AGRYPNIE - Grenzgænger
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/2018
Mehr über Agrypnie
- Genre:
- Ambient Black Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Surpreme Chaos Records
- Release:
- 12.10.2018
- Auferstehung
- In die Tiefe
- Aus Zeit erhebt sich Ewigkeit
- Nychtemeron
- Grenzgænger
- Die Waisen des Daidalos
- Die längste Nacht
- Zu Grabe
Und melancholisch-krachend bricht das Eis
"Nach schier endloser Zeit
den beschwerlichen Weg
aus der finstersten Tiefe gefunden."
Über fünf Jahre sind seit der vorigen AGRYPNIE-Langrille vergangen, aus der damaligen Formation ist lediglich Bandgründer Torsten Hirsch selbst verblieben. Nun bringt der gebürtige NOCTE OBDUCTA-Sänger nach langer Wartezeit mit "Grenzgænger" und "Pavor Nocturnus" gleich mal zwei Alben parallel an den Start. Ersteres, das eigentliche Hauptwerk, bezeichnet er als das bisher persönlichste: "Die letzten Jahre waren durchzogen von den dunkelsten Momenten meines Lebens." Und tatsächlich klingt das Album auch so, als hätte der Hesse jede Menge Ballast abzuwerfen.
So brettern der Opener 'Auferstehung' sowie 'Aus Zeit erhebt sich Ewigkeit' mit einer seit dem Debütalbum nicht mehr gekannten, eiskalten Brachialität los. Hatte der bisherige Drummer René zuletzt mit 'Trümmer' schon ein ziemliches Brett vorgelegt, zieht der neue Schlagzeuger Moe (Ex-GRAVEWORM) das Tempo in bester Hyperblast-Manier nochmal kräftig an. Doch da auf einen treibenden AGRYPNIE-Opener zumeist ein schleppender Song folgt, bildet auch hier das melancholisch bis depressive 'In die Tiefe' einen Gegenpol zur wilden Raserei. Die ohnehin spärlich gestreuten Gitarrensoli werden gänzlich gestrichen, die Abwechslung zwischen vorwärts marschierenden und eingängigeren Parts ist hingegen geblieben. Oder es werden wie in 'Die längste Nacht' einfach mal ruhige Akustikgitarren und Blastbeats miteinander kombiniert. Der anfangs thrashige Titelsong 'Grenzgænger' steigert sich bei hoher Geschwindigkeit in Gänsehaut erzeugende Intensität, 'Die Waisen des Daidalos' wartet mit eindringlichen Gitarrenbögen auf, während 'Zu Grabe' mit einem unerwarteten Rhythmus und plötzlichen Tempowechseln überrascht. Dazwischen fügt sich Torstens stets heiserer wie einnehmender Keifgesang ein – mit Texten, die bisweilen mehr und gradliniger denn je sein Innerstes zu offenbaren scheinen.
Auch bei einem weiteren Markenzeichen ist sich AGRYPNIE treu geblieben: Kaum ein Song rotiert unter acht Minuten, das abwechslungsreiche 'Nychthemeron' bringt es nach ruhigen Anfangsgitarren vorwärts stampfend gar auf ausladende 13 Zeigerumdrehungen. Während Torsten selbst die Gitarren beisteuert und Produzent Phil Hillen den Bass übernimmt, darf sich auch eine ganze Zahl an Gästen austoben: So treten alte Bekannte und Weggefährten wie Eviga (DORNENREICH), J.J. (HARAKIRI FOR THE SKY) oder M.J.B. (TODTGELICHTER) ans Mikro, während NOCTE OBDUCTA-Sidekick Marcel für einen Song die Textfeder schwingen darf. Für das zweite Album "Pavor Nocturnus", auf dem auch die allerersten Songs der Bandgeschichte neu eingespielt wurden, hat sich zudem der Künstler Rüdiger Gleisberg einer kleinen Best-of altbekannter Songs angenommen, um ihnen ein orchestrales Gewand zu verleihen.
Vielleicht braucht "Grenzgænger" ein paar Durchläufe mehr als die Vorgänger "16[485]" sowie "Aetas Cineris". Und auch wenn etwa 'Auferstehung' ebenso wie 'Nychthemeron' durchaus Hitpotenzial besitzen, fehlt vielleicht eine absolute Übernummer wie einst 'Der tote Trakt'. Doch das Album wächst mit jedem weiteren Durchgang deutlich und der geneigte Hörer entdeckt immer neue Lieblingsstellen zwischen Melancholie und überraschender Brachialität. Ein sehr reifes Album, dem man die Zeit anmerkt, welche sich Herr Hirsch für den entsprechenden Reifeprozess genommen hat.
"Von den Toten auferstanden, doch vernarbt und
gezeichnet vom Siechtum im toten Trakt.
Den letzten noch fehlenden Schritt unternommen,
der Abgrund liegt dunkel und tief hinter mir."
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Carsten Praeg