ARISE - Timeless Aoens
Mehr über Arise
- Genre:
- Metalcore
- ∅-Note:
- 2.50
- Label:
- Eigenproduktion
- Release:
- 09.01.2009
- March Before Destiny
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- My Dead Divine
- Bygone Memories
- Wrench The Marrow
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- Once And For All
- Ad Aeterno
Metalcore mag im Laufe der Rockgeschichte in ferner Zukunft eine sonst wie geartete Zeitlosigkeit erreichen, "Timeless Aeons" von ARISE jedoch sicherlich nicht. Schade, denn in der Produktion steckt eine Menge Engagement und aufopferungsbereites Business-Herzblut.
Man sagt alle abendländische Philosophie sei nichts weiter als eine einzige ellenlange, kriegerisch-expansionistische Fußnote zu Platon bzw. Sokrates. Alle Fragen wurden von ihnen gestellt. Die gravitätisch-zentralistische Kernsubstanz aller Philosophie sei in diesem Zusammenhang schließlich im Grunde doch nichts weiter als sich über Dinge innerhalb der verschiedenen Realitätssphären zu wundern, sie zu erfragen bzw. zu hinterfragen. Das ist im Übrigen auch die Genealogie einer jedweden Wissenschaft, sind jene Wissenschaften doch nichts weiter als evolutionistische Folgeprodukte philosophischer Disziplinen und Randgebiete. In der Alternativkunstgalaxis Heavy Metal lassen sich ebenso solchartige genealogische Stammbäume und Entwicklungsabläufe nachzeichnen. Man springt von Welle zu Welle, von Genre zu Genre oder von Klischee zu Klischee – egal ob rockhistorisch, journalistisch oder fanistisch. Dieser Tatsachen sollte man sich auf alle Fälle bewusst sein, wenn man in den fragwürdigen Genuss eines höchst austauschbaren, vergeblich-fruchtlosen Substitutgutes mit dem Namen "Timeless Aoens" der Berliner Metalcore-Jünglinge von ARISE kommt.
Das Produkt als schlecht zu bezeichnen oder es gar in die Unterwelt der ewig Unverbesserlichen und Niemals-eines-Besseren-zu-Belehrenden zu verdammen, erscheint unsinnig, doch muss man ganz klar sagen: Wenn man diese Band sich ernsthaft über mehrere Durchläufe antut, erscheint nichts klarer, als die Feststellung, dass die Pioniere der New Wave Of American Heavy Metal bereits alles gesagt haben und nunmehr einfach alles imitierend boykottiert, feist-dreist kopiert und auf inhaltsleerem Massenabfertigungsniveau a là Aldi oder McDonalds in der schwermetallischen Krupp-Stahlindustrie aufgetafelt wird. Bei Kunst der ersten Bedeutungsdimension hätte das im griechisch-römischen Altertum noch einigermaßen funktioniert, in der Epoche der übersaturierten Crossover-Postmoderne ist solch eine leidenschaftslose Solidität, weicheierhafte Mutlosigkeit und resignierende Niedergeschlagenheit gepaart mit dem Wunsch nach ganz oben zu kommen, einfach nicht mehr tolerierbar, geschweige denn miteinander vereinbar. Egal wie solide, tight und von Verständnis zeugend "Timeless Aeons" nun tatsächlich im Endeffekt sein mag, so ändern diese Begebenheiten schlicht und ergreifend nichts an der schier überwältigenden Anbiederung an die Trendhaftigkeit des Metal-Modernismus und ans kalkulierte Computer-Komponistentum. Die Riffs sind ausgelutscht ohne Ende, der Gesang ist generalüberholungsbedürftig (völlig gleich ob hier eine junge mexikanische Angela-Gossow-Version sich die Stimmbänder kaputt macht), die Struktur strotzt nur so vor kassandrischen Vorhersehbarkeiten und Langeweileaufhängern, die null Esprit, null Dynamik und null Moshfaktor versprühen und die lyrischen Ergüsse sind eine einzige unterbewusst abgeleckte Wassereisvariante von amerikanischem Angepisstsein und skandinavischer Trübsalblaserei. Das gleiche lässt sich einschränkungslos für die gesamte Instrumentalbasis behaupten. Man scheint bemüht mit schwachartigen Käferflügelschwingungen den schiefen Turm von Pisa wieder gerade rücken zu wollen. Vergebens. Einfach nur jegliche Goethescher Dramatik entbehrte Danaidenarbeit.
Sicherlich hofft die junge Truppe auf den ganz großen Fang, auf ein Golden Goal in der Musikindustrie. Leider sind ARISE in der Summe nichts weiter als eine Langweilerband unter vielen – im übersättigten Gurkenglas voll von sich gegenseitig zerquetschenden Gitarren-Cornichons. Natürlich ist so etwas beklagenswert ohne Ende, hat die Band doch das Album selbst produziert, das Design eigenhändig entworfen und auch promotiontechnisch selbst alles in die Hand genommen. Das ist Gestalt, ja Materie gewordene Aufopferungsbereitschaft oder eben auch einfach kommerzkapitalistisches Kalkül, gewiss jedoch nicht Achillscher Ruhm- und Tatendrang.
- Note:
- 2.50
- Redakteur:
- Markus Sievers