AGRYPNIE - Exit
Mehr über Agrypnie
- Genre:
- Avantgarde Black Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Surpreme Chaos Records
- Release:
- 08.08.2008
- Mauern
- Die Last der Erinnerung
- Zivilisation
- 0545
- Fenster zum Hof
- Wohin
- Während du schläfst
- Schwarz
- R40.2
- In den Weiten
- Exit
"Die Mauern, die du versuchst zu erklimmen.
Um Barrikaden in deinem Kopf zu entrinnen.
Sind Regeln und Grenzen, die du bestrebt bist zu brechen.
Um die Wirklichkeit für dich zu beherrschen."
Torsten, der Unhold, Ex-Sänger der stets geschätzten, aber nie überaus erfolgreichen Avantgarde-Black-Metaller NOCTE OBDUCTA, und seit deren Ableben nun Frontmann bei AGRYPNIE. Und wen wundert es, dass sich das künstlerische Schaffen seiner neuen Formation auch auf ihrem zweiten Album "Exit" nicht unweit vom Sound seiner ehemaligen Combo bewegt. Wenn auch durchaus mit Differenzen: Hatten NOCTE OBDUCTA einen Hang zu ausladenden, ruhigen Zwischenparts in Überlänge, verzichten AGRYPNIE auf ähnliche Elemente zwar nicht gänzlich, gießen diese aber in kompaktere Formen und verzichten dabei neben bisweilen urigen und sphärischen Black Metal auch nicht auf Thrash-Metal-Anleihen.
So beginnen mit 'Mauern', 'Die Last der Erinnerung' oder 'Zivilisation' gleich mehrere Songs mit ruhigen Gitarrenklängen, ehe Doublebass, harte Riffs und Torstens düster röchelnde Stimme einsetzen. Dezent erklingen kurzweilig atmosphärische Keyboards im Hintergrund, ein kurzer Rhythmuswechsel, ein Flüstern, vorübergehend Akustikgitarren – und weiter geht’s im Knüppeltakt, mal mit einfachen, aber stets brillanten Riffs, mal thrashigen Doublebass-Salven. Selbst Stücke wie 'Während du schläfst', die ohne Vorwarnung sofort los rasen wie einst 'Es fließe Blut' von NOCTE OBDUCTAs Überalbum 'Nektar - Teil 2: Seen, Flüsse, Tagebücher', ja selbst die kommen nicht ohne kurze, ruhige Zwischenparts aus. Ohne aber jemals so auszuufern wie einst auf dem bisweilen schwerer verdaulichen 'Nektar - Teil I: Zwölf Monde, eine Handvoll Träume', als minutenlange, kaum wahrnehmbare Klänge überlange Songs in zwei völlig verschiedene Teile zu spalten schienen. Apropos "überlang": In diese Kategorie fällt auf dem vorliegenden Album lediglich 'Fenster zum Hof', in dem AGRYPNIE über fast zwölf Minuten so ziemlich alles auffahren, was sie zu bieten haben. Vom ruhigen Moment zum Verweilen bis hin zu tierischem Geblaste. Selbst ein Song wie 'Schwarz', der zunächst recht schleppend und eintönig klingt, wächst schon nach kurzer Zeit über sich hinaus und serviert 1-A-Riffs nebst einfühlsamen Tastenklängen. Ans Herz gelegt sein auch noch die (über weite Strecken) reine Black-Metal-Nummer 'R40.2' und das abwechslungsreiche 'In den Weiten'. Darüber hinaus gibt es mit '0545' und dem Titelgebenden 'Exit' noch zwei Instrumentale, in denen sich AGRYPNIE mal ruhiger, mal rhythmischer austoben können.
Was die Texte angeht, zeichnet sich inzwischen nicht mehr NOCTE-Mastermind Marcel, sondern Marco V. vom PANTA RHEI PROJEKT und vor allem Torsten selbst verantwortlich. Und der einst selbst ernannte Unhold entpuppt sich als echter Hobby-Poet, stößt mit seinen Texten an die Grenzen der Gesellschaft, wühlt in Gefühlsabgründen und stellt sich Raum sowie Zeit. Nicht unerwähnt sollte übrigens bleiben, dass der Phasenweise regelrecht brillierende Gitarrist Andreas Ballnus auch schon in der PAUL DI'ANNO BAND gezockt hat, während man auch gut daran getan hat, mit dem ordentlich Gas gebenden René Schott einen menschlichen Drummer an Stelle des Computers einzusetzen.
Was bleibt noch zu sagen? AGRYPNIE legen hier ein verdammt reifes Album ab, das mit jedem Durschlauf wächst, die Grenzen des Avantgarde Black Metal neu auszuloten weiß und dennoch zu keinem Zeitpunkt die nötige Härte vermissen lässt. Bleibt den Jungs nur zu wünschen, dass sie nicht den Weg ihrer begnadeten Vorgänger gehen und ungewollt zwischen die Stühle von ignoranten Back-Metal-Puristen und musikalischem Freisinn landen. Wie gut sind sie da doch bei Robby Beyers Supreme Chaos Records aufgehoben, produzierte der gute Robby doch schon NOCTE OBDUCTA und beschreitet mit seiner eigenen Combo KARKADAN nicht unähnliche Wege. Zudem haben AGRYPNIE das verdammte Zeug dazu, sich einen eigenen, großen Namen zu machen.
"In den Weiten.
Kein heiliges Land.
Kein treibender Geist.
Der Ort, der Freiheit vergeblich gesucht.
Nachts kann mich dorthin gehalten."
Anspieltipps: ... hättet ihr bei NOCTE OBDUCTA einzelne Songs aus dem Gesamtwerk gerissen?
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Carsten Praeg