ARMAGH - Exclamation Po!nt
Mehr über Armagh
- Genre:
- Epic Metal / Kauz Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Dying Victims Productions
- Release:
- 15.03.2024
- Rough Edges
- Masters Of Time
- Aftermath
- Between The Sides
- The Portal
- Rapid Str!de
- This !s New A
- Enough For Now
Alarmstufe Kauz! Es regiert wilder, obskurer und handgemachter Proto Epic Heavy Metal.
Ich war doch mehr als ein bisschen erstaunt darüber, als ich mich in Vorbereitung auf dieses Review ein wenig durch den Backkatalog lauschen wollte und mir beim 2019 erschienenen Debütalbum "Cold Wrath Of Mother Earth" rabiat polternder (aber ziemlich geil dargebotener) Black/Speed-Metal durch die Hirnrinde gepustet wurde. Hatte ich mich etwas verlesen? Mitnichten, mit meinen Augen war soweit alles in Ordnung. Leicht angeschwärzter Heavy Metal war es, um das es hier bei dem vorliegenden Album "Exclamation Po!nt" grundmusikalisch eigentlich gehen sollte. Offensichtlich hat die polnische, 2012 in Warschau gegründete und beheimatete Band um Sänger/Gitarrist und Mastermind Kuba Galiński aka Galin Soulripper aber irgendwann zwischen besagtem Erstlingswerk und dem 2022 folgenden "Serpent Storm", Platten gewisser Bands für sich entdeckt oder vielleicht einfach in den eigenen Tonträgersammlungen wieder-entdeckt. Man weiß es nicht genau. Jene besagten Bands hören aber wohl unter anderen auf illustre Namen wie ANGEL WITCH, HAWKWIND, OMEN, aber auch BATHORY und THIN LIZZY. Und damit ist dann genau genommen eigentlich schon genug darüber gesagt, wie es denn zu der vollzogenen Richtungsänderung musikalischer Natur auf Album Nummer zwei kommen konnte, welches bereits mit allerfeinstem klassischem Heavy Metal und einer gehörigen Prise Kauz-Gewürz und 70ies-Vibes überzeugen konnte.
Mir soll es aber sehr recht sein, denn auch auf Album Nummer drei verfolgt der Soulripper mit nun komplett neuer Besetzung den eingeschlagenen Weg glücklicherweise konsequent weiter, allerdings wird hier im Vergleich zum starken Vorgänger nochmals eine gehörige Schippe draufgekauzt. Kleiner Exkurs: Was macht den sogenannten Kauz Metal eigentlich zum Kauz Metal? Ist es das diffuse Gefühl, dass Gitarre und Bass nicht so ganz ordnungsgemäß durchgestimmt und Snares, Becken und Hi-Hats nicht umfassend fachgerecht verschraubt worden zu sein scheinen, bevor man im Studio auf den Aufnahmeknopf gedrückt hat? Ist es das latente Empfinden, dass der Sänger immer so grandios knapp am Ton vorbeisegelt, verbunden mit der Gewissheit, dass es kurioserweise verdammt mies klingen würde, wenn das alles nicht der Fall wäre und im Gegenzug handwerklich perfekt über die Bühne gehen würde? Wenn alledem tatsächlich so ist, dann haben wir es hier mit einem wahren Meisterwerk des Kauz Metals zu tun, soviel sei an dieser Stelle schon einmal vorausgeschickt.
Eröffnet wird "Exclamation Po!nt" mit dem kraft- und energievollen 'Rough Edges', und der Name ist hier wahrhaftig Programm, hat der Song doch tatsächlich Ecken und Kanten in Form von sich solierend abwechselnden Twin Guitars, treibenden Drums und (ja, da ist das Wort wieder) phänomenal kauzigen Vocals, die sich hier (wie auch im weiteren Verlauf des Albums) gelegentlich und kurzzeitig auch mal in überschaubaren High-Pitched-Regionen aufhalten. Was für ein brillanter Einstieg! Damit aber nicht genug, folgt doch mit dem bereits als Vorabsingle veröffentlichten 'Masters Of Time' bereits das absolute Album-Highlight. Was ist denn das bitte schön für ein Übersong, der darüber hinaus auch noch brutal starken Hit- und Hymnencharakter besitzt? Diese hypnotisch anmutenden Basslinien. Diese Hooks. Diese Tempowechsel. Diese epischen Breaks. Was hier in gut sieben Minuten alles in den Song gepackt wird, ist einfach nicht von dieser Welt. Mit dem gemächlicheren 'Aftermath' erwartet uns dann zur Abwechslung eine wunderbar lässige und verspielte Heavy-Rock-Nummer, herrlich angedoomt im Stil von WITCHFINDER GENERAL. Die Verschnaufpause währt allerdings nicht allzu lange, wird mit 'Between The Sides' nun doch an die Frühphase der Band erinnert, will heißen: Die Gitarren schreddern kompromisslos blackspeed-lastig drauflos und Drummer Albert Pietrzak aka Al Atom Smasher packt einfach mal humorlos die Blastbeat-Keule aus. Ich weiß nicht genau warum, aber ich muss hier auf einmal unweigerlich an die genialen HEXENBRETT denken. Mit dem leger vor sich hin groovenden 'The Portal' hat sich doch nun tatsächlich ein, wenngleich auch nur minimal schwächerer Song auf die Platte geschlichen. Ist aber selbstverständlich Jammern auf extremst hohem Niveau, da mit 'Rapid Str!de' postwendend eine zweite kleine Huldigung an alte Blackspeed-Tage folgt. Rasend und mit zackigen Stakkato-Gitarrenriffs startend, verwandelt sich das kleine Song-Kleinod im weiteren Verlauf in ein mystisches Worshipping an amerikanischen Epic Metal. MANILLA ROAD, CIRITH UNGOL, ick hör euch trapsen. 'This !s New A' zeigt, dass die Jungs auch über Kauz- und Epic-Level hinaus noch bedeutend mehr können, wartet der Song doch mit irrwitzigen Breaks auf und mündet dabei in Passagen, in denen man das Gefühl hat, die Band befände sich grade locker-flockig im Proberaum und improvisiere einfach mal munter drauflos. Ist das schön. Das rasant-rumpelige 'Enough For Now' beendet schließlich 40 extremst kurzweilige Albumminuten. Genug fürs Erste? Definitiv noch nicht, denn der Finger gleitet wie von Geisterhand geführt bereits wieder Richtung Repeat-Button.
Legt man einmal die gute alten "Make It Or Break It"-Regel zugrunde, die der jeweils dritten Platte einer Band innewohnt, so haben wir es hier eindeutig mit einem Vertreter der Make-It-Kategorie zu tun. Allerfeinster rau-polternder, dabei aber immer melodisch treibender Proto-Epic Heavy Metal wird uns hier auf knapp 40 Minuten geboten, in denen ohne Rücksicht auf Verluste sowohl an allen instrumentalen Fronten als auch am Mikrofonständer konsequent von Anfang bis Ende durchgekauzt wird, als gäbe es kein Morgen. Aus produktionstechnischem Blickwinkel ist das hier nun zwar nicht wirklich Champions League, die Ab- und Ausmischung der einzelnen Instrumente ist alles andere als glasklar zu bezeichnen. Aber wir haben es hier eben mit einem lupenreinen Kauz-Metal-Album zu tun, und da hat eine vermeintlich "gute und moderne" Produktion einfach mal nichts drauf verloren, Punkt! Das Sound- und Klangbild wirkt und ist auch in letzter Konsequenz durch die Bank handgemacht, pur und kommt ohne doppelten Boden daher. Und genau darauf kommt es doch an! Das Cover-Artwork ist nun leider aber wirklich ganz großer Bockmist deluxe par excellence und einer solch geilen Mucke nicht im Ansatz würdig. Jede drittklassige Freeware-KI-App hätte da mit wenigen Stichworten ein zigfach besseres Endergebnis ausgespuckt. Wer weiß, was uns der Künstler (oder die KI?) mit diesem Augenkrebs verursachenden grellen Farben-Wirrwarr wirklich sagen wollte. Aber gut, immer noch besser so als allerepischstes Kauz-Cover-Artwork in Verbund mit miesem musikalischen Inhalt, oder? Unterm Strich allerdings kann das alles nichts an der Tatsache ändern, dass uns hier ein Album voller Dynamik und granatengeiler Riffs um die Ohren gehauen wird, welches es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in meine Jahresliste schaffen wird und darüber hinaus auch den ultimativen Test der Zeit überstehen dürfte, da lehne ich mich bereits zum jetzigen Zeitpunkt mal weit aus dem Fenster. Hammer Album. Dickes Ausrufezeichen!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Stephan Lenze