ABORYM - Dirty
Mehr über Aborym
- Genre:
- Industrial Black Metal
- ∅-Note:
- 5.50
- Label:
- Agonia (Soulfood)
- Release:
- 28.05.2013
- Irreversible Crisis
- Across The Universe
- Dirty
- Bleedthrough
- Raped By Daddy
- I Don`t Know
- The Factory Of Death
- Helter Skelter Youth
- Face The Reptile
- The Day The Sun Stopped Shining
Tatsächlich nur halb so extrem, wie es sein will
Ich glaube, es war Attila Csihar, der über den ihn vom Bahnhof in Oslo abholenden Euronymous berichtete, dass dieser schnellen, harten Techno im Auto gehört habe. Black Metal und "rein" elektronische Sounds können anscheinend also gut miteinander koexistieren und die Symbiose aus selbigem ist uns von Bands wie ABIGOR oder BLACKLODGE nicht ganz unbekannt. Zumal neben den bestehenden trveness-Codes stets auch gerade der künstlerische Freigeist, die Grenzenlosigkeit im Genre propagiert wurde. Nun widmet sich also ABORYM der Elektronik. Mitte der 90er gegründet, bediente hier auch mal Set Taitan (WATAIN, DISSECTION) die sechs Saiten, man arbeitete ganz früher mal mit Faust, als dieser noch bei EMPEROR war, zusammen und auch der oben erwähnte Attila sang eine Weile bei den Italienern. Deren Stil wiederrum entwickelte sich immer weiter vom ursprünglichen Black Metal weg und die Band sieht die Bezeichnung heute auch nicht unbedingt gerne. Sei's drum, sei es Extreme Metal, dem man die schwarze Vergangenheit noch deutlich anhört: Immer noch ist das Feld in Sachen Electro/ Industrial Extreme Metal recht dünn besiedelt. So bleibt jedes Album auf diesem Gebiet ein Wagnis, welches man gewinnen oder verlieren kann.
Wie es um ABORYMs neuen Ausflug ins Reich der Elektronika bestellt ist, muss vor allem jeder selbst entscheiden, denn das hier ist und bleibt extreme Geschmacksache. Ich habe vom mehrmaligen Durchhören vor allem ein Gefühl der Unentschlossenheit mitgenommen. Nehme ich ein solches Werk auf, dann will ich zunächst mal entweder Avantgarde sein, oder Partymusik für morbide Kundschaft. Beides hat seine großen Namen, ich denke zum einen an die schon genannten ABIGOR, auf der anderen Seite an PAIN oder MARYLIN MANSON. Die Italiener hier wollen scheinbar einen Mittelweg gehen, was das Album von Anfang zwiespältig und irritierend macht. Das fängt schon im Opener 'Irreversible Crisis' an: Beginnt er noch mit recht typischem Norge-Black-Metal-Einschlag vs. gut gesetzte Synthies, schubst einen ein abruptes Break zum zweiten Drittel über die musikalische Kante ins eisige Disco-Wasser und eine hohe Stimme verkündet: „This World wants to... fuck you!“ Aha, hätt ich jetzt nicht gedacht, klare Ansage. Nun, ich lasse das Polemisieren und komme zum Problem: Hier fehlt die Homogenität oder das für mich spannende Element, was den Gegensatz an dieser Stelle berechtigt. Der Metal Anteil auf "Dirty" geht kompositorisch in Ordnung, wenn er auch nicht herausragend ist. Es wird auch nicht nur geschrien, 'I Don`t Know' z.B. hat Raum für etwas Klargesang. Jedoch die Symbiose mit den beigefügten elektronischen Elementen funktioniert ('Across The Universe', 'Factory Of Pain') und funktioniert mal nicht, was sich nicht in absolut schlechten Songs äußert, aber ein Gefühl der Unzufriedenheit, wie im Falle des beschriebenen Openers zurücklässt. Weder sind die elektronischen "Party"-Elemente mit gnadenlosen (Düster-)Hooks versehen, noch bietet die avantgardistische Seite die verwirrend-faszinierende Komplexität, wie ihr in moderner E-Musik gefrönt wird oder auch im Effektgewitter von Gruppen wie THE ALGORITHM anklingt. Stattdessen verharrt "Dirty" auf der Mitte und läuft schnell Gefahr zu ermüden und im negativen Sinne anstrengend zu klingen.
Interessierte sollten vor dem käuflichen Erwerb unbedingt probehören. Dann mag "Dirty" jedoch seine Liebhaber finden. Interessant wäre es auch gewesen, die zweite, mir leider nicht vorliegende, CD mit Coverversionen von u.a. MAIDENs 'Hallowed Be Thy Name' zu hören. Hätte vielleicht die Art der Ausdrucksweise aus anderer Perspektive gezeigt. Für das nächste Mal würde ich mir mehr Mut zum Extrem in jede Richtung wünschen, zu mehr Dynamik. Nunja, die Musik mag diskutabel sein – das scheinbar im Albumtitel implizierte, künstlerische Ziel jedoch haben ABIGOR sicher erreichen können: "Dirty" ist zutiefst nihilistisch, voller Zynismus, ein postmodernes, urbanes Trauma, eine Dystopie, welche ganz Schmutz ist.
- Note:
- 5.50
- Redakteur:
- Christian Schwarzer