AYREON - The Dream Sequencer
Mehr über Ayreon
- Genre:
- Progressive Rock
- Label:
- Transmission Records
- Release:
- 08.08.2000
- The Dream Sequencer
- My House On Mars
- 2084
- One Small Step
- The Shooting Company Of Captain Frans B. Coco
- Dragon On The Sea
- Temple Of The Cat
- Carried By The Wind
- And The Druids Turn To Stone
- The First Man On Earth
- The Dream Sequencer Surprise
Es ist eine wunderschöne Geschichte, die des Ausnahmegitarristen Arjen Anthony Lucassen. Ehemals Rhythmusriffer bei den Hardrock-Göttern VENGEANCE, war der Songwriter kurzfristig sogar als temporärer Ersatz von ACCEPTs zweitem Gitarristen Fischer im Gespräch. Man muss ja eigentlich Gott Dank sagen, dass diese Vereinigung nicht zu Stande gekommen ist. Nicht dass Arjen nicht gut in die deutsche Metalschmiede rund um Herr Dirkschneider gepasst hätte. Es wären aber solch Fabelwerke wie "Into The Electric Circus" (1998) oder "The Universal Migrator" (2000) nie auf die Menschheit losgelassen worden. Jeder Fachmann und Nicht-Fachmann dieses runden Balls, auf dem wir atmen, ist sich der atemberaubenden Arrangement- und Songwritingfähigkeiten des Herrn Lucassen bewusst. Und immer wieder schafft es der symphatische Hühne in relativ kurzen Zeitabständen, seine Fans auf diesem hohen Level zu beglücken. AYREON ist dabei, ebenso wie sein Zweitprojekt STAR ONE, ein absoluter Qualitätsgarant. Mit tonnenweise Gaststars im Gepäck, frönt er in seiner Musik der Siebzigerjahre mit ihren fetten Analog-Orgelsounds und leicht BEATLES-lastigen Gesängen. Das Ergebnis ist jederzeit spektakulär und imposant.
Im Jahre 2000 kam Herrn Lucassen die Idee, ein lyrisches Konzept in zwei verschiedenen musikalischen Teilen einzuspielen und zeitgleich zu veröffentlichen. "Flight Of The Migrator" stellt dabei die Reise in proggige und metallische Welten dar, die mit heftigen Grooves um die Ecke preschen. Das hier rezensierte "The Dream Sequencer" ist der ruhige Teil der wie immer in der Science-Fiction angesiedelten Story.
Die atmosphärische Dichte, die melodischen Teppiche und das majestätische Gesamtergebnis, ist meiner Meinung nach von keiner Band dieser Welt, inklusive Lucassen selbst, seither reproduziert worden. Und warum nicht? Weil man Meisterwerke, bei denen beim Abspielen 124 Liter Herzblut aus den Boxen quellen, pro Dekade höchstens einmal komponiert. Kopieren kann man solch ein Opus sowieso nicht. "The Dream Sequencer" steht auf einer Stufe mit PINK FLOYDs "The Wall" und hätte dessen Erfolgheitsgrad in jedem musikalisch zelebrierten Sekundenbruchteil verdient. Beginnen wir am Anfang...
Der Opener und zugleich Titelthema 'The Dream Sequencer', ist fünf Minuten astrein komponierter und arrangierter, instrumentaler Sphärenrock, der zum Träumen animiert. Mit dem folgenden 'My House On Mars' schickt uns Meister Lucassen auf eine unvergleichlich intensive Achterbahnfahrt der Gefühle. Von düster und bedrohlich über herzzerreißend bis fröhlich, ist in diesem Lied alles vereint, was die Sinne weckt. Gesanglich veredelt mit den wunderschönen Vibes von TIAMATs Johan Edlund, weht mir dieses musikalische Kleinod eine Gänsehaut nach der anderen auf den metallischen Pelz.
'2084' ist nicht minder effektiv, geht aber nicht ganz so tief unter die Haut wie sein Vorgänger. Das folgende 'One Small Step' beherrscht die Kunst der Intensität wieder zu jeder Sekunde. Göttermelodie an Göttermelodie, Stimmen, die die Seele streicheln und Hooks, die nicht tiefer hacken könnten. 'The Shooting Company Of Captain Frans B. Coco' ist ein ruhiger, aber musikalisch extrem dichter Ohrenschmeichler, der seine Spannung hauptsächlich aus den genialen Analogsynthiesounds zieht. Derart voluminös ist die Nummer ein wahrhaft globales Klangerlebnis. Das von der femalen Wunderstimme Lana Lane eingesungene 'Dragon On The Sea' trägt einen förmlich auf Keyboardteppichen durch den heimischen Klangtempel. Ebenso warm und wohl fühlt man sich beim konsumieren von 'Temple Of The Cat', das mit seinen leicht orientalisch klingenden Melodien die Abwechslungsschraube ordentlich nach rechts dreht.
Das von Mastermind Arjen himself gesungene 'Carried By The Wind' lässt das Herz in Sekunden schmelzen. Dabei wird jedes Kitschriff ohne Probleme umschifft. Völlig unschmalzig hat sich die Nummer für immer in meinen Hirnwindungen festgesetzt. Ebenso mein abslouter AYREON-Favorit 'And The Druids Turn To Stone', das atmosphärisch nicht mehr zu überbieten ist. Der von Damien Wilson intonierte Song verschlägt einem schlicht den Atem. Mehr kann ich dazu nicht sagen.
Das abschließende 'The First Man On Earth' ist Neal Morses Beitrag zu diesem Masterpeace der progressiven Rockmusik. Anfangs leicht gewöhnungsbedürftig, offenbart der Song nach ein paar Durchgängen eine Wirkung, die regelrecht süchtig macht. Melodic Rock in Vollendung in Verbindung mit einem der fähigsten Sänger des gesamten Rockbereichs. Versteht ihr, was ich sagen will?
Als zusätzliches Leckerli gibt es mit 'The Dream Sequencer Reprise' noch die finale Aufarbeitung des Basisthemas, das unspektakulär aus diesem Opus entlässt.
Eingebunden in ein lyrisch wunderschönes Konzept, entlädt sich auf den geneigten Zuhörer über eine Stunde progressive Rockmusik auf allerhöchstem Niveau. Welcher Release auch immer: Einen Longplayer von Arjen Anthony Lucassen nicht zu kennen, bedeutet für jeden Rockfan eine Bildungslücke im Breitwandformat. Würde ich einen einzelnen AYREON-Output empfehlen müssen, wäre es "The Dream Sequencer", da die CD am tiefsten unter die Haut geht und es schafft, mich tief zu berühren. Für alle, die an intensiver Musik interessiert sind, ist diese Scheibe absolut essenziell. Also bitte, ein Meisterwerk kann man nicht täglich kaufen. Heute jedoch könnte ein solcher Tag sein.
Anspieltipps: My House On Mars, One Small Step, Carried By The Wind, And The Druids Turn To Stone, The First Man On Earth
- Redakteur:
- Alex Straka