APOCALYPTICA - Amplified. A Decade Of Reinventing The Cello
Mehr über Apocalyptica
- Genre:
- Crossover
- Label:
- Vertigo / Universal Domestic Division
- Release:
- 26.05.2006
- Enter Sandman
- Harmageddon
- Nothing Else Matters
- Refuse / Resist
- Somewhere Around Nothing
- Betrayal
- Farewell
- Master Of Puppets
- Hall Of The Mountain King
- One
- Heat
- Cohkka
- Kaamos
- Deathzone
- Angel Of Death
- Repressed (feat. Max Cavalera & Matt Tuck)
- Path Vol. 2 (feat. Sandra Nasic)
- Bittersweet (feat. Ville Valo & Lauri Ylönen)
- Hope Vol. 2 (feat. Matze Sayer)
- En Vie (feat. Manu)
- Faraway Vol. 2 (feat. Linda Sundblad)
- Life Burns (feat. Lauri Ylönen)
- Seemann (feat. Nina Hagen)
Die Cellisten von APOCALYPTICA haben sich über Jahre hinweg ein immer größer werdendes Publikum erspielt. Was als studentisches Projekt begann, ist mittlerweile wohl eine der bekanntesten Alternative-Metal/Klassik-Rock-Crossover-Bands überhaupt. Dabei zeigte man sich von Album zu Album wandelbar und beschritt konsequent den Weg vom cellopuristischen Geheimtipp hin zur modernen Stadiontauglichkeit: Auf das gediegene Coveralbum "... Plays Metallica By Four Cellos" mit seinen klassisch umarrangierten, episch angelegten Werken folgte mit "Inquisition Symphony" das zwischen nervenaufreibender Aggressivität und herzerweichender Schönheit ebenso wie zwischen unterschiedlichsten Coverversionen und vielfältigsten Eigenkompositionen genial ausbalancierte Meisterstück der Finnen. Beim eher mystisch angelegten "Cult" gesellten sich dezente Schlagwerkklänge hinzu und ließen die (bis auf die zwei Bonuskracher 'Fight Fire With Fire' und 'Hall Of The Mountain King' sowie das zu den Wurzeln des ersten Albums zurückkehrende 'Until It Sleeps') nunmehr völlig selbst komponierten Stücke in neuem Licht erstrahlen. Einen weiteren Schritt in Richtung Massentauglichkeit ging das durch allerlei andere Instrumente (u.a. Schlagzeughalbgott Dave Lombardo) ergänzte "Reflections" mit seinen cineastisch angelegten Sounds; doch der große kommerzielle Durchbruch sollte der Band erst mit dem selbstbetitelten fünften Album gelingen, wo man mit bekannten Gastsängern wie Lauri Ylönen (THE RASMUS) für noch mehr Rockappeal sorgte. Fans der ersten Stunde mögen die musikalische Entwicklung APOCALYPTICAs spätestens seit "Reflections" mit einigem Fug und Recht als Verwässerung des ausgefallenen Grundkonzepts und Abdriften in die Beliebigkeit bedauern, doch geschadet hat es dem Status der Band im Kreise der Rockhörerschaft im weiteren Sinne wohl kaum.
Auch wenn die Promoabteilung sich damit begnügt, Rezensenten mit einer 8-Track-Auskopplung aus der karriereüberspannenden Doppel-CD-Compilation "Amplified. A Decade Of Reinventing The Cello" abzuspeisen und ausgerechnet die Neueinspielung von SLAYERS 'Angel Of Death' dabei außen vor zu lassen, so lässt sich dennoch sagen, dass mit 'Enter Sandman', 'Harmageddon', 'Nothing Else Matters', 'Refuse / Resist', 'One' & 'Kaamos' einige der gelungensten Arrangements/Kompositionen der frühen Alben vertreten sind, sowie mit 'Master Of Puppets' einer der live schweißtreibendsten Klassiker überhaupt (anscheinend leider in der Studioversion, wovon sich der Rezensent allerdings nicht persönlich überzeugen konnte). 'Hall Of The Mountain King' huldigt auf ebenso grandiose wie bombastische Weise dem klassischen Komponisten GRIEG, und NINA HAGENs Auftritt bei 'Seemann' gilt vielen Fans als der gelungenste Sangesauftritt auf den jüngeren APO-Alben. Dass die grandiose Eigenkomposition 'M.B.', das nicht minder geniale Arrangement der SEPULTURAnischen 'Inquisition Symphony' sowie die spannungsgeladenen Momente von FAITH NO MOREs 'From Out Of Nowhere' ebenso vorenthalten werden wie sämtliche der schwelgerisch perfekten METALLICA-Cover 'Welcome Home (Sanitarium)', 'Unforgiven' und 'Harvester Of Sorrow', oder auch der Überkracher 'Fight Fire With Fire' fehlt, mag man bedauern; doch scheinen die Verantwortlichen nun einmal eher darauf bedacht gewesen zu sein, eine Art Karrierequerschnitt zu bieten, als ein Best-of im eigentlichen Sinne zusammenzustellen – und für Einsteiger ist dieses Konzept sicherlich nicht das schlechteste: denn wenn ich gerade das spätere Schaffen der Band einerseits als durchwachsen bezeichne, so würde ich APOCALYPTICA Unrecht tun, wenn ich ihnen nicht im gleichen Atemzug eine große stilistische Bandbreite attestieren würde.
Inwieweit jüngere Stücke wie 'Heat', 'Cohkka' und 'Faraway Vol. 2' oder auch 'Betrayal' und 'Deathzone' den Mangel an Klassikern wettmachen können, möge dahingestellt bleiben, zu den Singleauskopplungen 'Bittersweet' und 'Path Vol. 2' sei mangels präsenter Hörgelegenheiten aber von dieser Stelle aus auf die Rezensionen meiner Kollegen hingewiesen. Bei den übrigen Tracks bietet sich das oben bereits erwähnte durchwachsene Bild: 'Somewhere Around Nothing' bietet den eingangs erwähnten Soundtrack-Rock mit industriell geprägtem Thrash-Drumming und Cellountermalung; ein bisschen unspektakulär, monoton und kitschnah, aber als Hintergrundbeschallung ganz gut hörbar. 'Repressed' mit Max Calavera (SOULFLY) und Matt Tuck (BULLET FOR MY VALENTINE) ist gesanglich, ähm … Geschmackssache, und verliert irgendwo zwischen gepresstem Cleangesang, wütendem Gebrüll, industriell angehauchtem Thrash Metal und brutalen Celloriffs den roten Faden. Dafür kann Matze Sayer von den FARMER BOYS bei 'Hope Vol. 2' zeigen, dass er den dramatischen Schmachtgesang besser als die meisten Konkurrenten beherrscht; das alles ist auch passend arrangiert, doch treten die Streicher darüber doch sehr in den Hintergrund. Bei 'En Vie' werden diese gar von Gitarren und wummernden Drums zugekleistert; dieser Song könnte genauso gut von irgendeiner anderen (Gothic-)Rockband stammen, und das Beste daran dürfte der Gesang von MANU sein, die eine wirklich schöne Stimme hat. 'Life Burns' bietet ähnlich gewöhnlichen (Ohrwurmrefrain-)Rock, der hier eher amphetamingetrieben daherkommt, doch leider unter der schwachen Stimme von Lauri Ylönen leidet; irgendwo im Hintergrund lassen sich hin und wieder auch Celli ausmachen, die eigentlich was zu bieten hätten, würden sie im breiigen Mix nicht völlig untergehen. Immerhin ist mit 'Farewell' noch eine eingängige, im Finale zwar leicht süßlich geratene, aber nichtsdestotrotz bestechend schön geratene, reine Cello-und-Drum-Komposition mit sehnsüchtelndem Soundtrackkaliber am Start.
Fazit: Als Querschnitt zum Kennenlernen bzw. als knappe, repräsentative Werkschau ist "Amplified. A Decade Of Reinventing The Cello" in seiner variantenreichen Durchschnittlichkeit sicherlich geeignet. Wer sich allerdings ernsthaft mit APOCALYPTICA auseinander setzen möchte, sollte sich doch besser die Zeit nehmen, sämtliche Alben geschlossen in Ruhe zu studieren; so findet man eher heraus, was dem eigenen Geschmack entspricht, verpasst weniger Perlen und muss sich zudem nicht mit Fillern herumschlagen.
Anspieltipps: Harmageddon, Refuse / Resist, Cohkka, Somewhere Around Nothing, Bittersweet, Farewell, Repressed
- Redakteur:
- Eike Schmitz