ARABS IN ASPIC - Madness And Magic
Mehr über Arabs In Aspic
- Genre:
- Progressive Rock
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Karisma Records
- Release:
- 12.06.2020
- I Vow To Thee, My Screen
- Lullaby For Modern Kids, Part 1
- Lullaby For Modern Kids, Part 2
- High-Tech Parent
- Madness And Magic
- Heaven In Your Eye
Brillanter, entspannter Fjord-Prog.
Die Band hat wirklich einen seltsamen Namen. Doch noch merkwürdiger ist die Tatsache, dass die Norweger bereits sieben Veröffentlichungen produziert haben und ich von ihnen bisher noch überhaupt nichts gehört habe. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn die Burschen wenigstens schlecht wären. Sind sie aber nicht, also bleibt die Frage, wie es die Progger geschafft haben, siebzehn Jahre lang unter unserem Radar durchzufliegen? Wir haben tatsächlich nicht eine einzige Besprechung einer der Platten auf der Seite!
Okay, das wird jetzt geändert und es ist mir ein reines Vergnügen, dies tun zu dürfen. Wir haben es nämlich im Fall von "Madness And Magic" mit gekonnt intoniertem, warmen Retro-Prog zu tun, der teilweise wie direkt aus den Siebzigern importiert zu sein scheint, der klingt wie GENESIS im Flowerpower-Gewand, aber ohne die überbordende Theatralik, eher mit KING CRIMSON'scher Verspieltheit und Keyboardwänden à la YES, dabei mit absoluter Wohlfühlgarantie.
Bereits und besonders der Opener 'I Vow To Thee, My Screen', der andeutet, dass es sich um ein Konzeptwerk über Technik und Digitalisierung handelt, lebt und atmet die große Zeit des Progressive Rock mit großen Gesten, Orgel und Drama und eben den erwähnten Klangähnlichkeiten an die großen GENESIS-Zeiten, die sich immer wieder aufdrängen. Positiv, wohlgemerkt. Dabei vergehen die acht Minuten des Stückes wie im Flug, was auch an dem tollen Sänger Jostein Smeby liegt, der die Lieder angenehm unaufgeregt und bemerkenswert wandelbar intoniert. Wie es sich für Prog gehört, dürfen die Lieder auch etwas länger sein, wobei über acht beziehungsweise über sechs Minuten in besagtem Genre schon fast Singlematerial darstellt.
Beim zweiten Lied erinnert mich die Gesangs- und Gitarrenmelodie an frühe BLACK SABBATH, was die Band auch später noch einmal schafft, auch wenn die verborgenen Ausbrüche im Hintergrund stattfinden. Spätestens jetzt hat sich "Madness And Magic" bereits als Wundertüte der gehobenen Art entpuppt und sorgt für Begeisterung. Dass mit 'Hi-Tech Parent' auch der Psychedelic Rock Einzug hält, wäre meiner Ansicht nach nicht zwingend nötig gewesen, aber mit dem folgenden Titellied ist man wieder auf Kurs und kann vor allem in der zweiten Songhälfte für wippende Füße sorgen.
Das Herzstück des Albums ist das über sechzehn Minuten lange 'Heaven In You Eye', eine Art modernes 'Supper's Ready', das besonders abwechslungsreich geraten ist und natürlich mehrere Durchgänge braucht, um vollends erfasst zu werden. So muss das sein im Prog, so macht man Stücke, für die es sich lohnt, auf akustische Entdeckungsreise zu gehen und in Prog, Rock, Jazz und orientalischen Melodien zu schwelgen.
Mit "Madness And Magic" haben die Skandinavier ein tolles Album produziert. Einzig zu kritisieren habe ich, dass der gute Sound auf Albumlänge zu gleichförmig wirkt und die Scheibe zwar fließen lässt, aber die kraftvollen Ausbrüche sich zu wenig durchzuboxen vermögen, was mir an dem Longtrack tatsächlich jedesmal ein Stirnrunzeln beschert. Ab Minute fünf hauen die Fünf mächtig auf den Putz, man klingt wieder deutlich nach BLACK SABBATH, aber es ist, als würden sie in eine Gummiwand hauen. Vielleicht hätte ein außenstehender Produzent hier noch etwas mehr aus der Aufnahme herauskitzeln können.
Mit ihrem sechsten Studioalbum, dazu kommt noch eine Live-Scheibe und eine ganz frühe EP, zelebriert ARABS IN ASPIC ohne Rücksicht auf irgendeinen Zeitgeist den guten, alten Progressive Rock voller Inbrunst. Dabei darf man ohne jegliche Ironie behaupten, dass dieses Album locker und einfach hübsch ist.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Frank Jaeger