AD INFINITUM - Abyss
Mehr über Ad Infinitum
- Genre:
- Modern Metal, Pop, Symphonic, Progressive
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Napalm Records
- Release:
- 10.10.2024
- My Halo
- Follow Me Down
- Outer Space
- Aftermath
- Euphoria
- Surrender
- Anthem For The Broken
- The One You´ll Hold On To
- Parasite
- Dead End
Berührend und spannend, mit moderner und stilistisch offener Ausrichtung.
Mit "Abyss" legt die Band um Sängerin Melissa Bonny ihr viertes Album vor. Ein berührendes, spannendes Werk, das aber sicher aufgrund der modernen und stilistisch offenen Ausrichtung in der Szene nicht unbedingt auf ungeteilte Gegenliebe stoßen wird. Bei mir jedoch schon, was mich tatsächlich etwas wundert, denn als Power- und True-Metal-Fan dürfte mir "Abyss" überhaupt nicht gefallen. Viel zu modern, zu viel Elektro-Pop, viel zu viel Effekte ... Aber: Ich liebe dieses Album!
War AD INFINITUM auf dem ersten Album noch sehr im symphonischen Fahrwasser von KAMELOT und Co. unterwegs, wuchs der Anteil an genrefremden Elementen von Album zu Album, so dass die Band zwischenzeitlich als "Modern Symphonic Metal"-Band vermarktet wurde. Und nun, in dem Promo-Schreiben zum neuen Werk, verzichten Band und Label ganz auf die Bezeichnung "Symphonic" und man beschränkt sich auf das Etikett "Modern Metal". Ein Grund, sich Sorgen zu machen? Mitnichten. War ich bei dem Hören von "Chapter III - Downfall" noch irritiert, ob der immer mal wieder eingeflochtenen musikalischen Eskapaden in Richtung Pop und Alternative Metal, so hat mich das neue Werk der Deutsch-Schweizerischen Band auf Anhieb gepackt. Wobei die Bezeichnung "Modern Metal" in die Irre führt - passender wäre meines Erachtens "Progressive Pop Metal".
Tatsächlich lässt sich das Album kaum noch mit einem Werk voll mit konventionellen Metal-Songs vergleichen, auch wenn der Ursprung der Stücke klar im Metal liegt, ist die Musik schwer zu fassen. Es gibt immer noch symphonische Anleihen an den alten Stil der Band, es ist nicht so, dass man sich komplett verändert hätte. Aber AD INFINITUM wird ihrem Bandnamen diesmal gerecht - es gibt keine Grenzen mehr. Man hört Einflüsse von Djent, Metalcore, Dance, elektronische Einsprengsel lassen die Lieder erstrahlen und über allem thronen wunderbare, eingägige Melodien. Immer wieder klingen die achtziger Jahre durch, und doch ist das alles topmodern und nie altbacken. Die Gitarren riffen metallisch, um im nächsten Moment ein funkiges Lick zu spielen, oder ertönen in Klängen, die mich mehr als einmal an die Mitachtziger/Anfang Neunziger-Alben von PETER GABRIEL erinnern, wie z.B. die Gitarre in 'Surrender'. Melissa singt enorm abwechslungsreich und durchlebt die eher düsteren Texte mit den unglaublichen Emotionen, die ihr Gesang vermittelt.
Natürlich fehlen die – zum Teil recht fiesen – Growls auch nicht! An vereinzelten Stellen liegen auch hörbare Gesangseffekte auf ihrer Stimme, was sicher nicht überall auf Gegenliebe stoßen wird, aber keineswegs übertrieben wirkt. Ganz sicher werden Stücke wie 'Surrender' die Gatekeeper der Szene vor den Kopf stoßen, aber für die metallische Seele ist genug Härte vorhanden, denn es handelt sich bei "Abyss" keinesfalls um ein Pop-Album. Auch wenn die Gesangsmelodien und Refrains einen Hang zur Radiofreundlichkeit nicht verleugnen können, werden diese immer wieder von Härteausbrüchen, sei es gesanglich oder durch kantige Gitarren und Schlagzeuggewitter, konterkariert. Man höre die ersten eineinhalb Minuten von 'Paradise' oder das treibende 'Follow Me Down'. Für das Herz gibt es die das absolut ergreifende 'Euphoria'.
Bei allem Studio-Glitzer und den Soundspielerein bleibt eines jedoch stets im Fokus der Band – nämlich der Song an sich. Man hört zu jeder Sekunde, dass die Stücke all das Studio-Beiwerk nicht bräuchten und auch in einem einfachen Setup funktionieren würden. Dass sie für das Album enorm detailliert ausgearbeitet und aufpoliert wurden, verwässert die Essenz der Lieder jedoch nicht, sondern lässt sie umso abwechslungsreicher erstrahlen. Obwohl alle Songs eine Speilzeit von circa 3:30 bis 4:30 Minuten haben, passiert in jedem Stück eine ganze Menge, und immer wenn man meint, man wüsste, wie es weitergeht, schafft AD INFINITUM es, den Hörer wieder und wieder zu überraschen. Man höre einfach mal 'Surrender', das ab Minute 2:20 so viele stilistische Haken schlägt, dass einem fast schwindelilg wird! Ganz starke Songschmiedekunst!
Ein wundervolles Werk, dessen Zauber ich kaum erklären kann, aber ihm vollständig erlegen bin und es mir echt schwer fällt, das Gehörte in Worte zu fassen. Großes Ohren-Kino!
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Maik Englich