AGRYPNIE - Pavor Nocturnus
Mehr über Agrypnie
- Genre:
- (Ambient) Black Metal
- Label:
- Supreme Chaos Records
- Release:
- 12.10.2018
- Veritas Mutabilis (Demo)
- Pavor Nocturnus (Demo)
- Agrypnie (Demo)
- Neon
- Sinnflut (Orchestral)
- Augenblick (Orchestral)
- 16[485] - Brücke aus Glas (Orchestral)
- Fenster zum Hof (Orchestral)
- Cogito Ergo Sum (Orchestral)
Hollywood-Flair trifft neu Eingetrümmertes
"Jedes Wort und jeder Klang
So schwierig nur zu fassen
Jedes Haus verschwommen
In den so vertrauten Straßen"
Ganze fünf Jahre nach dem vorigen AGRYPNIE-Album holt Mastermind Torsten Hirsch zum Doppelschlag aus und tütet neben dem neuen "Grenzgænger" auch noch "Pavor Nocturnus" ein: Eine Art Best-of der etwas anderen Sorte, mit ganz altem und neu eingespieltem Material sowie orchestralen Varianten altbekannter Songs direkt vom Hollywood-erfahrenen Künstler. Und einen neuen Titel gibt es auch noch oben drauf.
Zunächst aber liegt das Augenmerk auf den allerersten Songs der Bandgeschichte von der Split mit FATED. Drei rare Stücke, das thrashige 'Veritas Mutabilis', das anfangs doomige 'Pavor Nocturnus' und das düster treibende 'Agrypnie' kommen dabei im leicht neuen Gewand daher. Gab anno 2005 noch der Drum-Computer den Takt vor, sorgt der neue Schlagzeuger Moe nun für einen organischeren und sehr viel druckvolleren Klang. Ein wenig abgeändert wurde die Soundkulisse ebenfalls, so krächzt etwa im Mitteilteil und am Ende von 'Agrypnie' nun diabolisch verzerrtes Flüstern anstelle von hallenden Schreien aus den Boxen. Es wäre nichts dagegen einzuwenden, wenn in naher Zukunft auch mal das Debütalbum "F51.4" neu eingetrümmert und ohne mechanischem Schlagzeuger folgen würde.
Als einziger gänzlich neuer Song des Albums präsentiert sich das bassige 'Neon' ganz im Dark-Ambient-Stil mit sphärischen Klängen und Synthesizern. Ans Mikrofon darf als Gast M.J.B. von den befreundeten Hamburgern TODTGELICHTER. Ja, ganz recht: Marta, die auch den Text besteuert, sorgt für die erste weibliche Stimme der Bandgeschichte. Nicht keifend wie im Gastbeitrag bei 'Nychthemeron' auf dem Parallelalbum "Grenzgænger", sondern mit klarem Gesang. Das kommt ebenso wie die musikalische Kulisse bei der Experimentierfreudigkeit von AGRYPNIE zwar vielleicht nicht gänzlich unerwartet. Man darf aber doch gespannt sein, ob der Song jemals eine Live-Premiere feiern darf und die Gitarren dann vorübergehend beiseite gestellt werden. Und ob Marta als Special Guest die Bühne entert oder wie das Stück mit Torsten selbst am Mikro klingen würde.
Das Hauptaugenmerk der Platte liegt aber auf der Arbeit des Künstlers Rüdiger Gleisberg. Der steuerte einst einen Teil des Soundtracks von Wesley Snipes' Vampir-Kultfilm "Blade" bei und arbeitet auch mit dem Ambient-Künstler Mathias Grassow zusammen, der wiederum regelmäßig Intros für AGRYPNIE erschafft. Nun nimmt sich der Mittfünfziger gleich fünf Stücke aus allen Schaffensphasen der hessischen Band vor und gießt sie in eine orchestrale Form. So wartet etwa 'Sinnflut' mit Streichern als Taktgeber und Chören statt Torstens heißeren Schreigesang auf. Bei 'Augenblick' dominieren tiefe Celli und Harfenklänge, in seinen dunkelsten Momenten könnte das Werk ebenso gut bei einem Streifen von Alfred Hitchcock funktionieren. Und während bis '16[485] - Brücke aus Glas' zumindest noch anfangs die Grundmelodien der Originale zu erkennen sind, gehen die orchestralen Versionen ansonsten recht eigene Wege. 'Fenster zum Hof' beginnt, als würde Van Helsing gegen Graf Dracula höchstpersönlich antreten. Und auch 'Cogito Ergo Sum' kommt ebenso düster wie bedrohlich um die Ecke. Herr Gleisberg macht seinem Namen alle Ehre, die Stücke würden allesamt auch wunderbar als Kino-Untermalung funktionieren.
Für eingefleischte Fans dürfte "Pavor Nocturnus" mit seinem Spagat von Ältestem zu Neuestem in bisweilen unerwartetem Soundkleid ein absolutes Muss sein. Neueinsteiger sollten aber lieber erst einmal zu "Grenzgænger" greifen, wenn sie sich einen ersten Eindruck verschaffen wollen.
"Kaltes Feuer kriecht zäh durch meine Venen
Seltsam erstarren alle Glieder
Neonpartikel zersplittern leise auf meiner Haut
Erschöpfter Geist kniet sich nieder"
- Redakteur:
- Carsten Praeg