ADORNED GRAVES - Being Towards A River
Mehr über Adorned Graves
- Genre:
- Thrash Metal / Doom Metal / Heavy Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Eigenpressung / Eigenvertrieb
- Release:
- 20.08.2020
- Swallet Hole
- Killing Shadows Black
- Effervescent Torrent
- Panta Rhei
- Meandering Stream
- United Reliance
- Rheingold
- Towards A River
Eine bessere Eigenpressung werdet ihr nur selten finden!
Haben uns die bereits seit 1993 aktiven, jedoch erst spät zu Tonträgern berufenen Pfälzer Traditionalisten ADORNED GRAVES schon mit ihrer EP "The Hand Of Death" (2015) und ihrem Debütalbum "Out From The Depth Of The Grave" (2017) mehr als nur ordentlich eingeheizt, da setzen sie ihrer bisherigen Diskographie mit dem im August erschienenen zweiten Studioalbum "Being Towards A River" nochmal ordentlich eins drauf. Wie man es erwarten durfte, ist die stilistische Basis des Bandsounds nach wie vor traditioneller, technisch anspruchsvoller Thrash Metal, der sich zwar vorwiegend traditioneller Stilelemente bedient, durch die spielerische Klasse und die anspruchsvollen Arrangements aber auch verstärkt progressiv interessierte Ohren ansprechen sollte, und der außerdem durch seine immer wieder deutlich werdenden Einflüsse aus anderen traditionellen Genres, wie insbesondere dem Speed, dem Doom und dem Epic Metal einen sehr eigenwilligen und markanten Stilmix erschafft, der uns in dieser Form kaum irgendwo anders begegnet und der Band daher eine besondere Nische schafft.
Dass es hier nämlich keinen Thrash von der Stange gibt, das macht schon das eröffnende Stück 'Swallet Hole' unmissverständlich klar, handelt es sich doch um ein mystisches, atmosphärisches Werk mit viel ätherischem Hall, klarem, meditativem Gesang, von Cailen toll gezupften mehrstimmigen Gitarrenharmonien und einem wunderschönen Gitarrensolo von Andreas Wormser zum Ende hin. Kennt ihr VENOMs 1992er Überballade 'Clarisse'? Falls ja, dann habt ihr eine grobe Ahnung von der Stimmung, die uns der Opener vermittelt, bevor er nahtlos und absolut stimmig in 'Killing Shadows Black' übergeht, das in seinen Versen eine gnadenlos gute Referenz an SLAYERs Debütalbum "Show No Mercy" vom Stapel lässt, diese aber in Bridge und Refrain deutlich melodischer, verspielter und harmonischer kontrapunktiert, was zur programmatischen Ausrichtung der Band und des Albums ganz hervorragend passt.
Dem setzt sodann der stolze und in sich dreigeteilte Neunminüter 'Effervescent Torrent' direkt noch eins drauf, konnte die Band für diesen großartigen Song doch keinen Geringeren als BRIDE-Frontmann Dale Thompson als Leadsänger gewinnen, was das Stück phasenweise ein wenig in Richtung des klassischen US-Power-Metals verschiebt, wobei die beeindruckend hackende und breakende Rhythmusgruppe um Drummer Deafon Graever und Bassist Lupus Veruta, und das Riffing von Rhythmusgitarrist Cailen hier ebenso für hinreichend massige Thrash-Elemente sorgt, die am Ende - nicht zuletzt durch die Gesangsbeiträge der Graever-Brüder - gar fast Death-Metal-Härte auffährt, ohne das klassisch-metallische Spektrum gänzlich zu durchbrechen.
Zum Einstieg von 'Panta Rhei' geht es dann wieder melodischer und etwas lockerer zu als am Ende des vorigen Epos, wobei auch hier wieder Herrn Thompsons Sirene viel Raum bekommt, die bisweilen fast in die Bereiche eines Sean Peck (CAGE) vorstößt. Hier also Thrash-lastiger, US-amerikanisch beeinflusster traditioneller Metal vom Feinsten, um nach dem harten und dabei doch sehr melodischen Instrumental 'Meandering Stream' dann wuchtigen Thrash Metal in Form des harschen, und gallig bis hysterisch gesungenen 'United Reliance' zu zelebrieren, der mich in seinen harten Momenten mit den ghoulischen Vocals von Deafon und den walzenden und dabei absolut widerhakelnden Riffs fast schon an GRIP INC. oder DESPAIR erinnert, in den ebenfalls vorhandenen melodischen Bridge- und Refrain-Passagen allerdings auch an SAVATAGE, MORGANA LEFAY oder frühe ROUGH SILK, was ein Stück weit sicherlich auch an Gastsänger Herbie Langhans (SINBREED, SEVENTH AVENUE, RADIANT) liegen könnte.
Wer indes glaubt, dass damit der Überraschungen und der Stimmungswechsel schon genug sei, der macht die Rechnung ohne ADORNED GRAVES und deren große Freude an der stilistischen Vielfalt; und so haben uns die Pfälzer auch anno 2020 in Form von 'Rheingold' eine mächtige Wundertüte ins Paket gepackt, die gleichwohl stilistisch wie gesanglich ins Konzept passt, da die Art der Melodieführung und des Riffings unverkennbar die Handschrift der Graever-Brüder trägt. Dennoch ist das Stück um den Mythos aus der Heimat der Band ein grandioser Epic-Metal-Song zu dem die Fäuste unweigerlich gen Himmel streben. Hier hören wir den Spirit von Bands wie BATTLEROAR, IRONSWORD oder eben, klassischer, MANOWAR (die Soli) und teutonischer, GRAVE DIGGER bzw. REBELLION (die Refrains) und RUNNING WILD (die Melodic Leads); aber auch von RAINBOW, wenn wir das 'Gates Of Babylon'-artige Finale mit seinen orientalisch angehauchten Keyboard- und Gitarrenleads betrachten. Dass zu einer so traditionell ausgerichteten Heavy-Metal-Hymne auch nochmals Dale Thompson ans Mikro darf, wird keinen überraschen, und dass er seine Sache phantastisch macht, auch nicht.
Wenn die Scheibe sodann mit dem erneut episch und bisweilen auch mantrisch arrangierten, siebenminütigen Quasi-Titelstück 'Towards A River' verklingt, das seine Einflüsse aus Psychedelic Rock und Doom bezieht, sich am Ende in ein groovendes Heavy-Rock-Monster auswächst, und dabei erneut die Stimmen von Herbie Langhans und Ruth Börner Staub aufbietet, dann sollte jedem klar sein, dass ADORNED GRAVES ein stilistisch völlig klischeefreies Album von bestechender Musikalität gelungen ist, das den Hörer zu jeder Sekunde in seinen Bann zieht, weil sich trotz aller Vielseitigkeit stets eins zum anderen fügt, und das nominell sehr breit erscheinende Stilspektrum vom komplexen Thrash Metal mit Death-Schlagseite bis hin zur Power-Metal-Sirene, und vom Doom-schwangeren Psychedelic-Element bis hin zum Faust reckenden Hardrock trotzdem Songs aus einem Guss und ein Album mit rotem Faden hinterlässt, das zudem großartig produziert ist und auch auf der emotionalen Ebene glänzend funktioniert.
Eine bessere Eigenpressung werdet ihr nur selten finden, und daher hoffe ich, dass ihr der Kaufempfehlung folgt, der Band eine Chance gebt und euch vielleicht eines ihrer Alben bestellt, die es auch als Packages mit Pfälzer Wein gibt:
http://www.adorned-graves.de/shop.html
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle