ATLAS BIRD - Atlas Bird
Mehr über Atlas Bird
- Genre:
- Post Rock / Indie
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Kick The Flame
- Release:
- 14.10.2022
- Francis International
- Onyx
- My Very Own Blood
- All The Cities I Know
- Kiss Away
- Fine Line
- Moonchild
- Lovers & Leavers
- Mine
- The Station
Fast zu schön, um wahr zu sein!
Womöglich hat man bei ATLAS BIRD aus der Not einfach eine Tugend gemacht: Die Leipziger Formation ist nach ihrer Debüt-EP "Escapia" vom Trio zum Duo geschrumpft und besteht nunmehr noch aus Sänger und Gitarrist Martin Schröder-Zabel und Rhythmusgeber Axel Kunz. Passend zu der neuen Besetzung richtet die Band auf dem selbstbetitelten Langspielererstling auch ihren Sound neu aus: Statt großer Post-Rock-Hymnen mit melodramatischem Einschlag und stadiontauglichem Pop-Appeal servieren uns unsere Landsleute nun zehn intimere, reduziertere Tracks, die noch stärker von Schröder-Zabels Stimme leben, noch fragiler und persönlicher ausfallen und gleichzeitig direkt in Bauch und Herz der Hörerschaft treffen.
Und trotzdem stehen in der ersten Hälfte von "Atlas Bird" einige veritable Hits – Songs, die geradezu groß ausfallen, ohne sich mit Bombast und Kitsch aufzudrängen. Wie sich 'Francis International' zu Beginn aus schlichten Gitarrenechos und der klagend-fragenden Gesangsstimme herausschält, aufbaut und schließlich mitreißend davonfliegt. Wie 'ONYX' mit leichten Dissonanzen spielt, mit der reduzierten Rhythmusfraktion aufkratzt, sucht, irrt, ziellos schweift und dann doch wieder einen Ohrwurmrefrain auffährt, ohne auf belanglos-ausgeleierte Melodien zurückzugreifen. Wie 'Kiss Away' auf ganz heitere, leichte, sehnsuchtsvolle Weise anrührt, zum Träumen verleitet und stille Tränen hervorruft. In diesen Momenten ist die Band ganz bei sich und gleichzeitig ganz oben. Pop ohne Trivialität, Indie ohne Extravaganz, Post Rock ohne Fatalität. Hier treffen die großen Klänge von MUSE und INTERPOL auf Singer-Songwriter-Bescheidenheit Marke FLORIAN OSTERTAG.
In der zweiten Albumhälfte wird das Duo experimenteller; hier kommen auch Synthie-Sounds und dezente Wave-Elemente zum Einsatz. Oder man fährt, wie bei 'Moonchild', alles runter, liefert ungefilterte Proberaumatmosphäre oder reduziert sich mit dem Abschlusstrack 'The Station' auf introvertierte Gesangslinien über schlichten Pianoklängen. ATLAS BIRD lässt sich also nicht auf "Ohrwurmlieferant mit Anspruch" reduzieren; dafür agiert man zu verschickt, zu gedankenverloren, auch eine Spur zu avantgardistisch.
Überraschend anders, unerwartet und unangepasst genug, das Debütalbum von ATLAS BIRD. Man will sich offenbar nicht ganz festlegen, will offenbleiben für weitere Überraschungen, und das ist gut so. Nur ist der Kontrast zwischen der ersten und der zweiten Albumhälfte etwas zu stark ausgefallen, weswegen ich oft bei den eingängigen ersten fünf Nummern hängen bleibe. Ach, und auch die leicht verzerrten Gesangseffekte bräuchte die Truppe nicht – da wird Schröder-Zabels Stimme gelegentlich die vibrierende Dramatik genommen. Nichtsdestotrotz: Tolles Debüt einer spannenden Formation!
Anspieltipps: Francis International, ONYX, Kiss Away
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Timon Krause