ANATHEMA - Fine Days: 1999 - 2004
Mehr über Anathema
- Genre:
- Progressive Rock
- Label:
- Music For Nations / Sony Music
- Release:
- 10.04.2015
- Deep
- Pittless
- Forgotten Hopes
- Destiny Is Dead
- Make It Right
- One Last Goodbye
- Parisienne Moonlight
- Judgement
- Don't Look Too Far
- Emotional Winter
- Wings Of God
- Anyone, Anywhere
- 2000 & Gone
- A Fine Day
- Release
- Leave No Trace
- Underworld
- Pressure
- Panic
- Breaking Down The Barriers
- Looking Outside Inside
- A Fine Day To Exit
- Temporary Peace
- Harmonium
- Balance
- Closer
- Are You There?
- Childhood Dream
- Pulled Under At 2000 Metres A Second
- A Natural Disaster
- Flying
- Electricity
- Violence
- Intro: Childhood Dream
- Balance
- Closer
- Pressure
- Release
- Forgotten Hopes
- Destiny Is Dead
- Are You There?
- One Last Goodbye
- Pulled Under At 2000 Metres A Second
- Parisienne Moonlight
- A Natural Disaster
- Judgement
- Panic
- Temporary Peace
- Flying
- Pressure [Video]
- One Last Goodbye
- Temporary Peace
- Flying
- Release
- A Natural Disaster
Nettes Package – ohne Mehrwert?<br />
Die Briten von ANATHEMA haben eine bemerkenswerte Entwicklung hinter sich: Waren die Anfänge noch doomig-krachig, schuf sich die Band mit ihrem Stil der alternativen, progressiven Töne eine ganz eigene Nische und strahlt seit den letzten Platten heller denn je. In diesem Review geht es jedoch nicht um wirklich neues Material, jedoch um eine frische Veröffentlichung, denn ihm Rahmen der Rückkehr von Music For Nations zu Sony Music werden "Judgement" (1999), "A Fine Day To Exit" (2001) und "A Natural Disaster" (2003) auf CD und LP wiederveröffentlicht. Im hier vorliegenden CD-Box-Set namens "Fine Days: 1999 - 2004" gibt es sogar noch die DVD "Were You There" (2005) obendrauf – na wenn das mal nichts ist? Nehmen wir also diese Rückschau auf die mittlere Phase der Band einmal genauer unter die Lupe.
Dazu fangen wir chronologisch an: "Judgement" füllt die Fußstapfen des übergroßen Vorgängers fast aus und bietet diese sehr spezielle ANATHEMA-Atmosphäre, mit denen Unzählige der Liverpooler Gruppe verfallen sind. Was "rockig, leicht und doch so schwer" bedeutet, kann man gleich zu Beginn im Opener 'Deep' nachhören. Das ist traurig, melancholisch, gleichzeitig aber aufgewühlt und nach irgendwohin strebend. Auf dieser Art und Weise ist "Judgement" eine durchgängig starke Platte, bei der jeder seine eigenen Favoriten haben wird. Meine sind neben dem bereits erwähnten Eröffnungsstück weiter 'Forgotten Hopes' (wunderschön ziellos treibend), der Titeltrack (sich stark aufbauend) sowie natürlich – und da sind sich wohl alle einig – 'One Last Goodbye', einem der emotionalsten Stücke aller Zeiten, welches alleine den Kauf dieser Platte rechtfertigt. "Judgement" - ein kleines Meisterwerk.
Auf "A Fine Day To Exit" schlägt die Band dann etwas andere Töne an. Es wird luftiger, leichter, klarer. Wenn man das Album jedoch bereits kennt, wundert man sich erst einmal noch mehr über den unbekannten Song an Position eins – mit 'A Fine Day' gibt es eine bisher unveröffentlichte Nummer zu hören! Aber bevor jetzt irgendjemand ausrastet, lasst euch gesagt sein: So übermäßig spektakulär ist dieser rein instrumentale Intro-Track nun leider nicht. Akustikgitarren leiten den Song ein, der sich dann mit einem schönen Wirbel rasant entwickelt, bevor man sich zum Ende hin leise hinausklimpert. Nett, hübsch und vor allem sehr passend, aber kein "Muss". Das gilt eher für einige andere Lieder auf "A Fine Day To Exit": 'Release' geht in entspannter Art und Weise richtig gut nach vorne, 'Panic' wird mit seinem für mittlere und späte ANATHEMA unvergleichlichen Drive auch heute noch häufig live bedacht und bei 'Temporary Peace' ist der Name Programm. Ansonsten gibt es viel Relaxtes, Nachdenkliches, dass in der Folge nicht die Tiefe und Intensität anderer ANATHEMA-Stücke erreicht, was jedoch gar nicht grundsätzlich negativ zu verstehen ist. Warum man aber die Tracklist einmal durcheinanderwirbeln und fast jeden Song an anderer Stelle positionieren musste, bleibt mir indes etwas unklar. Wie dem auch sei: Leider wird dieses gute Album von vielen Fans (und da schließe ich mich absolut ein) zu Unrecht verkannt.
Das kann man vom Nachfolger "A Natural Disaster" wirklich nicht behaupten. Ich kenne nicht wenige, die diese Platte neben "Alternative 4" für die beste ANATHEMAs halten, und persönlich gehe ich sogar soweit, dass das 2003er-Werk der Briten eines meiner liebsten Alben überhaupt ist. Ein Überalbum aus einem Guss, was dennoch so unbeschreiblich facettenreich daherkommt. Jeder Track eine eigene Reise mit ganz eigener (musikalischer) Geschichte, aber der rote Faden – mindestens so rot wie das stimmungsvolle Artwork – zieht sich von 'Harmonium' bis 'Violence' durch. Egal, ob ich dieses ewige Auftürmen von 'Balance' und 'Closer' höre, die pure Zerbrechlichkeit von 'Are You There?' genieße, die unbändige Energie von 'Pulled Under At 2000 Meters A Second' spüre oder bei 'A Natural Disaster' und 'Flying' mit zwei der großartigsten Songs unserer Zeit davonschwebe: "A Natural Disaster" ist ein rundum perfektes Album mit all dem, wofür ich Musik so liebe. Über jeden Zweifel erhaben.
Die DVD "Were You There?" kannte ich im Vorfeld dieser Besprechung nicht. Hierbei hat man es mit einer bild- und tontechnisch ordentlichen, aber nicht bemerkenswert tollen Produktion zu tun, was zum einen etwas schade, zum anderen aber auch eigentlich völlig egal ist. Wie so etwas egal sein kann? Ganz einfach: ANATHEMA war und ist eine der besten und ehrlichsten Live-Bands dieses Planeten, die immer und überall Menschen erreicht und verzaubert. Genau dies erlebt man mit und durch "Were You There?", was diesbezüglich einfach authentisches Dokument für diese ungeschminkte, nicht künstlich inszenierte Qualität der Liverpooler ist. "Weniger ist manchmal mehr" ist eine hübsche Phrase, für die ich gerne 5€ ins Sparschwein werfe, trifft sie doch auf ANATHEMA mit Blick auf "Were You There?" so wunderbar zu. Neben dem regulären 75-Minuten-Konzert in Krakau (2004) gibt es noch drei Songs ('One Last Goodbye', 'Temporary Peace', 'Flying') im Akustik-Gewand aus Liverpool (ebenfalls 2004) und DVD-übliche weitere Kleinigkeiten.
Wie es bei vielen Wiederveröffentlichungen so üblich ist, wurden auch hier die Stücke der drei Alben neu gemastert. Eine Arbeit, die man sich für die entsprechenden Alben aus zweierlei Gründen auch hätte schenken können: Zum einen sind die ursprünglichen Produktionen ohne Makel – und zum anderen, und das ist der eigentliche Witz, hört man die Veränderungen nahezu überhaupt nicht.
Insofern bildet 'A Fine Day' von "A Fine Day To Exit" den einzigen wirklichen Mehrwert gegenüber den Einzelveröffentlichungen. Wer bisher nur eines oder keins der Alben hat, der darf sich "Fine Days: 1999 – 2004" ziemlich zügig zulegen und ganz tief in die wunderbare Welt ANATHEMAs eintauchen. Die-Hards der Briten kommen aufgrund des Bonustracks an der Investition wohl ebenfalls nicht vorbei (so blöd das auch ist). Wer die Alben jedoch bereits im Schrank stehen hat, muss hier nicht wirklich zuschlagen.
- Redakteur:
- Oliver Paßgang