ADAGIO - Dominate
Mehr über Adagio
- Genre:
- Symphonic Metal
- Label:
- Locomotive Records
- Release:
- 28.07.2006
- Dominate
- Fire Forever
- Terror Jungle
- Children Of The Dead Lake
- R'lyeh The Dead
- The Darkitecht
- Kissing The Crow
- Fame
ADAGIO-Mastermind Stefan Forté schafft es, mich mit jeder Veröffentlichung erst mal ziemlich vor den Kopf zu stoßen. War das Debüt "Sanctus Ignis" noch ein hörbar von INGWIE MALMSTEEN und SYMPHONY X beeinflusstes und in gewisser Weise sehr egozentrisches Werk mit vielen Höhen, aber auch einigen Tiefen (in der Form, dass Gitarristen eben manchmal zur Selbstbeweihräucherung neigen), so überrollte einen der Zweitling "Underworld" mit wundervoller orchestraler Dunkelheit, in die vollends einzutauchen etliche CD-Umdrehungen in Anspruch nahm. Die Gemeinsamkeit beider Alben war die phantastische Leistung von PINK CREAM 69-Goldkehlchen David Readman, der jedoch aufgrund von Management-Querelen den Sängerposten räumen musste. Und als erklärter Readman-Fan war ich seinem Nachfolger, dem Brasilianer Gus Monsanto, gegenüber zunächst sehr kritisch eingestellt. Aber nicht nur an dessen Stimme muss man sich auf dem nun vorliegenden dritten Silberling "Dominate" gewöhnen, denn auch stilistisch pirscht Forté wieder mit Sieben-Meilen-Stiefeln voran - zum Guten wie zum Schlechten.
Größtenteils kommen die Songs mehr auf den Punkt, sind härter und gradliniger, zulasten des Keyboards gitarrenorientierter und trotzdem weniger solo-geschwängert als noch zu "Underworld"-Zeiten. Der Titeltrack verdeutlich bereits gut, was ADAGIO heutzutage ausmacht: Ein wohl dosierter orchestraler Touch (aber nicht derart vorherrschend wie auf dem Vorgänger) im Intro, Gus' melodische, sehr kraftvolle und im Vergleich zu Readman nicht ganz so höhenlastige Stimme (die von einigen Rezensenten gerne mit der von Andre Matos, ehemals ANGRA, verglichen wird), kombiniert mit markigen Growls vom Bandchef selbst und Blastbeats! "Dominate" ist vergleichsweise ein echtes Metal-Album und entgegen der Behauptung des Labels doch wieder sehr viel optimistischer. So stürmt 'Fire Forever' recht speedmetallisch nach vorn, entpuppt sich 'Terror Jungle' als rifflastiger Midtempostampfer mit kurzen Grunzeinlagen. 'Children Of The Dead Lake' ist etwas düsterer und orchestraler (die wie eine zweite Gesangstimme verwendete Violine im Refrain ist herrlich) und steht somit noch am ehesten in der Tradition der "Underworld"-Phase, genau wie das Intro des mit achteinhalb Minuten dieses Mal längsten Tracks 'R'lyeh The Dead', in dem Forté seine offenbar neu entdeckte Growlstimme über weite Strecken auslebt und Monsanto nur im Refrain ranlässt. Dass der Franzose ein Faible für Black Metal à la DIMMU BORGIR hat, ist ja spätestens seit der Verpflichtung von Ex-ANOREXIA NERVOSA-Schreihals RMS Hreimarr für einen insgesamt ca. 20 Sekunden langen Gastauftritt, verteilt auf zwei Stücke der letzten Scheibe, bekannt - dass er den Job dieses Mal selbst und noch dazu so häufig übernimmt, überrascht dennoch und dürfte so manchem Prog-Fan missfallen. Mein persönliches Highlight ist das zunächst mit einer dissonanten Klavier-Melodie beginnende, zwischendurch ausnahmsweise doch mit etlichen Gitarrensoli aufwartende und ansonsten melodisch-dramatische 'The Darkitecht', in dem Monsanto zu punkten vermag. Dafür hat er in der kurzen Piano-Ballade 'Kissing The Crow' lange nicht den Gänsehauteffekt auf mich wie das vergleichbare, von Readman herzzerreißend interpretierten 'Promises' auf "Underworld". Den Abschluss bildet eine ganz okaye Version von IRENE CARAs 80er-Tanzflächenfeger 'Fame', angeblich vor allem aus Spaß aufgenommen und mit ein paar ADAGIO-Zutaten versehen.
Auf der Haben-Seite von "Dominate" steht somit, dass die Stücke kompakter sind und weniger "Skiptasten-Momente" enthalten, zum Teil live gut funktionieren und demzufolge auch für ein weniger progressives Metalpublikum interessant sein dürften. Diese durchaus zu begrüßende Tendenz geht allerdings zulasten der emotionalen Höhenflüge, die mir insbesondere "Underworld" auch knapp drei Jahre nach seiner Veröffentlichung noch beschert. Das mag zum einen am neuen Sänger liegen, ist zum anderen aber auch der Nebeneffekt von "mehr Heavy Metal" in den Songs. Eine Mischung aus "Underworld" (mit weniger Dramatik) und "Dominate" (mit mehr Gefühl) wäre das Nonplusultra - vielleicht beim nächsten Mal?
Anspieltipps: Dominate, Children Of The Dead Lake, The Darkitecht
- Redakteur:
- Elke Huber