ATLAS BIRD - Escapia
Mehr über Atlas Bird
- Genre:
- Post Rock / Indie Pop
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Kick The Flame
- Release:
- 08.12.2017
- Halos
- Mona Of Light
- Voyage
- Loyal Spark
- Isolate
- Voyage (Lehnberg Remix)
Das nächste große Ding in Sachen Post Rock/Pop?
Nein, "Escapia" klärt sie nicht abschließend, die Frage, ob ATLAS BIRD zur großen Neuheit avanciert, was tiefgründigen, düsteren Pop Rock mit 80s-Einschlag und einem Hauch Dark Wave angeht. Nach der Veröffentlichung der beiden großartigen Singles 'Voyage' und 'Isolate' liefert die Debüt-EP der Leipziger drei weitere Songs, die in die selbe dramaturgische Kerbe schlagen, den Spannungsbogen, der immer wieder mit viel Sorgfalt aufgespannt wird, aber noch nicht endgültig abschließen.
Wer die Vorab-Singles bisher verpasst hatte, dem sei gesagt: Bei ATLAS BIRD handelt es sich mitnichten um eine weitere Retro-Kapelle, die versucht, sich mit warmen MUSE-Sounds und U2-Stadionvariationen ins Radio zu spielen. Hymnische Refrains stehen im Vordergrund, so eingängig, dass man hier durchaus Kalkül vermuten könnte, doch die süßliche Epik der fünf Nummern ist letztlich nur der Vorhang vor einem großen Drama, das die drei Musiker von ATLAS BIRD auf leicht zugängliche Weise inszenieren, ohne dabei menschliche Tiefe und Tragik dem Kommerz zu opfern. Martin Schröder-Zabels dramatisch-vibrierende Stimme, die flirrend hallenden Gitarrensounds, die epischen Melodiebögen pinseln immer wieder ganze Panoramen an Melancholie und introvertierter, verschüchterter Aufbruchsstimmung in den weiten Raum, den ATLAS BIRD durchstreift. Klar und zugleich druckvoll produziert, hebt sich "Escapia" auch soundtechnisch von den naheliegenden Vorbildern ab, während die fünf Stücke neben ihrer Eingängigkeit auch ein gewisses charismatisches Selbstverständnis aufweisen – ständig schwingt eine Größe und Souveränität mit, die ATLAS BIRD aus dem Stand weg an die Spitze einer Garde an ernsthaften Rockbands mit Pop-Appeal stellen will.
Vor allem ist es aber natürlich die Musik selbst, die Bände spricht. Und eine Einschränkung muss bei allem Lob ausgesprochen werden: Vier Songs gelingt es trotz aller Souveränität nicht, dem als Ear-Opener veröffentlichten Übersong 'Voyage' das Wasser zu reichen. Diese fantastische Gratwanderung zwischen intimer Zerbrechlichkeit und ergreifender, entschlossener Selbstoffenbarung sucht auch auf "Escapia" ihresgleichen. Hier stimmt einfach alles; dieses Stück wäre, von einer bereits global erfolgreichen Kapelle veröffentlicht, weltweit an die Chartspitzen gestürmt. 'Halos', 'Mona Of Light' und 'Loyal Spark' bilden das Meer aus Emotionen, über dem sich 'Voyage' erheben darf. Mithalten kann da nur das mitreißende 'Isolate' – und ausgerechnet diese beiden Stücke wurden bereits vorab veröffentlicht! Die drei übrigen Kompositionen sind aber stark genug, ergänzen das Mosaik um passende Facetten und verhindern, dass ATLAS BIRD allein auf ein potentielles One-Hit-Wonder reduziert werden könnte.
Letztlich bleibt "Escapia" die Antwort schuldig, ob der dramaturgische Spannungsbogen der ATLAS BIRD-Hymnen auch über Langspieldistanz aufrecht gehalten werden kann, ohne dass der Ermüdungseffekt anderer Pop-Hit-Sammlungen eintreten würde. Im Prinzip war auch schon nach den ersten beiden Singles klar, dass die Sachsen qualitativ aus dem Stand weg großes Theater würden liefern können, weswegen ihr Debüt-Werk tatsächlich keine Überraschung darstellt. Entrückter Indie Post Rock mit Pop-Hymnencharakter auf Topniveau – das ist ATLAS BIRD. "Escapia" liefert da keine echten neuen Erkenntnisse und macht im Prinzip nur noch ungeduldiger und hungriger auf die erste echte Vollbedienung!
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Timon Krause