ANATHEMA - The Optimist
Auch im Soundcheck: Soundcheck 06/2017
Mehr über Anathema
- Genre:
- Alternative Rock
- ∅-Note:
- 6.50
- Label:
- KScope
- Release:
- 09.06.2017
- 32.63N 117.14W
- Leaving It Behind
- Endless Ways
- The Optimist
- San Francisco
- Springfield
- Ghosts
- Can't Let Go
- Close Your Eyes
- Wildfires
- Back To The Start
Kleine Enttäuschung mit großen Auswirkungen.
Von einer festen Bank hat sich ANATHEMA im Laufe der vergangenen Jahre immer mehr zu einer Wundertüte entwickelt. Album Nummer zwölf ("Falling Deeper", der misslungene Versuch einer Neuinterpretation alter Klassiker, einmal außen vorgenommen) bestätigt dies auf traurige Weise. Traurig, weil der Fan der ersten Stunde weiß, zu was die Briten an sich imstande sind, zu leisten. ANATHEMA hat in jeder Phase des Bandbestehens Klassiker veröffentlicht. "Serenades" als Doom/Death-Epos, "The Silent Enigma" als der nicht minder geniale Nachfolger, die "Pentecost" E.P. mit dem Jahrhundertsong 'We, The Gods', später dann zeitlose Kunst wie auf "Judgement" oder "A Natural Disaster" verewigt und "jüngst" großartiges Kino im Bereich melancholischem Rocks, wie dem Hit-Feuerwerk "We're Here Because We're Here" oder "Weather Systems".
Dass ANATHEMA allmählich die Puste auszugehen scheint, hat anno dazumal wohl auch Langzeit-Keyboarder Les Smith geahnt, als er nach "We're Here Because We're Here" die Band verlassen hatte. Die Briten retteten sich noch über ein Album (besagtes "Weather Systems"), ehe mit "Distant Satellites" erstmalig Zeugnis darüber abgelegt wurde, bei der Songauswahl nicht mehr auf reine Killer, sondern auch auf Filler zu achten. Größtenteils war das Material nach wie vor gut ('Take Shelter') bis sehr gut ('Ariel'), doch die Anzahl an Fillern wuchs prozentual. Das Ergebnis dieser Entwicklung gipfelt nun auf "The Optimist", dem Output, der verspricht, an eines der bislang nicht genannten Bandhighlights - nämlich "A Fine Day To Exit" - anzuknüpfen.
Ich will hier nicht von Scheitern oder gar Versagen sprechen. Denn dazu werten klasse Songs wie 'Springfield' (wieso muss ich bei dem Titel immer an "we put the Spring in Springfield" denken?), 'Ghosts' oder der Titelsong das Ganze zu sehr auf. Hier wird großartiger, größtenteils seichter Rock mit starken Melodien von Danny an der Klampfe und Vincent und Lee am Gesang geboten. 'The Optimist' ist auf dem Album übrigens der einzige Song, der das Attribut "progressiv" verdient, das ANATHEMA seit einigen Alben komischerweise angeheftet wird (nachzuhören im genialen Schlussteil - ich tu mich beim Zählen immer noch schwer).
Demgegenüber steht leider zu viel mittel- bis weniger gute Kost. Während 'Endless Ways' noch mit einer tollen Leistung von Sängerin Lee die ansonsten recht unspektakuläre Instrumentierung aufwertet oder 'San Francisco', 'Can't Let Go' und 'Wildfires' wie unvollendetes Stückwerk mit Potenzial rüberkommen, kommen mit 'Close Your Eyes' und 'Back To The Start' zwei absolute Langweiler hinzu. Erstgenannter lädt mit deplatziertem Filme-Noire-Flair zum Gähnen ein und der Rausschmeißer dient als Reminiszenz an den längst verstorbenen Brit Pop.
Hoffen wir einmal, dass ANATHEMA nicht selbiges Schicksal erleidet. Die Die-Hard-Fraktion wird den Briten wohl auch "The Optimist" verzeihen (ich tue das gerade noch so mit Ach und Krach, jedoch werde ich den weiteren Werdegang der Fünf beziehungsweise Sechs mit mehr Sorgenfalten als je zuvor im Auge behalten). Die Frage stellt sich nur, welches Publikum man denn in Zukunft überhaupt bedienen möchte.
- Note:
- 6.50
- Redakteur:
- Haris Durakovic