ANTHEMON - Dystopia
Mehr über Anthemon
- Genre:
- Atmospheric Doom Metal
- Label:
- Manitou / Thundering / Twilight
- Release:
- 15.11.2004
- Above Us
- Foretell Omega
- Chatter Of The Tube
- Recall The Absence
- Tuned To A Dead Channel (instr.)
- La Chute De L'Architecte
- Manifold Of ...
- Serene Eves
Nachdem der französische Metal mit Ausnahme etlicher Klassiker aus den Achtzigern bisher eher weniger mein Metier war, liegt mir nun mit dem dritten Studioalbum von ANTHEMON mal wieder eine Scheibe aus unserem Nachbarland vor, die mir durchaus zusagt. Die Band aus Paris, deren Kern bereits seit 1997 aktiv ist, beschreibt ihren Stil als Atmospheric Metal, was die Sache im Prinzip sehr gut trifft. Allerdings dürfte es dem geneigten Leser schwer fallen, sich darunter etwas Konkretes vorzustellen.
Die Vergleiche zu NIGHTWISH, die noch beim Vorgängeralbum oft geäußert wurden, dürften ANTHEMON nun, nachdem Sängerin Nathalie Bonnaud durch Sänger Loïc Malassagne ersetzt worden ist, endgültig los sein. Davon abgesehen gehen ANTHEMON wesentlich weniger powermetallastig zu Werke als NIGHTWISH, das Grundgerüst der Musik ist viel eher im langsamen, schwermütigen aber stets atmosphärischen Doom Metal zu suchen, wobei auch durchaus Anleihen aus den Bereichen Gothic und Dark Wave vorhanden sind, die wiederum Farbtupfer in Form von black- und deathmetallastigen Vokalausbrüchen enthalten. Wie man sieht, es ist also schwer, ANTHEMON in die richtige Schublade zu packen. Als Vergleichsbands würden mir am ehesten TIAMAT, MOONSPELL oder auch neuere ORPHANED LAND einfallen. Es ist allerdings festzuhalten, dass weitestgehend der klare Gesang dominiert, welcher zumeist sehr traurig und melancholisch rüberkommt, so dass man sich bisweilen gar an NICK CAVE oder SISTERS OF MERCY erinnert fühlt (man höre hierzu 'Chatter Of The Tube' als Referenzstück).
Musikalisch haben die Jungs neben doomigen Riffs und schönen Harmonien auch sphärische Keyboards zu bieten, die bisweilen stark nach Progbands aus den Siebzigern oder auch nach Arjen Lucassens STAR ONE-Projekt klingen. Der Opener 'Above Us' reißt mit dynamischem, wie aus einem Guss fließendem Gothic Doom mit, stellt jedoch zum Glück keinen Prototyp des ANTHEMON-Songs dar, sondern nur eine von vielen Facetten. Der Gesang wechselt zwischen klarem Gesang und kurzen Growl-Passagen, nach einem Elektrobreak folgt eine Passage mit düsterem Sprechgesang, bevor Loïc zu Gesangslinien zurückkehrt, die durchaus auch zu Eric Clayton (SAVIOUR MACHINE) passen würden. Die gesangliche Vielseitigkeit von Loïc, der am Mikro bisweilen auch von Bassist und Gründungsmitglied Marc Canlers unterstützt wird, ist wirklich eindrucksvoll, was er auch in jedem einzelnen Lied unter Beweis stellt. 'Foretell Omega' kommt beispielsweise mit etwas normaleren, kraftvollen aber sich dennoch in tieferen Tonlagen bewegenden Heavy-Metal-Vocals und geheimnisvoll geflüsterten Passagen daher und scheut sich auch nicht, mal in einen Uptempo-Part auszuufern, der mit schwarzmetallischen Elementen versehen ist. 'Recall The Absence' geht von einem ruhigen, zarten Intro in einen wuchtigen Epik-Part über, um sich im weiteren Verlauf noch zu einem treibenden Düsterrocker zu entwickeln. Mit 'La Chute De L'Architecte' gibt es auch ein Stück, das Loïc in französischer Sprache singt, teils klar, teils in blackmetallastiger Manier. Zwar sind die Grundstimmung und die grobe stilistische Ausrichtung bei allen Stücken sehr ähnlich, dennoch gibt es auf "Dystopia" genügend Abwechslung, die verhindert, dass die Scheibe langweilig wird. Man muss sich allerdings die Mühe machen, diese diversen Einflüsse und Stilelemente im Detail zu suchen, denn erst bei genauerem Hinhören offenbaren sich alle Schattierungen und Nuancen dieses Albums.
Zuletzt war sich die Band auch der Tatsache bewusst, dass atmosphärisch-düsterer Metal mit Keyboards nur richtig gut wirkt, wenn auch eine entsprechende Produktion die Stimmung gekonnt in Szene setzt, weshalb man sich an einen finnischen Experten für Düstersound, nämlich an Ahti Kortelainen vom Tico Tico Studio gewandt hat. Das hat sich definitiv gelohnt, weshalb ich im Endeffekt allen Metalfans mit ausgeprägter Ader für vertonte Melancholie und traurig-schöne Romantik empfehlen möchte, mal reinzuhören. Auch Gothicfans, für die es mal etwas heavier und doomig sein darf, dürften bei ANTHEMON gut aufgehoben sein.
Anspieltipps: Foretell Omega, Chatter Of The Tube, La Chute De L'Architecte
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle