AMETHYST - Throw Down The Gauntlet
Auch im Soundcheck: Soundcheck 09/24
Mehr über Amethyst
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- No Remorse
- Release:
- 27.09.2024
- Embers On The Loose
- Stand Up And Fight
- Won’t Do It Again
- Running Out Of Time
- Rock Knights
- Queen Of A Thousand Burning Hearts
- Take Me Away
- Serenade (Under The Rising Moon)
Die eiserne Jungfrau und die dünne Lizzy hüpfen gemeinsam in die Kiste und produzieren auf wundersame Weise ein Kind: AMETHYST!
2020 gegründet und 2022 ein erstes Lebenszeichen in Form einer EP von sich gebend, habe ich vor gut zwei Monaten zum ersten Mal Notiz von den Schweizern genommen, als die Jungs als erste Singleauskopplung 'Embers On The Loose' rausgehauen und dazu auch einen netten Videoclip gedreht haben. In diesem lungern fünf langhaarige Gestalten, zu Anfang in schwarze Lederjacken gehüllt und mit amtlichen Pornobalken und Cowboystiefeln bestückt, in einer schäbigen Industrieecke herum und scheinen sich abzustimmen, wie und wo sie wohl schnellstmöglich die nächste günstige Runde Bier abgreifen können, bevor sich ein Typ in Ritterrüstung ins Bild schleicht, sich gepflegt räuspert und dem aufgeschreckten Haufen Rockern daraufhin lässig und humorlos den stählernen Fehdehandschuh vor die Füße wirft. Das ist Heavy Metal! "Throw Down The Gauntlet", eigentlich alles klar, oder?
Der erwähnte Vorab-Song hat es hier auf der Albumversion letzten Endes zum Opener geschafft. Wenn der Rest der Platte nur halb so gut ist wie der Appetizer, fliegt uns hier ein verdammt gutes Album um die Ohren, hatte ich im internen Kreis seinerzeit verlauten lassen. Nun, der Rest ist tatsächlich MINDESTENS halb so gut, ganz die erhabene Klasse von 'Embers On The Loose' erreicht dann allerdings keines der restlichen sieben Stücke mehr, denn der phänomenale Eröffnungsknaller besitzt Hitpotential und Ohrwurmcharakter und dürfte gerade live für so manch verrenkten Halsmuskel im Abgang sorgen. Wahnwitzige Hooklines, treibendes Schlagwerk, an IRON MAIDEN erinnernde Twin-Guitars, fantastische Gitarrenleads und glorreiches Riffing wie in den ruhmreichen 80er bzw. späten 70er Jahren. Das sind in etwa die grundlegenden Zutaten, mit denen die Schweizer ihre Album-Mahlzeit gewürzt und angereichert haben. Bereits im folgenden Song 'Stand Up And Fight' wird klar: Die Eidgenossen stehen nicht nur auf MAIDEN, sondern haben in der Vergangenheit auch sehr fleißig THIN LIZZY-Alben laufen lassen. Wunderbar verspielte Gitarren und unerwartete Wendungen, hier steht ganz klar Scott Gorham von der dünnen Lizzy Kreativpate. 'Won't Do It Again' würde sich wiederum ohne weiteres auch auf einer der ersten beiden MAIDEN-Platten richtig heimisch fühlen, während das ruhig und gemächlich beginnende 'Running Out Of Time' Einflüsse von ANGEL WITCH aufweist.
'Rock Nights' entpuppt sich als kleine Partygranate für eben jene Momente im Hobbykeller, wenn der Gastgeber endlich wieder mit frischem, kaltem Bier um die Ecke kommt. 'Queen Of A Thousand Burning Hearts', mit seinen wundervoll melodischen Gitarren, ist dann die einleitend bereits angedeutete Hochzeitssause zwischen der stählernen Jungfrau und der schlanken Lizzy, an deren Ende eine Frauenstimme die passenden (?) Worte für die Vermählung findet. Die MAIDEN-Komponenten schlagen auch in 'Take Me Away' wieder maximal ein und finden ihren Ausdruck in progressiv angehauchten Passagen, die hier und da ein wenig an Glanztaten wie 'Phantom Of The Opera' und 'Hallowed Be Thy Name' erinnern. Die Gitarrensoli im Mittelteil: Einfach zum Niederknien! Das sich langsam steigernde und schön aufbauende 'Serenade (Under The Rising Moon)' ist eine reine Lehrstunde in Sachen 70er-beeinflusstem Heavy (Prog) Rock, beendet die knappe Dreiviertelstunde dann wie im buchstäblichen Flug und ein weiteres Mal gleitet mein Finger wie von Geisterhand geführt Richtung Repeat-Taste.
Wer jetzt nach dem Lesen aber denkt, wir haben es hier lediglich mit einem weiteren MAIDEN-Klon zu tun, hat sich gehörig geschnitten. Die Einflüsse sind wie diverse andere auch (sehr frühe SCORPIONS, DEMON, DIAMOND HEAD, frühe SATAN) zwar mitnichten wegzudiskutieren, aber warum auch, verfügt die Band doch trotzdem über genügend Eigen-DNA und steckt so viel Liebe und Sorgfalt ins clever konzipierte Songwriting, um es da draußen mit den meisten Heavy Rock/Metal-Bands neueren Kalibers locker aufzunehmen. Das in jeglicher Hinsicht packende Album punktet vor allem auch in Sachen Kauzigkeit, daran dürfte unter anderem auch der charismatische Sänger Freddy seinen Anteil dran haben, der mich hier zuweilen an Cam Mesmer von SPELL erinnert.
Also, wer richtig Bock auf virtuose Gitarrensoli hat, eine perfekt aufeinander eingespielte Rhythmusfraktion in Gestalt von Miguel (Bass) und Eldo (Drums) zu schätzen weiß und sich auch sonst im weiten Kosmos des NWOBHW/Heavy Rock nicht unwohl fühlt, kann das Teil hier bedenkenlos eintüten. Auch was die Produktion betrifft, könnte man meinen, kein Geringerer als Martin Birch himself (R.I.P.) saß hier hinter den Schiebereglern. In Sachen klassischem Heavy Metal in diesem Jahr bisher mein persönliches Lieblingsalbum neben der neuen ARMAGH, auch wenn ich mir sicher bin: Die Jungs könnten in Zukunft sogar noch eine Schippe draufpacken. Mindestens!
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Stephan Lenze