den Pathos des symphonischen 90er Black Metals völlig kitsch- und ironiefrei. Mit der exzellenten Gitarrenarbeit spielt das neue Werk des Trios mit der Speerspitze des dissonant-flirrenden Frankreich-Sounds absolut auf Augenhöhe. Und, das wird den Musikern vermutlich am wichtigsten sein: Sie bleiben sich selbst in Bezug auf die Anfangstage treu. Das einzige, was dem "Totschläger" im Vergleich zum Frühwerk fehlt, ist der Schleier der Naivität. Dennoch gelang es den allerwenigsten Black-Metal-Bands (auch aus Norwegen), den Geist dieser Zeit so gekonnt ins hier und jetzt zu transportieren. Ein zukünftiger Klassiker. Ein perfektes Werk.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Nils Macher