ANACRUSIS - Hindsight:Suffering Hour & Reason Revisited
Mehr über Anacrusis
- Genre:
- Progressive Thrash
- ∅-Note:
- 10.00
- Present Tense
- Imprisioned
- R.O.T.
- Butcher's Black
- Apocalypse
- A World To Gain
- Frigid Bitch
- Fighting Evil
- Twisted Cross
- Annihilation Complete / Disemboweled
- Injustice
- Stop Me
- Terrified
- Not Forgotten
- Wrong
- Silent Crime
- Killing My Mind
- Mishappen Intent
- Afraid To Feel
- Child Inside
- Vital
- Quick To Doubt
Die ersten beiden Alben dieser visionären Thrashband neu eingespielt und überarbeitet. Essentiell.
"Man sollte häufiger ANACRUSIS hören." Dieser Ausspruch ist seit Jahren so etwas wie ein geflügelter Ausspruch im Forum unserer Seiten. Und es gibt nicht wenige User, die sich diesen Spruch zu Herzen genommen haben und in den letzten Jahren zu Fans dieser Ausnahmeband geworden sind. Alles andere ist bei der gebotenen Klasse des Songmaterials eigentlich auch gar nicht möglich, denn ANACRUSIS haben damals schon das beinahe Unmögliche möglich gemacht: Sie habe moderne Elemente mit alten Traditionen kombiniert und nachdenkliche Emotionalität in teils brutal nach vorne preschende Kompositionen gepackt. Damit war das Quartett nicht nur ihrer Zeit (zu) weit voraus, nein, es gelang ihr auch verschiedene Subkulturen unter einem Banner zu erfreuen.
Dieses Phänomen gelingt der sympathischen Band auch heuer, knappe zwanzig Jahre später. Die Reunion in der Originalbesetzung, ein abgefeierter Auftritt auf dem Szenebarometer KIT und eine parallel dazu veröffentlichte Doppel-CD mit Neueinspielungen der ersten beiden Alben. Dazu gibt es noch ein paar klitzekleine Bonustitel, die allerdings nicht ausschlaggebend für den Erwerb dieses fulminanten Silberlings sein sollten. Aber mal von Anfang an.
"Sufferig Hour" der Ersling des Vierers aus St. Louis erscheint 1988 und bietet ungestümen Thrash, der sowohl von ungewohnten Doom-Elementen, wie auch von psychedelischen Akustikversatzstücken verziert wird. Obendrein hören wir zum ersten Mal die wahnwitzigen Vocals von Kenn Nardi, die wie kein zweiter Sänger, ein Chamäleon auf seinen Lungenflügeln sitzen hat. Wie anders kann man diese Wandlungsfähigkeit erklären, mit der er seine Gefühle transportiert? Mal einschmeichelnd tief, im nächsten Moment mächtig aggressiv bevor dann urplötzlich extrem spitze Schreie das Gemüt erquicken; so klingt die Achterbahnfahrt dieser Stimme. Unfassbar. Unfassbar toll.
In der gleichen Besetzung gibt es zwei Jahre später das ausgefeilter klingende Nachfolgewerk "Reason" auf die Ohren, auf welchem die ungestüme Rohheit zu Gunsten von ein paar Unzen mehr Gefühl verloren geht. Ist das schlimm? Natürlich nicht, denn "Reason" ebnet den Weg zu zwei noch fantastischeren Überalben. Einziges Manko, wenn man bei derartig famoser Musik überhaupt davon reden darf, ist das Klangbild dieser ersten beiden Alben. Um diesem Umstand Abhilfe zu schaffen, hat die Band nun mal eben beide Rundlinge komplett neu eingespielt und genau das Ergebnis liegt mir nun vor.
Schon bei den ersten Takten von 'Pesent Time' begeben sich sämtliche Nackenhaare auf Hab-Acht-Stellung. Die Überarbeitung bläst mich förmlich um. Allein der viel druckvollere Schlagzeugsound mäht alles in Grund und Boden, vom genial in Szene gesetzten Bassspiel mal ganz zu schweigen. Jedes Instrument ist klar und transparent zu erkennen und ich glaube erst jetzt das komplette Potential dieser Kompositionen zu erkennen. Überall gibt es neue kleine Feinheiten, die ein freudiges Schmunzeln auf die Lippen des Zuhörers zaubern, bevor er wieder völlig gebannt den wahnsinnigen Melodieführungen folgt. Mein heimlicher All-Time-Favorit, das schleppend-brutale Endzeit-Szenario 'Butcher's Block', hat in dieser Form noch mehr Durchschlagskraft. Ich bin fasziniert.
Aber auch die extrem doll ratternden Nummern, wie 'Twisted Cross' oder 'Frigid Bitch' machen im neuen Gewand noch mehr Freude. Da entwickeln die Riffs einfach mal viel mehr Druck als auf der Erstfassung.
Wenden wir uns dem Zweitling "Reason" zu.
Da ich mit dem Klangbild des Originals schon sehr zufrieden bin, erwarte ich nicht viel Unterschied. Ich armer Unwissender. Die Gitarren von Kenn und Kevin säbeln auf der neuen Version so unglaublich knusprig, man denkt beinahe, sie würden die Anlage zerstückeln. Der ungläubige Leser möge bitte nur einmal 'Silent Crime' anspielen und danach zu Staub zerfallen. Auch die Rhythmustruppe hakt aktuell deutlich grantiger die Takte ins digitale Kornfeld und beackert die Trommelfelle des Hörers weitaus energischer als dies noch bei den alten Aufnahmen der Fall war. Und all' das, ohne überproduziert oder klinisch tot zu klingen. Geht also sehr wohl. Und was beim Erstling 'Butcher's Block' heißt, hört hier auf den Titel 'Afraid To Feel'. Diese Nummer war schon immer mein Favorit von "Reason", aber jetzt knarzt der Bass einfach noch besser, jetzt drücken die Drums einfach noch mehr und jetzt harken die Klampfen einfach noch tiefere Kerben; sprich: Alles ist noch grandioser. Unfassbar again.
Über die Musik auf den beiden Werken muss ich wohl kaum etwas schreiben, da ich davon ausgehe, dass jeder (!) Freund von egal welcher Heavy-Metal-Form diese Album rückwärts nachsingen kann.
Anspieltipps: Present Tense; Butcher's Block; R.O.T.;Stop Me; Silent Crime; Mishappen Intent; Afraid To Feel; Quick To Doubt
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Holger Andrae