AMORPHIS - Tales From The Thousand Lakes
Mehr über Amorphis
- Genre:
- Gothic/Death/Folk Metal
- Label:
- Nuclear Blast
- Thousand Lakes
- Into Hiding
- The Castaway
- First Doom
- Black Winter Day
- Drowned Maid
- In The Beginning
- Forgotten Sunrise
- To Fathers Cabin
- Magic and Mayhem
Viele der heute innovativsten (Rock-)Bands haben ihre Ursprünge im Death Metal der frühen Neunziger. Aber nur wenige davon vollzogen den Wechsel weg vom genretypischen Geknüppel hin zu einer eigenen Identität so rasch und doch nachvollziehbar wie AMORPHIS - die gleichzeitig ihre Wurzeln nie verleugnet haben und (im Gegensatz zu Genrekollegen wie PARADISE LOST und KATATONIA) stets zahlreiche Frühwerke in die Live-Setlisten einfließen lassen. Ihr Debütalbum "The Karelian Isthmus" hatte durchaus schon seine melodischen Momente, aber ich wage die Behauptung, dass die Finnen ziemlich schnell untergegangen wären, wenn sie diesen Stil beibehalten hätten.
Doch dann kam das heute von vielen als wegweisend umjubelte "Tales From The Thousand Lakes", eine nahezu perfekte Mischung aus Death und klischeefreiem Gothic Metal, 70er-Rock-Anleihen (allein schon durch die Verwendung der Hammond-Orgel) und finnischer Folklore. Bereits das instrumentale Keyboard-Intro lässt erahnen, dass auf dem zweiten Album - bis auf die Growls von Tomi Koivusaari und dessen ordentlich tief gestimmte Rhythmus-Gitarre - nicht mehr viel von den Death-Metal-Wurzeln übrig geblieben ist. Besagtes Intro 'Thousand Lakes' entführt den Hörer in eine Welt voller Mystik und Poesie, und passenderweise widmen sich AMORPHIS auf "Tales ..." der Kalevala (dem finnischen Nationalepos), die ihnen auch lange Zeit wie ein Stigma anhaften blieb. Zum ersten Mal kommen bei 'Into Hiding' die orientalisch anmutenden Gitarrenklänge zum Einsatz, die seitdem prägender Bestandteil des AMORPHIS-Sounds geworden sind. Erste Experimente mit klarem Gesang finden sich ebenfalls in diesem Stück, dargeboten von Gastsänger Ville Tuomi (Ex-KYYRIA), der allerdings um Längen schlechter klingt als der spätere Haupt- und bereits wieder Ex-Sänger Pasi Koskinen und glücklicherweise auf der Scheibe nur selten in Erscheinung tritt. Das zunächst fast folkloristisch-fröhliche, später episch-verträumte 'The Castaway' zählt heute ebenso zu den Tanzflächefegern und Live-Klassikern der Finnen wie die Bandhymne schlechthin, 'Black Winter Day'. Selbst die noch stärker im (Doom) Death verankerten Stücke wie 'First Doom', 'In The Beginning' und 'Magic and Mayhem' glänzen durch viele artfremde Details, und Werke wie 'Drowned Maid' dürften für den Sound anderer Finnen-Combos wie CHILDREN OF BODOM Pate gestanden haben. Wobei das brillante Gitarrenspiel von Hauptsongwriter Esa Holopainen eines der prägendsten Elemente des AMORPHIS-Sounds darstellt, das sich auch in der weiteren musikalischen Entwicklung nicht allzu sehr verändert hat. Allein schon für diese phantastischen Soli in 'Forgotten Sunrise' würde manch anderer Gitarrist seine Seele verkaufen. Einzig 'To Father's Cabin' ist ein etwas zwiespältiges Schwert, da sowohl musikalisch (die Keyboards spielen sich selbst ins Nirwana) als auch gesanglich (hier übt sich Gast-Sänger Ville in einer Art Sprechgesang) sehr experimentell ausgefallen.
"Tales ..." ist eine kleine Reise durch das Land der tausend Seen, eine Art Vertonung der finnischen Seele und vor allem das musikalische Glanzstück einer damals noch blutjungen Band. Noch heute beklagen viele, dass Tomi Koivusaari den Sängerposten seit dem Nachfolger "Elegy" an Pasi Koskinen (mittlerweile abgelöst durch Tomi Joutsen; das erste Album mit dem neuen Fronter ist in der Mache) abgetreten hat und die Growls komplett verschwunden sind. Für mich persönlich jedoch waren "Elegy" und alle darauf folgenden Alben nur eine konsequente Weiterentwicklung dessen, was auf "Tales ..." begonnen hat. Aber das ist eine andere Geschichte, die ein andermal erzählt werden soll ...
Anspieltipps: Thousand Lakes, Into Hiding, The Castaway, Black Winter Day, Forgotten Sunrise
- Redakteur:
- Elke Huber