ANGELA MARTYR - The November Harvest
Mehr über Angela Martyr
- Genre:
- Post Rock / Shoegaze
- ∅-Note:
- 5.50
- Label:
- Avantgarde Music
- Release:
- 19.12.2016
- Deviant
- Georgina
- Deathwish
- Serpent
- Negative Youth
- Carsleeper
- On The Edge Of The Next Time
- Imprinting
- Angela Martyr
Kellermusik.
Nach dem Ende seines Ein-Mann-Doom-Projektes VANESSA VAN BASTEN suchte sich der italienische Solokünstler Morgan Bellini ein neues Betätigungsfeld und hob praktisch im nahtlosen Übergang ANGELA MARTYR aus der Taufe. Von Bellinis früheren Doom-Interpretationen ist mir nichts bekannt (im Promoschreiben wird VANESSA VAN BASTEN großspurig als "Kultband" bezeichnet), ANGELA MARTYR hat mit bleiernen Todesstahlklängen aber ohnehin nur wenig zu tun. "The November Harvest" ist eine experimentelle Spielwiese aus Shoegaze und Post Rock, klingt soundtechnisch nach softer Industrial-Produktion und biedert sich mit den wenig eingängigen Strukturen auch an die progressive Hörerschaft an. Und, ja, doch, in dem geraunten Gesang klingt wohl auch ein wenig BLACK SABBATH an.
Diese Mixtur hört sich auf dem Blatt interessanter an als das klanggewordene Ergebnis. Träges Midtempo mit Hang zur Geschwindigkeitsunterschreitung zieht sich durch das gesamte Album - der beswingte Halftime-Groove von 'On The Edge Of The Next Time' schaltet zur Abwechslung sogar noch einen Gang zurück -, ein angezerrter, eintöniger akustischer Brei stellt das Soundgewand, und der monotone Gesang passt zwar gut zum säuselig-verklärten Schuhe starren, wirkt aber auch einschläfernder als eine Packung Lasea.
Der Einstieg fällt mit 'Deviant' noch ganz interessant aus, die ersten Gitarrenriffs klingen gar post-punkig, ehe der industrielle Schlagzeugsound einsetzt und das gruftige, Wave-artige Klanggewand aufgezogen wird. Die entrückte Stimmung vermag mich zu Beginn noch zu faszinieren, Bellinis näselige Stimme mit ihrem engen Klangspektrum nervt mich allerdings vom ersten Moment an – und da es bereits 'Deviant' innerhalb von vier Minuten nicht gelingt, irgendeine Form von Spannung zu erzeugen (auch nicht mit den wohl dramatisch gedachten Streichereinwürfen am Ende), lässt bereits der Opener ein zähes Hörerlebnis erahnen. Und diese Erwartung erfüllt sich weitgehend, auch wenn es letztlich nicht ganz so schlimm kommt, da die zehn Tracks sich im Detail durchaus angenehm unterschieden – sphärische Post-Rock-Sounds mit doomigen Riffs garniert bei 'Georgina', ein düsteres, richtig gutes Post-Punk-/Synthie-Industrial-Gebräu namens 'Negative Youth', das doomig-grungige 'Carsleeper' -, der distanzierte Einheitsklang ändert sich über die dreiviertelstündige Spieldauer jedoch kaum, und einige der trägen Kompositionen fallen schlicht und ergreifend zu lang aus. Ziemlich überdimensioniert auch der dreizehnminütige Abschlusstrack, der sich nach der schwermütigen ersten Hälfte in endlose Synthie-/Noise-Schleifen verliert.
Der experimentelle, schwer greifbare Ansatz von ANGELA MARTYR ist lobenswert, und bei genauer Betrachtung findet sich auf "The November Harvest" auch nichts, was vollständig in die Binsen geht. Letztlich betreibt Morgan Bellini mit seinem neuen Projekt hier gepflegte, düstere Langeweile, die sich gut in einem Dark-Wave-Schuppen zur Sperrstunde machen dürfte, wenn die ersten Sonnenstrahlen die benebelte Kundschaft aus ihrer Trance reißen. Bei ANGELA MARTYR geht ein Musiker unbeeindruckt seinen Weg und schert sich wenig um Konventionen. Das ist aller Achtung wert – "The November Harvest", das musikalische Ergebnis, reißt allerdings nicht vom Hocker.
Anspieltipps: Negative Youth
- Note:
- 5.50
- Redakteur:
- Timon Krause